Die Daemmerung
die Blume der Morgenröte, entging der Zerstörung Mondzahns, aber sie verlief sich und verbrachte viele Jahre in der Wildnis, bis Xergal, Argals Bruder, der Herrscher der Tiefe, sie fand und zu seiner Frau machte.
Xosh, der Mondherr, war im Kampf gefallen. Der große Nushash wurde gefangen genommen; aber er war zu mächtig, als dass er vernichtet werden konnte. Deshalb hackten ihn Argal und die anderen in viele Stücke und verstreuten diese über allem Land. Doch der kleine Habbili, Nushashs Sohn, wurde von Argal, seinem eigenen Großvater, und dem Rest dieser dämonischen Sippe gefoltert. Sie peinigten ihn und prügelten ihn lahm, und schließlich schnitten sie ihm das Herz aus der Brust und verbrannten es im Feuer Und dann ließen sie den Toten in den Ruinen von Mondzahn zurück.
Doch eine Schlangenmutter auf der Suche nach einem Nistplatz kroch in die Ruinen und legte ihr Ei in das Loch in Habbilis Brust. Durch das giftige Ei in seiner Brust erwachte Habbili wieder zum Leben, hassverzehrt und den Racheschwur auf den Lippen.
›Wie kannst du mir das antun?‹, fragte die Schlangenmutter ›Durch mein Ei wurdest du wieder zum Leben erweckt, aber mein Kind in deiner Brust kann nicht ausschlüpfen. Wenn du jetzt gehst, um gegen deine Feinde zu ziehen, vergiltst du mir Gutes mit Bösem..
Habbili dachte darüber nach und fand, dass sie recht hatte. ›Also gut‹, sagte er, ›ich will dir vertrauen, obwohl mich meine eigene Familie unzählige Male betrogen hat. Nimm dein Ei zurück, aber hole mir aus den Feuern, die in den Trümmern brennen, eine Kohle und lege sie mir stattdessen in die Brust.‹ Damit zog sich Habbili das Schlangenei aus der Brust und fiel wieder in den Todesschlaf.
Die Schlangenmutter war ehrlich: Sie hätte ihn einfach dort liegen lassen können, aber sie schlängelte sich zu den brennenden Turmruinen und nahm ein Stück Glut in ihr Maul, obwohl sie sich damit böse verbrannte; deshalb übrigens zischen die Schlangen seit jenem Tag, statt
zu
sprechen. Sie legte die glühende Kohle in seine Brust, und er erwachte wieder zum Leben. Er dankte ihr und ging seines Weges, doch von seinen vielen Verletzungen hinkte er so schlimm, dass ihn die Sterblichen, die ihn sahen, hinfort Krummling nannten.
Jahrelang wanderte er, bestand viele Abenteuer und lernte vieles, aber immer dachte er an das Böse, das ihm sein Großvater und seine Onkel getan hatten. Schließlich fühlte er sich bereit, die heilige Fehde wiederaufzunehmen und Nushash, seinen Vater, ins Leben zurückzuholen. Doch der Leib seines Vaters war ja in Stücke gehackt und von den Landen des Nordens bis
zu
den Landen des Südens verstreut, deshalb war Habbilis Suche lang und mühsam. Endlich hatte er alle Teile gefunden bis auf den Kopf seines Vaters — der lag in einem Kristallsarg im Hause Xergals, des Gottes der Tiefe und des Todes, den die Menschen des Nordens ›Kernios‹ nennen. Habbili begab sich
zu
Xergals Festung, gelangte mit Hilfe von Zaubern, die er gelernt hatte, an den Wachen vorbei und drang bis ins Innerste des Hauses vor. Und als er durch diesen finsteren Ort schlich, traf er auf Xergals Frau. Krummling erkannte sie zunächst nicht, aber sie erkannte ihn — schließlich war sie ja seine Mutter; Suya, die Blume der Morgenröte, die Xergal gefangen genommen und
zur
Heirat gezwungen hatte.
›Lauf weg, mein Sohn‹, flehte sie ihn an, ›der Erdherr wird bald wiederkommen, und wenn er dich findet, wird er zornig werden und dich vernichten..
›Nein‹, erwiderte Habbili. ›Ich komme, um meines Vaters Haupt zu holen, damit ich ihn wieder zum Leben erwecken kann.‹
Suya bekam es mit der Angst zu tun, aber sie konnte es ihm nicht ausreden. ›Xergal der Finstere bewahrt deines Vaters Haupt im tiefsten Keller seines Hauses auf‹, sagte sie schließlich, ›in einem Kristallsarg, den nichts aufzubrechen vermag als der Hammer seines Bruders Argal, des Donnerers. Aber du kannst den Hammer nicht stehlen ohne das Netz Efiyals, des Herrn der Meere, der beider Bruder ist. Alle drei Brüder sind gerade zusammen auf der Jagd, deshalb sind ihre Schätze unbewacht. Aber bald kommen sie wieder, deshalb musst du jetzt gleich tun, was du vorhast; sind sie nämlich erst einmal zurück, wird es dir niemals gelingen.‹
So floh Habbili Krummling aus Xergals Haus und folgte den Anweisungen seiner Mutter: Er sprang in den großen Fluss und tauchte hinab zum Haus des Efiyal. Dank seiner Geschicklichkeit überwältigte er die Krokodile, die
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