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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie uns.«
    Pick sah verängstigt drein. »In Qu'arus' Haus sind wir auch viele.«
    »Du hast mich belogen.«
    »Ich ... ich habe Euch nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ich hatte Angst, allein zurückkehren zu müssen.« Er senkte die Stimme. »Bitte, seid mir nicht böse, Freund.«
    Barrick starrte den Mann verblüfft an. Er wollte auf diese erbärmliche Kreatur losgehen, machte sich dann aber klar, dass es viel schlimmer hätte kommen können: Immerhin war er im vielleicht einzigen Haus in Schlaf gelandet, das er betreten konnte, ohne umgebracht zu werden.
    Eine der Gestalten an der Wand regte sich. »Wer ist das da bei dir, Beck?«
    Barrick zog eine Augenbraue hoch. »Beck? Dann hast du mir also nicht einmal deinen richtigen Namen gesagt?«
    »›Pick‹ spricht es mein Herr aus — so nennt er mich. Ich habe nicht gelogen.«
    »Wen hast du da mitgebracht?«, fragte der Mann in der Ecke wieder. »Kommt her, damit wir euch sehen können.«
    Der Mann, der offenbar Beck hieß, ging zu den anderen hinüber. Während er mit dem Mann in der Ecke flüsterte, folgte ihm Barrick kopfschüttelnd. Die anderen Sonnländer saßen auf losem Stroh, das sie zu einer Art Nest aufgehäuft hatten. Bis auf den, der mit Beck sprach, sahen alle aus, als schliefen sie halb: leerer Blick und schlaffe Gesichtszüge. Ein paar schauten Barrick ohne größeres Interesse an, als er sich ihnen näherte, doch die übrigen blickten nicht einmal auf.
    »Ah, ich sehe, das Wasser fließt jetzt dünner«, sagte der Mann neben Beck. Unter buschigen Brauen hervor musterte er Barrick von Kopf bis Fuß. »Und die Vögel fliegen weiter.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Barrick unwirsch und ließ sich im Stroh nieder. Der Mann hatte einen langen, strähnigen, grauen Bart, und die Falten in seinem Gesicht sahen aus wie mit einem Messer in weiches Holz gekerbt.
    »Dass die Götter alles sehen.« Der alte Mann nickte energisch. »Alles, was sie sehen, wird sein.«
    »Finley war einmal Priester«, sagte Beck. »Er weiß viele Dinge.«
    »Ich weiß zu viel«, sagte Finley. Kein Wunder, dass Beck gelogen hatte, um Barrick mit hierherzulocken — die Gesellschaft dieses alten Irren war mit der Zeit gewiss nicht die befriedigendste. Er betrachtete die anderen Diener — oder Sklaven, um das Kind beim Namen zu nennen — und fand in ihren stierenden Augen nicht gerade ein Übermaß an Intelligenz. Wenn sie tatsächlich wie Vieh gezüchtet worden waren, hatte der Züchter ganze Arbeit geleistet. Sie wirkten so dumpf-ergeben wie ein Stall voller Milchkühe.
    »Wo ist Marwin?«, fragte Beck.
    Finley schüttelte den Kopf »Krüge und Tontöpfe aus dem Keller hochtragen. Den ganzen Tag hat die Herrin geweint, aber nur ich konnte es hören. Und jetzt bereiten sie das Trauermahl vor. Um die Seele unseres Herrn auf Tränen und Rauch hinüberzuschicken.« Er fixierte Barrick mit seinen abnorm glänzenden Augen. »Du bist schlafend ins Dazwischen gereist. Er wird schlaflos ins Drüben reisen.«
    Barrick ließ den Kopf an die Wand sinken und schloss die Augen. Er wollte weiter nichts, als sich auszuruhen, vielleicht ein paar Stunden zu schlafen, um dann diesen Stall voller Irrer hinter sich zu lassen. Nichts hier würde ihm helfen — ganz gewiss nicht Beck oder dieser verrückte Alte namens Finley.
    Er kam mühsam aus dem Dunkel empor, als er eine Berührung im Gesicht spürte. Seine Hand — die einst verkrüppelte Hand — schoss hin und packte zu. Jemand — Beck, erkannte er, es war Beck — wimmerte vor Schmerz.
    »Bitte ... tut mir nichts.«
    »Warum hast du mich berührt?«
    »Ich — ich kenne Euch.«
    Barricks Augen öffneten sich weit. Beck kauerte vor ihm im Stroh. Der alte Finley war eingeschlafen. »Was redest du da? Natürlich kennst du mich — ich bin ja mit dir hierhergekommen.«
    »Ich kenne Euch ... von vorher. Wie heißt Ihr?«
    Er verengte die Augen. »Warum sollte ich dir das sagen?«
    »Ich kenne Euch? Ich habe Euch schon einmal gesehen. Ich ... ich glaube, wir sind uns begegnet. Im ... im
Vorher ...«
    Er merkte, dass seine Hand immer noch Becks Finger quetschte, so fest, dass der Mann vor Schmerz das Gesicht verzog. Er ließ ihn los. »Im Vorher? Du meinst, bevor du hierher kamst?« Möglich war es wohl schon. Er war ja in der Welt auf der anderen Seite der Schattengrenze nicht gerade unbekannt gewesen. Und was konnte jetzt schon dabei sein, es einzugestehen? »Mein Name ist Barrick. Barrick Eddon. Glaubst du immer noch, dass du mich

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