Die Daemmerung
hier im Norden aus dem Chaos nach dem ersten Krieg gegen die Zwielichtler. Sie streiften in den Jahren nach Kaltgraumoor durch die Lande — Banden von Söldnern, die keinen festen Ort mehr hatten und zunächst für jeden kämpften, der sie bezahlte, sich dann aber schließlich aufs Rauben und Plündern als solches verlegten. Der Wüsteste — und Mächtigste — unter ihnen war der Spross eines syanesischen Adelsgeschlechts, Davos von Elgi. Wegen seiner Pfründe oder vielleicht auch wegen des langen, schwarzen Umhangs, den er trug, bekam er den Beinamen ›Mantis‹. Im Chaos jener Tage kämpfte Davos für manche Sache und plünderte manche Stadt, doch ein großer Kriegsherr ist wie ein Mann, der auf einem grimmigen Bären reitet — jeder fürchtet ihn außer dem Bären, und er muss immer daran denken, die Bestie zu füttern. Der Mantis war auch dann noch gezwungen, seine Raubzüge fortzusetzen, als die meisten Kriege, die auf den Rückzug der Qar folgten, beendet waren. Da immer mehr Städte des Nordens geplündert wurden und den hungernden Bewohnern nichts anderes blieb, als sich den Plünderern anzuschließen, wuchsen die Scharen des Mantis unaufhaltsam. Schließlich beherrschte er ganz Brenland und weite Teile von Syan. Seine Männer suchten auch Teile unserer Lande heim, zogen raubend und mordend durch Südmark und Westmark, bis die Leute um Errettung vor diesem Schreckensregiment schrien. Ihnen zu helfen, fiel der Enkelin meines Ahnherrn Anglin zu, Lily Eddon.«
»Ah ja«, sagte der Autarch. »Die Frau, die ein Reich regierte! Davon habe ich schon gehört.«
»Sie hat ihren Ruhm verdient. Ihr Gemahl hatte im Kampf gegen einen der Spießgesellen des Mantis sein Leben gelassen, und der Sohn war an seiner Seite gefallen. Also blieb nur Lily, um das Land zu regieren, und viele der verängstigten Menschen behaupteten, sie müsse abgesetzt werden, statt ihrer müsse man einen Kriegsmann auf den Thron heben. Doch Lily war selbst eine Kriegerin, darin stand sie keinem Mann an ihrem Hofe nach. Anglins Blut floss heiß und stark in ihren Adern. Sie ließ sich nicht beiseiteschieben.
Der Mantis hatte schon lange ein Auge auf Südmark geworfen und nicht nur auf dessen junge Königin. Das Land war fruchtbar, die Burg so gut wie unbezwingbar. Davos sandte Lily eine Botschaft, in der er um ihre Hand anhielt. Sie hatte weder Mann noch Sohn. Der Mantis erklärte, er sei reich und stark, und wenn sie ihn heirate, stünde sein mächtiges Heer in Diensten der Markenlande. Viele am Hof von Südmark drängten Lily, sein Angebot anzunehmen. Welch andere Hoffnung blieb ihnen?
Doch Lily sandte einen Brief an Davos Elgin, den schwarzgewandeten Mantis — Gebieter, so hieß es, über hunderttausend blutdurstige Soldaten —, der da lautete: ›Königin Lily bedauert, dass sie Euer Angebot nicht annehmen kann. Sie wird damit beschäftigt sein, die Ratten, die in ihrem Reich ihr Unwesen treiben, zu töten.‹
Und genau damit begann sie.« Olin sah auf »Langweile ich Euch, Sulepis?«
»Ganz und gar nicht. Ihr amüsiert mich, und das ist eine seltene Kostbarkeit.« Der Autarch beugte sich zu dem fremdländischen König hinab. Mit seinem knochigen, langnasigen Gesicht und den glimmenden, starren Augen, dachte Vash, glich Sulepis mehr denn je einem menschlichen Falken. »Bitte, fahrt fort.«
»Lily wusste, dass die Grauen Scharen ohne das, was sie durch Plünderung erbeuteten, nicht überleben konnten — sie hatten bereits überall, wo sie durchgezogen waren, eine Spur der Verwüstung hinterlassen —, also schickte sie Abgesandte aus, den Leuten zu sagen, sie sollten sich zurückziehen, nicht nur aus dem unmittelbaren Weg des Mantis, sondern auch aus den umliegenden Landen, selbst aus Orten, die er gar nicht zu bedrohen schien. Sie befahl den Leuten, mitzunehmen, was sie konnten, und alles, was zurückblieb, zu zerstören. Wenn sie Südmark erreichten, ließ sie ihnen sagen, werde sie ihnen Schutz gewähren. Dann entsandte sie ihre Truppen, in denen immer noch viele gestählte, schlachterprobte Veteranen des Zwielichtlerkriegs dienten, die wesentlich größere Streitmacht des Mantis durch Nadelstiche zu zermürben, ohne sich ihr jedoch jemals direkt zu stellen.
Also fanden die Söldnerscharen, als sie durch die Markenlande zogen, alles auf ihrem Weg verlassen und verbrannt — keine Edelleute, für die sie Lösegeld hätten erpressen, keine Wertsachen, die sie hätten stehlen können, nichts zu essen. Währenddessen erschienen die
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