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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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bedenken.
    »Oh, gewiss, gewiss. Aber es gelangen noch Schiffe hin — andere Briefe sind durchgekommen. Von einem anderen alten Freund dort, Okros Dioketian, habe ich erst vor einem Monat gehört.«
    Briony erinnerte sich vage an Okros — ein Kollege von Chaven, der ihren Bruder während seines Fiebers behandelt hatte. »Es tut mir leid, dass ich Euch nicht weiterhelfen kann.«
    »Und mir tut es leid, dass ich Euch damit belästigt habe, Hoheit. Ich hoffe, Chaven ist wohlauf, aber ich mache mir Sorgen um ihn. Er war immer überaus verlässlich; wenn ich eine Antwort von ihm brauchte, schrieb er mir prompt.«
    Als Briony schließlich in ihre Gemächer zurückkehrte, war sie voller Wut wegen ihrer Situation hier am Hof und wild entschlossen, etwas zu unternehmen. Sie stürmte so jäh zu Feival hinein, dass dieser einen kleinen Schrei ausstieß und den Brief, den er gerade las, zu Boden fallen ließ. »Ich will Finn«, verkündete sie.
    Feival raffte die Blätter zusammen. »Was wollt Ihr von ihm? Bei Zosims Feuer, habt Ihr mich erschreckt.«
    »Lass ihn sofort holen. Ich will mit ihm sprechen.« Sie starrte grimmig auf den Brief »Was ist das? Noch so ein Bewunderer von mir? Oder vielleicht eine Todesdrohung?«
    »Nichts, womit Ihr Euch langweilen wollen würdet, Hoheit.« Er steckte die Blätter in seinen Ärmel und stand auf. Er trug ein wunderschönes grünes Seidenwams mit golden unterlegten Schlitzen — jeder Zoll der junge tessische Edelmann. »Ich hole ihn selbst. Habt Ihr schon gegessen? Unter der Schüssel dort ist noch etwas Huhn und gutes, braunes Brot. Es könnten auch noch ein paar Trauben übrig sein ...«
    Doch Briony ging bereits ungeduldig im Zimmer auf und ab und hörte nicht mehr zu.

    »Glaubt jeder in dieser verfluchten Stadt, dass ich es auf den Prinzen abgesehen habe?«, fragte sie ärgerlich.
    Finn sah Feival an. »Was hast du ihr gesagt?«
    »Nichts! Sie kam schon mit dieser Laune hierher.«
    »Seid so freundlich und redet mit mir, nicht miteinander.« Aber sie hörte doch auf, im Raum auf und ab zu wandern, setzte sich in ihren Sessel und sah Finn an, der nervös auf dem kleinen Bänkchen balancierte, das normalerweise zierlichen Jungfern als Sitzgelegenheit diente. »Was denken die Leute?«
    »Über Euch, Hoheit? Ehrlich gesagt, Ihr seid nicht gerade
das
Gesprächsthema der Grundlinge von Tessis, jedenfalls nicht in den Straßen der Gegend, in der Ihr uns freundlicherweise untergebracht habt. Über Südmark wird natürlich viel geredet, aber da geht es um die Belagerung und die Anwesenheit der Zwielichtler. Die jüngste Nachricht ist, dass die Zwielichtler jetzt endlich Ernst machen — dass sie die Mauern zu erstürmen versuchen — mögen die Götter Südmark schützen?«
    »Mögen sie unsere Gebete erhören, ja.« Briony schlug das Zeichen der Drei. »Aber das besagte die Botschaft der Funderlinge auch — dass die Qar sich nicht mehr damit begnügen, stillzuhalten und abzuwarten.« Hoffnung stieg in ihr auf — wenn die Botschaft in diesem Punkt zutreffend gewesen war, vielleicht war Barrick dann ja wirklich zurückgekehrt?
    Finn nickte. »Aber Idioten gibt es immer. Einige Leute in Syan glauben immer noch nicht, dass die Zwielichtler wieder da sind; sie tun den gesamten Krieg als übertriebenes Gerücht ab.«
    Briony machte ein finsteres Gesicht. »Ich wollte, sie könnten sehen, was ich am Winterfestabend — meinem letzten Abend in Südmark — gesehen habe, oder hören, was die Soldaten berichteten ...«An jenen Abend zu denken, wühlte sie immer noch auf, doch von all den seltsamen Dingen, die da geschehen waren, war es eine winzige Kleinigkeit, die sich jetzt in ihre Erinnerung drängte.
    Dieser Arzt heute hat doch davon gesprochen, wie verlässlich Chaven ist. Aber in jener Nacht kam er zurück, nachdem er fast ein Tagzehnt fort gewesen war, ohne jede Erklärung. Wo war er da? Hatte Brone mit seinen Zweifeln an Chavens Loyalität recht? Warum verschwindet jemand inmitten solch schlimmer Geschehnisse und bleibt tagelang weg?
    »Beachtet es gar nicht, Hoheit«, sagte Finn gerade. »Solche Leute sind Dummköpfe, das wissen wir alle. Aber Ihr wolltet, dass wir Augen und Ohren offen halten, also erzähle ich Euch alles, was wir gehört haben.«
    »Und du?«, fragte Briony jetzt Feival. »Du bist doch viel im Palast unterwegs — manchmal sehe ich dich stundenlang nicht. Ich hoffe, mein streunender Sekretär tut mehr, als nur den hübschen, jungen Pagen nachzusteigen.«
    Sie musste

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