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Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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hat — die Tollys, Hesper von Jellon, König Enander ...«
    »Nein, ich meine jemanden, der Euch näher steht.« Sein üblicher amüsierter Zynismus war wie weggeblasen. »Ihr wisst ja, dass ich lange in Avin Brones Diensten stand, als Forscher wie als Spion.«
    »Ja, und eines Tages werde ich Euch bitten, mir so genau wie möglich von jener Zeit und jenen Aufgaben zu erzählen. Brone hat selbst zu mir gesagt, ich sei zu vertrauensselig, ich bräuchte eigene Spione und Informanten, aber ich muss gestehen, ich verstehe wenig von diesem Spiel ...«
    Teodorus hob die Hand, besann sich dann aber offenbar darauf, dass es sich nicht gehörte, einer Prinzessin gegenüber Ungeduld zu zeigen. »Verzeiht, Hoheit, aber es ist ja Brone, von dem ich spreche.«
    Es dauerte einen Moment, bis das bei ihr ankam. »Brone? Wollt Ihr sagen, Avin Brone ist ein Verräter?«
    Sein rundes Gesicht war jetzt gequält. »Das ist schwer für mich, Mylady. Lord Brone war immer nur gut und gerecht zu mir, Hoheit, und hat mir gegenüber nie etwas gesagt, das darauf hingedeutet hätte, dass er Euch nicht treu ergeben ist ... aber einmal hat er mich in seinem Rückzugszimmer allein gelassen, als ein anderer seiner Spione überraschend von der Straße nach Süden zurückgebracht wurde, mit einer Pfeilwunde ...«
    »Gerad. Sein Name war Gerad«, sagte Briony. »Barmherzige Zoria, an diesen Abend erinnere ich mich. Da war ich gerade in Brones Gemächern.«
    »Und ich war in einem Zimmer ganz in der Nähe, wo er seine geschäftlichen Angelegenheiten erledigt.« Finn sah sich um, ob auch wirklich niemand mithören konnte. »Ich ... ich bin ein neugieriger Mensch, da verrate ich Euch ja sicher nichts Neues. Bei Zosim dem Vielgesichtigen, es ist nicht meine Schuld — ich bin Schriftsteller? Ich war noch nie mit Brones ganzen Unterlagen allein gewesen, und ... nun ja, ich muss gestehen, dass ich die Gelegenheit nutzte, um einen Blick in seine Papiere zu werfen. Teilweise waren es Sachen, mit denen ich gar nichts anfangen konnte — Karten von Orten, die ich nicht kannte, Listen mit Namen —, und zu einem anderen Teil waren es einfach Berichte über das allgemeine Geschehen in Gronefeld, Hierosol, Jellon und anderswo, offensichtlich von seinen vielen Spionen. Doch ganz unten in einem Stapel in seinem Schreibtisch fand ich einen Velum-Umschlag mit dem Eddon-Wappen darauf, aber unversiegelt.«
    »Ihr wisst, dass Ihr so etwas niemals hättet anrühren sollen«, sagte Briony. »Wenn man Euch dabei ertappt hätte, wärt Ihr jetzt nicht mehr hier.« Sie sagte es halb scherzhaft, aber in Wahrheit redete sie nur, um Zeit zu schinden; sie wollte nicht hören, was er als Nächstes sagen würde.
    »Wie gesagt, Prinzessin, ich bin Schriftsteller, und wie jeder weiß, ist das ein anderes Wort für Narr. Ich ging an die Tür, um zu horchen, ob auch niemand kam, und öffnete dann den Umschlag. Darin war eine Liste von Leuten — soweit ich sie kannte, waren es Agenten, denen Brone vertraute —, die zu einem bestimmten Zeitpunkt und auf ein bestimmtes Zeichen hin Mitglieder der Königsfamilie töten oder gefangen nehmen würden. Und da waren auch noch Pläne für die anschließende Konsolidierung der Macht und für die Befriedung der Bevölkerung. Und das alles in Brones Schrift. Die kenne ich wie meine eigene.«
    »Was?« Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. »Wollt Ihr sagen, Brone plant, uns zu ermorden?«
    Finn Teodorus sah unglücklich drein. »Es kann ja sein, dass ich mich täusche, Hoheit. Es kann ja auch einfach nur ein Bericht gewesen sein — über eine aufgedeckte oder vielleicht sogar vereitelte Verschwörung —, den er eigenhändig abgeschrieben hatte. Oder etwas ganz anderes. Was ich gesehen habe, reicht mir nicht aus, um den Grafen zu bezichtigen und womöglich seinen Tod auf mein Gewissen zu laden. Aber ich schwöre, dass es so war, wie ich sage, Prinzessin. Er hatte Unterlagen in seiner eigenen Handschrift, die ganz so aussahen wie ein Plan für Verrat und Meuchelmord — für die gewaltsame Übernahme des Throns von Südmark. Ich wollte, es wäre nicht so, aber das ist es, was ich gesehen habe.«
    Der Boden neben dem Weg schien plötzlich zu schwanken wie das Deck eines Schiffs. Kurz befürchtete Briony, er würde ganz unter ihr weggleiten und sie würde in Ohnmacht fallen. »Warum ... warum sagt Ihr mir das jetzt, Finn?«
    »Weil Ihr uns bald verlasst«, sagte er. »Wir können nicht mit den Soldaten des Prinzen mithalten und würden es,

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