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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hoheit.«
    »Unsinn.« Sie setzte sich ans Bett und nahm eine der kalten Hände des Mädchens. »Leg dich wieder hin. Brauchst du irgendetwas? Wo ist deine Dienerin?«
    »Sie holt mir noch mehr kaltes Wasser«, sagte Ivvie. »Manchmal friere ich ja, aber dann wieder ist mir so heiß, als ob ich verbrenne! Sie wischt mir die Stirn, und das hilft ein bisschen.«
    »Ich bin so wütend auf mich, weil dir das zugestoßen ist.«
    Ivgenia lächelte matt. »Dafür könnt Ihr doch nichts, Hoheit. Jemand wollte Euch töten.« Ihre Augen weiteten sich. »Haben sie ihn schon ergriffen?«
    Es könnte natürlich genauso gut eine Sie sein,
dachte Briony. »Nein. Aber ich bin sicher, sie werden den Schurken finden, und er wird seine Strafe erhalten. Ich wollte nur, es hätte nicht dich getroffen.« Briony wollte nicht zu viel darüber reden, aus Angst, es könnte das Befinden des Mädchens verschlechtern, also lenkte sie das Gespräch auf etwas anderes, indem sie Ivvie von ihrem seltsamen Ausflug zu den Kallikan erzählte. Als Briony am Ende ihrer Geschichte ankam, waren die Augen des Mädchens wieder riesengroß.
    »Wer hätte das geahnt! Unterirdische Gänge? An dem Ort, den ich Euch gezeigt habe?«
    »An ebenjenem«, sagte Briony lachend. »Langsam verstehe ich das alte Sprichwort von den Orakeln in zerlumpten Gewändern.«
    »Und sie hatten wirklich eine Botschaft für Euch aus Eurer Heimat Südmark erhalten? Wie lautete sie denn?«
    Briony hatte plötzlich das Gefühl, vielleicht schon zu viel gesagt zu haben. »Nun ja, dass sie für mich war, ist wohl etwas übertrieben. In Wahrheit ist schwer zu sagen, was sie bedeuten könnte — ich weiß nicht mal mehr den Wortlaut. Irgendetwas über das Alte Volk. Man hat mir gesagt, damit seien die Zwielichtler gemeint, die die Burg belagern — diese Ungeheuer, die mein Zuhause angreifen. Ich darf gar nicht daran denken.«
    »Es muss Euch sehr schmerzen, hier zu sein, Hoheit, so weit weg von Eurer Familie und Euren Untertanen! Das habe ich diesen dummen Frauen auch gesagt!«
    »Welchen Frauen?«
    »Ach, Ihr wisst schon, Seris, der Tochter des Herzogs von Gela, Erinna e'Herayas — diesen Frauen, die immer um Lady Ananka herumschwänzeln. Sie waren hier bei mir.« Ivvie runzelte die Stirn. Sie sah aus, als ermüdete sie der Besuch bereits. »Sie sind über alle hergezogen — die eine sei so fett, dass sie drei Kammermädchen brauche, um ihr Korsett zu schnüren, die andere nehme nie ihren Hut ab, weil ihr die Haare ausfielen. Gehässige Sachen. Sie wissen, dass Ihr meine Freundin seid, also haben sie über Euch nichts Gemeines verbreitet — jedenfalls nicht direkt —, aber sie haben gesagt, wie froh Ihr doch sein müsstet, hier an einem so zivilisierten Ort zu sein, so weit weg von all den schrecklichen Dingen, die in Südmark geschehen. Und sie haben gesagt, natürlich würdet Ihr möglichst lange hier bleiben wollen, zumal, wenn Euch Prinz Eneas so viel Aufmerksamkeit schenkt.«
    Briony merkte, dass sie mit den Zähnen knirschte. »Ich denke nur daran, wie ich wieder zu meinem Volk zurückkehren kann.«
    »Ich weiß, Hoheit, ich weiß!« Jetzt sah Ivvie betroffen drein, als ob Briony etwas Falsches gesagt hätte. Briony kämpfte gegen den Drang an, aus dem Krankenzimmer des Mädchens zu stapfen, direkt zu Lady Ananka und ihrem kleinen Hexenzirkel zu marschieren und sie zur Rede zu stellen. Stattdessen lenkte sie das Gespräch wieder auf harmlosere Dinge.
    Als Ivgenias Dienerin mit einem Bottich Wasser zurückkam, schnaufend und brummelnd und sichtlich nicht erbaut darüber, dass sie ihn so weit hatte tragen müssen, stand Briony auf und verabschiedete sich mit einem Wangenkuss von Ivgenia. Draußen auf der Treppe traf sie den Leibarzt des Prinzen, einen knochigen, immer etwas kurz angebundenen und zerstreut wirkenden älteren Mann, der gerade nach Ivgenia schauen wollte. »Ah, Prinzessin«, sagte er mit einer Verbeugung. »Darf ich Euch einen Augenblick behelligen?«
    »Was ist? Es geht ihr doch besser, oder?«
    »Wem? Oh, dem jungen Fräulein d'Oursos, ja, ja, keine Sorge. Nein, ich wollte Euch nur nach Chaven aus Ulos fragen. Er war doch Euer Leibarzt, wenn ich es richtig verstanden habe. Wisst Ihr, wo er sich derzeit aufhält?«
    »Ich habe ihn seit der Nacht, in der ich aus Südmark geflohen bin, nicht mehr gesehen und auch nichts von ihm gehört.«
    »Hmmm. Schade. Ich habe ihm mehrere Briefe geschickt, aber er antwortet nicht.«
    »Die Burg wird belagert«, gab sie zu

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