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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Feld des ersten Wachens ...«
    »Halt!«, sagte Barrick, plötzlich ganz Ohr. »Verrätertor? Was ist das?«
    »Ich ... ich weiß nicht mehr ...«
    Barrick packte mit der linken Hand Becks Arm und merkte erst, dass er dem Mann wehtat, als er ihn wimmern hörte. Er ließ los. »Tut mir leid«, sagte er, »aber ich muss es wissen. Denk nach, Mann! Was war das, dieses Verrätertor?«
    »Bitte, Herr, es war ... einer der Orte, wo es so dunkel war, dass ich nichts sehen konnte. Aber mein Herr hat etwas gesagt ...« Beck kniff die Augen zusammen und strengte sichtlich sein Gedächtnis an, während er sich immer noch den schmerzenden Arm rieb. »Er hat gesagt, es sei ein
Loch.«
    »Ein Loch?« Barrick musste sich beherrschen, um den kleinen, dreckigen Mann nicht wieder zu packen und diesmal zu schütteln. »Das war alles?«
    »Ich weiß, es klingt merkwürdig, aber er sagte, es sei ein Loch ... wie war das noch? Ein Loch, das nicht mal ... nicht mal die Götter ...« Sein Gesicht leuchtete auf. »Dem sich nicht mal die Götter nähern könnten.«
    Barricks Herz pochte. Er hatte genug über Krummlings Straßen gehört, um zu wissen, dass er das nicht ignorieren durfte. »Zeig mir, wie man da hinkommt.«
    Becks befriedigte Miene verschwand schlagartig. »Was? Aber ... Herr, das ist mitten in Schlaf — im Viertel der Stille, wo nur die hindürfen, die hinbestellt werden. Selbst mein Herr hätte dort keinen Fuß hineingesetzt, ohne von Spinnweb gerufen worden zu sein ...« Ein lautes Klacken ließ ihn zusammenschrecken, aber es war nur Skurn, der eine Schnecke an einem Stein knackte.
    »Mein Herr war sehr klug«, sagte Beck. »Wenn er da nicht von sich aus hinging, sollten wir es erst recht nicht tun. Ihr kennt diese Kreaturen nicht, Prinz Barrick — sie haben keine Seele, kein Herz! Sie werden uns häuten, nur zu ihrer Belustigung, noch bedenkenloser, als ich diesen Braten gehäutet habe!«
    »Ich will dich nicht zwingen, mit mir zu gehen, aber diese Chance darf ich nicht ungenutzt lassen.« Barrick wischte sich die Hände an den zerfetzten Kleidern ab und begann, ein Fleckchen Erde zu säubern, um sich hinzulegen. »Ich muss zu diesem Tor, Beck. Ich muss herausfinden, ob dieses ... Loch, dem sich nicht einmal die Götter nähern können ... ob es das ist, was ich suche. Ich habe, wie ich schon sagte, eine Aufgabe zu erfüllen.« Er griff in sein Hemd, um den Spiegel in seinem Beutel zu berühren. »Du magst tun, was du willst.«
    »Aber wenn Ihr mich verlasst, werden sie mich kriegen! Ein entflohener Diener — und noch dazu ein Sonnländer!« Becks Augen füllten sich mit Tränen. »Sie werden mir Schreckliches antun!«
    Etwas von der Kälte war in Barricks Herz zurückgekehrt: Er war plötzlich müde und wollte das Geplärre dieses Weichlings nicht mehr hören — er fühlte sich wie Ton, der zu einem Ziegelstein härtet. Er legte sich in die Kuhle zwischen zwei Kiefernwurzeln und rollte die Kapuze von Qu'arus' Mantel zu einem Kopfkissen. »Deine Entscheidungen musst du schon selbst treffen, Händler. Ich habe mehr Verantwortung, als nur der Hüter eines einzigen Mannes zu sein.« Er machte die Augen zu.
    Es war nicht gerade die ideale Voraussetzung zum Einschlafen, dass Beck nur eine Armlänge entfernt leise vor sich hinschluchzte, doch Barrick hatte im Haus des Traumlosen kaum geschlafen — ja, er hätte wohl geglaubt, gar nicht geschlafen zu haben, wäre da nicht die Erinnerung an diesen seltsamen Salamandertraum gewesen. Die Welt glitt rasch davon.

    Im Traum stand er auf einer Hügelkuppe — ein seltsam gesichtsloser Ort von der Farbe alten Elfenbeins. Am Hang sah er eine Schar von Leuten versammelt, die emporstarrenden Gesichter wie ein Beet von ungewöhnlichen Blumen. Einige erkannte er sofort — sein königlicher Vater, Shaso, sein Bruder Kendrick —, andere waren nicht so vertraut. Einer hätte Ferras Vansen sein können, merkte er nach einem Weilchen, doch gleichzeitig war es ein älterer Mann mit ergrauendem Bart und schütterem Haar — ein Vansen, den es nie geben würde, denn der Gardehauptmann war ja in Große Tiefen gestorben, in endloses Dunkel gestürzt. Die meisten waren Fremde, manche in altertümlicher Kleidung, andere so missgestaltet und bizarr wie die Kreaturen, die er in den Sklavenverliesen des Halbgotts Kituyik getroffen hatte: Das Einzige, was diese seltsame Versammlung zu einen schien, war das Schweigen und die erwartungsvolle Aufmerksamkeit.
    Barrick versuchte zu sprechen, sie zu

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