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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Boden sackte. Das Boot lag ein paar Dutzend Schritt hinter Barrick, aber es hätten ebenso gut Meilen sein können. Die wallenden Gestalten drangen auf ihn ein, und ihre rauhen Stimmen verwoben sich zu einer brüchigen, monotonen Melodie des Hungers und des Triumphes.
    Die Schrikkas sangen.

29

Grund zum Hass
    Die einzig verbliebene Elbenstadt liegt im äußersten Norden Eions, nördlicher noch als das einstige Vuttland. Bei Ximander heißt sie ›Qul-na-Qar‹ oder ›Elbertheim‹, doch ob auch die Elben selbst sie so nennen, ist nicht bekannt. Die Vutten gaben ihr den Namen ›Alvshemm‹ und behaupteten, sie habe so viele Türme wie ein Wald Bäume.
    Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
    Die Sonne war schon fast bis zum Horizont gesunken, und überall im Weithallpalast wurden die Lampen entzündet. Briony war auf dem Rückweg von einem Besuch bei Ivvie, der es besser ging, wenn auch noch keineswegs gut — ihre Hände zitterten nach wie vor heftig, und sie konnte nichts Kräftigeres zu sich nehmen als klare Brühe. Auf dem Gang vor Brionys eigenen Gemächern standen zwei bewaffnete und behelmte Soldaten im königlich-syanesischen Wappenrock. Die gespannten Mienen der Garden machten sie einen Augenblick fürchten, sie wollten sie töten. So war sie immerhin etwas erleichtert, als einer der beiden verkündete: »Prinzessin Briony Eddon, der König lässt Euch rufen.«
    »Ich würde mich vorher gern noch umziehen«, sagte sie.
    Der Soldat schüttelte den Kopf. Sein Gesichtsausdruck verursachte ihr ein kaltes Gefühl in der Magengrube. »Es tut mir leid, Hoheit, aber das ist nicht gestattet.«
    Während die Garden sie zum Thronsaal eskortierten, ging Briony alle Möglichkeiten durch. Konnte es wegen ihrer Kontakte zu den Kallikan sein? Oder war dem König etwas von Jenkin Kreys unseliger Begegnung zu Ohren gekommen? Das ließe sich leicht abstreiten — Dawet war zu gewieft, um irgendwelche Fährten zu hinterlassen.
    Als sie zwischen den beiden großgewachsenen Männern durch den Thronsaal ging, konnte sie nicht umhin, sich zu fragen, ob in den verstohlenen Blicken der Höflinge dieselbe schaudernde Faszination lag, mit der sie einem berüchtigten Verbrecher begegnen würden.
    O barmherzige Herrin Zoria, was habe ich jetzt wieder angestellt?
    König Enander und seine Ratgeber erwarteten sie in der Perinskapelle, einem hohen Raum, der sehr viel länger als breit war. Der König saß in einem Sessel vor dem großen Altar, zu Füßen einer monströsen Marmorstatue des Himmelsherrn. Der Gott hielt seinen gewaltigen Hammer Donnerschlegel, dessen mächtiger Kopf genau hinter dem Stuhl auf dem Boden ruhte, in dem Lady Ananka saß, die Geliebte des Königs und so ungefähr der letzte Mensch, den Briony sehen wollte. Kaum minder verhasst war ihr die Anwesenheit Jenkin Kreys, des Tolly'schen Gesandten am syanesischen Hof, wenn sie auch darauf hindeutete, dass Briony richtig geraten hatte: Einer der gedungenen Schläger hatte wohl geredet. Krey grinste sie hämisch an; seine riesige, weiße Halskrause gab ihm etwas von einer ausnehmend hässlichen Blume. Sie verspürte den Drang, hinzugehen und ihn in das rosige, unverschämte Gesicht zu schlagen, rang jedoch um Beherrschung — mit Erfolg. Sie hatte einiges gelernt, seit Hendon Tolly sie an ihrer eigenen Tafel fast bis zur Tollheit provoziert hatte.
    Sie fiel vor König Enander auf ein Knie und senkte den Blick. »Majestät«, sagte sie. »Ihr habt mich rufen lassen, und ich bin gekommen.«
    »Ohne allzu große Eile«, sagte Ananka. »Der König wartet schon eine ganze Weile auf Euch.«
    Briony biss sich auf die Unterlippe. »Verzeiht«, sagte sie. »Ich war bei Fräulein Ivgenia e'Doursos, und Eure Boten haben mich gerade eben erst gefunden. Ich bin gekommen, sobald ich es vernommen hatte.« Sie blickte zum König empor und versuchte, seine Stimmung abzuschätzen, doch Enanders Miene war eine Maske der Gleichgültigkeit, die gar nichts verriet. »Womit kann ich Euch zu Diensten sein?«
    »Ihr behauptet, König Enander dienen zu wollen?«, sagte Ananka. »Seltsam, da Euer bisheriges Verhalten nicht darauf schließen ließ.«
    Was auch immer hier vor sich ging, es war eindeutig nichts Gutes. Wenn Lady Ananka hier als ihre Anklägerin fungieren sollte, war die Sache verloren, noch ehe Briony überhaupt wusste, worum es ging.
    »Wir haben Euch an unserem Hof freundlich aufgenommen.« Jetzt sah sie, dass Enanders Gesicht rot war, als hätte er für diese

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