Die Daemmerung
den Thron des Flussgottes bewachten, und stahl das Netz. Danach stieg er hinauf auf den Gipfel des mächtigen Berges Xandos, wo Argals Haus stand. Über die hundert mörderischen Krieger warf er Efiyals Netz, sodass sie auf seinen Befehl hin in tiefen Schlaf sanken. Dann nahm Habbili den großen Hammer von seinem Platz neben dem Tor, holte das magische Netz ein und stieg den Berg Xandos wieder hinunter. Er stieg hinab bis unter die Erde, zu dem Haus, wo sein Onkel Xergal, der Herr der Tiefe, seinen Thron hatte und seine gesamten Schätze aufbewahrte.
›Sei vorsichtig, mein Sohn‹, flehte seine Mutter Suya. ›Wenn Xergal dich hier findet, wird er dich vernichten. Er ist der Gott der Toten Lande. Er wird dich in die Schattenwelt ziehen, wo du dann für immer bleiben musst.‹ Habbili aber ließ sich nicht beirren und stieg die Stufen hinab, ins tiefste Gewölbe der Burg des Todesgottes. Dort fand er seines Vaters Haupt in einem Sarg aus Gold und Kristall, der in einem Quecksilbertümpel schwamm. Als Habbili den Sarg berührte, öffneten sich die Augen seines Vaters. Doch das Haupt hatte zwar Augen und Mund, aber kein Herz, und so erkannte Nushashs Kopf den eigenen Sohn nicht und fing an zu schreien: ›Hilfe, Xergal, großer Gott der Finsternis, jemand versucht mich zu stehlen!!‹
In diesem Augenblick kehrte Xergal von seinem Jagdausflug heim. Er hörte Nushashs Haupt schreien und eilte den Gang zu dem tiefen Gewölbe hinab, wobei seine Schritte wie Donner hallten. Trotz der glühenden Kohle in seiner Brust hatte Habbili Angst, wusste er doch, dass er wegen seiner verkrüppelten Beine dem Herrn des Todes nicht davonlaufen konnte. Er stellte also das Haupt seines Vaters ab, ergriff Argals Hammer und Efiyals Netz und wartete. Als Xergal hereinstürmte, Bart und Kleidung so schwarz wie die sternen- und mondlose Nacht, die Augen rubinrot lohend, da warf Habbili das Netz über ihn. Für einen Moment wurden Xergals Bewegungen durch die Meeresmagie seines Bruders gehemmt, und er stand verwundert da. In diesem Augenblick schleuderte Habbili den Hammer auf ihn, und der Erdherr ging zu Boden. Habbili nahm den Hammer und den Kristallsarg mit dem Haupt seines Vaters und rannte die Treppen hinauf verfolgt von Xergal, der ihm mit jedem Schritt näher kam.
Suya, Habbilis Mutter, packte Xergal am Umhang, als er an ihr vorbeirannte. ›Gemahl‹, rief sie, ›kommt und esst Euer Abendessen, bevor es kalt wird!‹
Der Erdherr versuchte sie abzuschütteln, aber sie hielt ihn fest. ›Weib, lass mich los! Jemand hat gestohlen, was mein ist!‹
Suya klammerte sich an ihn. ›Aber ich habe das Bett bereits aufgedeckt, kommt und legt Euch
zu
mir, bevor es kalt ist!‹
Noch immer versuchte Xergal sich loszumachen. ›Lass mich! Jemand hat gestohlen, was mein ist!‹
Suya ließ ihn nicht los. ›Kommt und bleibt bei mir! Ich fühle mich krank und werde vielleicht bald sterben.‹
Mit dem Ausruf ›Du stirbst jetzt!‹ schlug er sie nieder, doch da war Habbili Krummling bereits aus dem unterirdischen Palast entkommen und floh gen Süden, in die Wälder, die den Xandos umgaben. Dort befreite er mit Argals Hammer seines Vaters Haupt aus dem Kristallsarg und setzte dann alle Teile von Nushash Weißfeuer wieder zusammen, sodass der Sonnengott wiederauferstanden war ›Vater‹, sagte er, ›du lebst wieder!‹
›Du bist ein guter und treuer Sohn, du hast mich gerettet. Wo ist deine Mutter? Ich möchte sie sehen.‹
Als Habbili ihm berichtete, dass Suya, die Blume der Morgenröte, gestorben war, damit er dem Erdherrn Xergal hatte entkommen können, da wurde der große Nushash von tiefem Schmerz übermannt. Und er stieg empor
zu
seinem Haus in den höchsten Himmeln und nahm seine Pflicht wieder auf an jedem Tag den Sonnenwagen über den Himmel
zu
lenken. Habbili blieb auf der Erde und lehrte die Menschensöhne die Wahrheit über Argal den Donnerer und den Rest der verräterischen Göttersippe, entlarvte sie alle als Feinde des Nushash Weißfeuer Die Menschen verjagten Argals Anhänger, und die Lande rings um den Xandos verehrten von da an Nushash, den wahren Herrscher des Himmels.
Spatz drückte ihre Hand. Sie blickte ihn an und sah die Frage in seinen Augen. »Ja, das ist die Wahrheit. Deshalb habe ich dir die Geschichte erzählt. Habbili Krummling war tot, das Herz war ihm herausgeschnitten worden, und doch kam er zurück und besiegte seine Feinde — und das waren Götter und Dämonen? Ja, natürlich hatte er Angst, aber er gab
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