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Die Daemmerung

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Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Interessen, als Euch vielleicht auf den ersten Blick klar ist.«
    Glaubte dieser Narr, Pinnimon Vash zum Verrat am Autarchen von Xis überreden zu können? Selbst wenn Vash seinen Herrn nicht gefürchtet hätte — und er hatte bei den Göttern schreckliche Angst vor Sulepis —, den Thron würde er doch niemals verraten! Seine Familie diente Xis schon über Generationen? »Ich bin sicher, wir haben viele lohnende Gesprächsthemen, Majestät, wenn ich mir auch kein Interesse vorstellen kann, das uns gemeinsam wäre. Leider jedoch ist mir gerade eingefallen, dass ich heute Vormittag noch verschiedene Dinge zu erledigen habe, also muss unsere Unterhaltung warten.«
    »Seid Euch nicht so sicher, dass wir keine gemeinsamen Interessen haben«, sagte Olin, als Vash sich zum Gehen wandte. »Keiner von uns kann die ganze Wahrheit wissen. Es ist eine zutiefst seltsame Welt, in der wir Sterblichen leben — das ist beides: mein größter Trost und meine größte Angst.«

    Als Vash den Nordländer das nächste Mal sah, wurde Olin aufs Vorschiff gebracht, um dem Autarchen Gesellschaft zu leisten, während die Priester Sprechgesänge intonierten und zwei goldene Muscheln mit Sulepis' Blut über die Reling entleerten, um die Wogen zu reinigen und diese neuen Gewässer für Xis in Besitz zu nehmen. Bis auf die Leinenverbände um seine Unterarme schien Sulepis förmlich von Gesundheit zu strotzen, und als Olin und seine Bewacher das Vorderkastell erklommen, hätte der Unterschied zwischen den beiden nicht größer sein können.
    »Vash hat mir erzählt, es geht Euch nicht gut«, sagte der Autarch. »Wenn es die See ist, die Euch nicht bekommt, seid guten Mutes — wie Ihr Euch sicher schon denken könnt, werden wir in ein bis zwei Stunden Anker werfen.«
    Olin antwortete nicht. Statt das Spektakel zu verfolgen, wie Panhyssir und seine Priester die Wasser segneten, drehte er sich um und blickte auf den Rest des Schiffs. Schon jetzt wurde alles für die Landung vorbereitet: Seeleute und Soldaten eilten geschäftig an Deck umher, und Winden quietschten, da die Truppen ihre Ausrüstung aus dem Frachtraum hievten, um sich für die Landung bereit zu machen. Es war ungewöhnlich und ziemlich riskant, schon mit dem Entladen zu beginnen, bevor das Schiff vor Anker lag: Vash war klar, dass der Autarch es eilig hatte.
    Hinter ihnen reihte sich der Rest der Flotte, fast die Hälfte der Schiffe, mit denen der Autarch zum nördlichen Kontinent aufgebrochen war, sodass die goldenen Falken auf den Segeln einen ganzen Schwarm bildeten. Hierosols mächtige Mauern waren binnen weniger Tage gefallen. Wie lange würde da das wesentlich kleinere Südmark der geballten Macht von Xis standhalten können?
    Der Nordländer hatte offenbar dasselbe gedacht. »Ihr kommt mit einer beeindruckenden Streitmacht«, sagte Olin. »Das erinnert mich an etwas Historisches. Ihr seid doch ein belesener Mann, Sulepis. Habt Ihr je von den Grauen Scharen gehört, die vor dreihundert Jahren durch diese Lande streiften?«
    Der Autarch spreizte die Finger, als bewunderte er das Funkeln seiner goldenen Fingerschützer in der Sonne. »Natürlich habe ich von den Söldnerbanden gehört«, sagte er. »So etwas würde in meinem Land nicht geduldet. In Xis werden Räuber öffentlich gepfählt. Mein Volk weiß, dass ich über es wache.«
    »Oh, da bin ich mir sicher«, sagte Olin. »Aber wenn ich Eure Flotte sehe und die riesige Armee, die sie transportiert, muss ich an die Zeiten der Grauen Scharen denken und besonders an ihren berühmten Kriegsherrn Davos, genannt ›der Mantis‹.«
    Der Autarch schien amüsiert. »Der Mantis? Von dem habe ich noch nie gehört.«
    »Das liegt wohl daran, dass Ihr die spätere Geschichte meiner Familie gründlicher studiert habt als jene Epoche.«
    »War er tatsächlich Priester, bei diesem Namen?«
    »Er besaß eine Priesterpfründe, aber das machte ihn noch nicht zu einem echten Priester. Diesen Beinamen bekam er auch nicht seiner guten Taten wegen. Ja, es gibt Stimmen, die behaupten, es habe in ganz Eion nie einen größeren Schurken gegeben ... was andere allerdings bestreiten würden.«
    Sulepis lachte, allem Anschein nach wirklich erheitert. »Oh, das ist gut, Olin? Keinen größeren Schurken
bis zum heutigen Tage
meint Ihr wohl.«
    Der Nordländer zuckte die Achseln. »Glaubt Ihr wirklich, ich wäre so unhöflich zu einem derart aufmerksamen Gastgeber?«
    »Sprecht. Ihr habt mein Ohr.«
    »Wie Ihr sicher wisst, entstanden die Grauen Scharen

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