Die Daemmerung
Augen.«
»Wird es mitnehmen, unsereins, falls Ihr's Euch doch noch anders überlegt ...«
»Ich werde das nie und nimmer essen!« Barrick hob die Hand, um nach dem schwarzen Vogel zu schlagen, hatte aber nicht die Kraft dazu. »Jetzt schling es schon hinunter, damit wir loskönnen.«
»Zu groß«, sagte der Rabe befriedigt. »Muss ihn langsam essen, unsereins, mit Genuss. Doch um ihn weit zu tragen, ist er für unsereins auch zu groß. Könnt Ihr ...?«
Barrick atmete tief durch. So beschämend es war, er brauchte diesen Vogel. Er konnte nicht vergessen, wie einsam er sich erst vor einer Stunde gefühlt hatte, als er gedacht hatte, der Rabe sei verschwunden. »Nun gut Ich trage ihn, wenn du mir Blätter oder sonst irgendwas zum Einwickeln bringst.« Er schüttelte sich. »Aber wenn er anfängt zu stinken ...«
»Könntet Ihr Appetit bekommen, das weiß unsereins. Keine Angst, unsereins wird vorher einen Rastplatz finden.«
Als sie weit genug gegangen waren, dass Barrick sich etwas sicherer fühlte, ließen sie sich in einer Felskluft nieder, wo er durch einen seitlichen Gesteinsvorsprung vor dem schlimmsten Wind und Nebel geschützt war. Barrick hätte fast alles für ein Feuer gegeben, aber Stahl und Feuerstein hatte er in Große Tiefen verloren, und eine andere Methode des Feuermachens kannte er nicht.
Kendrick hätte es gekonnt,
dachte er verbittert.
Vater auch.
»Zumindest scheinen wir das Revier der Seidenwickler hinter uns gelassen zu haben«, sagte er laut. »Wir haben seit Stunden keinen mehr gesehen.«
»Der Seidenwald reicht weit«, sagte der Rabe schließlich. »Glaubt nicht, unsereins, dass wir auch nur auf der Hälfte der Hälfte sind.«
»Beim Blut der Götter, das kann nicht dein Ernst sein!« Verzweiflung legte sich über Barrick wie der Schatten einer Gewitterwolke. »Müssen wir mitten hindurch? Können wir ihn nicht umgehen? Ist das der einzige Weg nach«, er kämpfte mit den fremden, kehligen Worten, »Qul-na-Qar?«
»Könnten ihn schon umgehen, den Wald, schätzt unsereins«, beschied ihn Skurn, »würd aber lange dauern. Könnten ihn sonnwärts verlassen und dann den Weg durchs Land des Blinden Bettlers nehmen. Oder entgegengesetzt und dann durch Wurmswart gehen. Würd aber auf beiden Wegen trotzdem genug Ärger lauern.«
»Ärger?«
»Ja. Sonnwärts, im Land des Bettlers, gilt's, sich vor Feueraug und dem Garten der Leisetöter in Acht zu nehmen.«
Barrick schluckte. Er wollte gar nicht mehr wissen. »Dann gehen wir eben andersherum.«
Skurn nickte düster. »Und nehmen in Kauf, dass wir dann in einer Gegend sind, die, wie unsereins gehört hat, Knochenschmelzsumpf heißt. Und dass wir, selbst wenn wir den Waldwürmern entgehen, vor den Saugzähnlern auf der Hut sein müssen.«
Barrick schloss die Augen. Er lernte allmählich wieder beten, hatte er festgestellt, obwohl es ihm dank seiner Begegnung mit dem Halbgott Kituyik immer noch schwerfiel zu glauben, dass die Götter ihm wohlwollten. Doch wenn man nur die Wahl zwischen mörderischen Seidenwicklern, Saugzähnlern und Leisetötern hatte, konnte Beten wohl nicht schaden.
O Götter ... O Mächtige im Himmel.
Er suchte nach Worten.
Vor einiger Zeit stellte sich heraus, dass ich nur mit zwei Begleitern, einem Elbenkrieger und dem Hauptmann meiner königlichen Garde, mitten durch dieses schreckliche, unbekannte Land voller Dämonen und Ungeheuer würde reisen müssen. Jetzt bin ich immer noch auf dieser Reise, aber nur noch mit einem Begleiter — einem kotfressenden, unverschämten Vogel. Falls ihr mir mein Los erleichtern wolltet, o Mächtige, hättet ihr eure Sache besser machen können.
Barrick war klar, dass das nicht gerade der Inbegriff von einem Gebet war, aber immerhin sprachen die Götter und er wieder miteinander.
»Weck mich, wenn mich irgendwas töten will.« Während er sich auf dem unebenen Boden ausstreckte, hörte er an unappetitlichen Geräuschen, dass Skurn sich über den toten Folger hermachte. Barricks Rippen schmerzten; sein Arm fühlte sich an, als wäre er mit scharfkantigen Scherben gespickt. »Oder, nein, wenn ich mir's recht überlege, weck mich lieber nicht. Vielleicht habe ich ja Glück und sterbe im Schlaf.«
4
Ohne Herz
Bei dem großen Philosophen Phayallos finden wir die Aussage, dass die Elbenwörter für ›Gott‹ und ›Göttin‹ mit den Wörtern für ›Onkel‹ und ›Tante‹ aufs engste verwandt seien ...
Eine Abhandlung über die Elbenvölker Eions und Xands
Der Junge nahm ihre
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