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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Thronsaal in Südmark, nur dass diese Grabstätte für einen toten Riesen ausgereicht hätte.
    »Ich ... ich glaube, ja«, sagte Beck, und seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »O Himmel, bewahre uns, ich mochte es damals nicht, und ich mag es auch jetzt nicht — was mein Herr über den Fluch gesagt hat, hat mir Angst gemacht.«
    »Wovon redest du? Das hättest du mir vorher erzählen können.« Berge, Ruinen — gab es denn nichts in diesen finsteren Schattenlanden, das
nicht
verflucht war?
    »Es war mir entfallen.« Becks Augen waren weit aufgerissen und stier; die Hand, die er emporhielt, als wollte er seine Augen gegen die nicht vorhandene Sonne abschirmen, zitterte heftig. »Mein Herr hat gesagt, das da sei ein verbotener Ort — und alle in diesen Landen, Träumende wie Traumlose, seien ebenfalls verflucht für das, was Krummling den Göttern angetan habe.« Er schlug sich an die Stirn. »Ich erinnere mich nicht mehr — damals war ich neu hier. Alles war so seltsam?«
    Kalte Verachtung überkam Barrick. Worte — Worte! Was nützten die irgendjemandem? »Ich gehe hinein. Du kannst hierbleiben, wenn du willst.«
    Raemon Beck sah sich panisch um. »Bitte nicht, Herr? Seht Ihr denn nicht, was das für ein übler Ort ist? Ich gehe da nicht rein.«
    »Das ist deine Entscheidung.« Als das Boot sanft an dem halbverrotteten Steg landete, stand Barrick so jäh auf, dass Beck sich schleunigst festhalten musste. Skurn war nirgends zu sehen, aber er würde ja wohl das Boot finden und daraus schließen, wohin Barrick gegangen war.
    Beck sagte nichts mehr, doch als Barrick vorsichtig auf den Steg kletterte, der zwar wackelte, aber hielt, erhob sich Beck, um ihm zu folgen, das Gesicht schmal und verkniffen vor Angst und Verzweiflung.
    »Mach das Boot ordentlich fest, damit es nicht abtreibt.« Barrick hatte das unangenehme Gefühl, dass sie möglicherweise später schnell von hier aufbrechen wollen würden.
    Als er zwischen den Bäumen hindurchging, weg von der einen Dunkellichtfackel, die an einem Pfahl direkt am Kanal brannte, konnte Barrick das Gebäude besser erkennen. Es war größer, als es vom Wasser aus gewirkt hatte, und das Grundstück war breiter und tiefer, als er zunächst vermutete. Der Bau schien unermesslich alt; die hellen, weinberankten Wände waren voller tiefer Kerben — Schriftzeichen vielleicht oder mystische Symbole, aber so roh ausgeführt, als stammten sie von einem riesigen Kind. Jeder leise Schritt, den sie auf der Schicht aus Laub und herabgefallenen Ästen taten, schien zu hallen wie ein Trommelschlag. Während Barrick sich seinen Weg durch das Gestrüpp in Richtung der mächtigen Ruine suchte, vorbei an gewaltigen Steinblöcken, die aus den Mauern gebrochen waren, hörte er mit kalter Befriedigung Beck hinterdreintrapsen und unglücklich vor sich hin flüstern.
    Ein schwarzes Etwas schoss zwischen den Bäumen auf ihn zu. »Lauft!«, schrie Skurn im Vorbeisausen. »Da kommt was?«
    Barrick blieb verwirrt stehen. Im nächsten Moment sah er zwei helle Schemen von der Ruine her nahen, über den unebenen Boden driftend wie wehende Blätter.
    »Schrikkas?«, stieß Raemon Beck erstickt hervor. Er warf sich herum, um zum Boot zurück zu flüchten, stolperte aber und fiel kopfüber in ein Dornengesträuch.
    Die Kreaturen bewegten sich schrecklich flink. Die losen Gewänder wallend wie Nebel, die Gesichter in der Tiefe der Kapuzen verborgen, so sprangen oder glitten sie über Hindernisse, die sie kaum zu berühren schienen. Sie legten hundert Schritt so schnell zurück, dass Barrick gerade noch Raemon Beck auf die Beine zerren konnte, ehe die erste der Kreaturen sich auf sie stürzte. Instinktiv schwang er Qu'arus' Schwert nach dem Kopf der Kreatur oder jedenfalls nach der Stelle, wo der Kopf sein musste. Das Etwas bog sich zurück und zischte wie eine erschrockene Schlange, und für einen Augenblick sah Barrick einen Teil eines Gesichts — rote Augen und ein Spinnennetz aus stumpfvioletten Adern auf leichenweißer Haut. Dann lachte das Etwas. Es war ein schreckliches, einsames, heiseres Lachen, aber das Schlimmste war: Die nicht-menschliche Stimme war unverkennbar weiblich.
    Barricks Beine fühlten sich so steif und gleichzeitig weich an wie Wachskerzen, als könnten sie jeden Moment unter seinem Gewicht brechen. Das andere bleiche Etwas driftete seitwärts, versuchte, hinter ihn zu gelangen. Barrick taumelte einen Schritt zurück und ließ Beck los, der mit einem resignierten Wimmern zu

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