Die Daemmerung
er könnte von der Sänfte fallen. »Kleiner Nordländerkönig, ich habe nicht zwanzig Brüder, etliche Schwestern und Nushash weiß wie viele andere Leute getötet, um auf diesen Thron zu kommen, nur damit ich ihn nach ein paar kurzen Jahren jemand anderem überlasse.«
Draußen rief jemand etwas, und die Sänfte kam zum Stehen.
»Jetzt nähern wir uns also Eurem alten Zuhause, Olin. Ihr seht tatsächlich nicht wohl aus — offenbar macht es Euch wirklich krank, bald dort zu sein.« Der Autarch lachte auf. »Aber das ist nur ein Grund mehr, mir dankbar zu sein. Ich werde dafür sorgen, dass Ihr dieses Unwohlsein nicht mehr lange ertragen müsst.«
»O Goldener, warum sind wir stehengeblieben?«, fragte Vash. Er sah im Geist Getreue König Olins aus einem Hinterhalt hervorstürmen.
»Weil wir nur noch ein kurzes Stück vom Palast entfernt sind, da, wo diese Küstenstraße aus dem Wald herauskommt«, sagte der Autarch. »Wir haben Späher vorausgeschickt, damit sie erkunden, wo wir am besten unser Lager aufschlagen. Wahrscheinlich werden wir die Qar vertreiben müssen, die die Burg unseres Freundes Olin schon seit Monaten belagern. Ihre Streitmacht ist klein, aber sie beherrschen eine Fülle an Tricks. Allerdings hat Sulepis auch ein paar Tricks auf Lager?« Er lachte so fröhlich wie ein kleiner Junge auf einem schnellen Pferd.
»Aber warum sind wir überhaupt hier?«, fragte Olin. »Wenn Ihr glaubt, mich töten zu müssen, um Eure wahnsinnigen Ideen zu verfolgen, warum dann dieser ganze weite Weg? Nur um diejenigen meiner Angehörigen und Untertanen zu bestrafen, die immer noch an mir hängen? Um sie in ihrer Hilflosigkeit zu verhöhnen?«
»Verhöhnen?« Der Autarch genoss diese Schauspielerei in vollen Zügen. Jetzt tat er gekränkt. »Wir sind hier, um sie zu retten? Und wenn die Qar vertrieben sind und ich hier fertig bin, können Eure Erben mit diesem Ort und diesem Land machen, was ihnen beliebt.«
»Ihr seid hierhergekommen, um mein Volk zu retten? Das ist eine Lüge.«
Wieder reagierte der Autarch nicht mit Zorn. »Es ist nicht die ganze Wahrheit, das gebe ich zu. Wir sind hier, weil dies einst der Ort war, an den die Götter verbannt wurden. Hier, unter den Gebäuden, die Eure Leute errichtet haben, lag das Tor zum Palast des Xergal — Kernios, wie ihr Nordländer ihn nennt. Und hier hat Habbili gegen ihn gekämpft und ihn geschlagen und für immer aus der Welt gestoßen. Hier ist der Ort, wo das Ritual stattfinden muss.«
»Aha«, sagte Olin. »Dann hat Euer Hiersein also, wie ich schon vermutete, nur mit Euren eigenen verrückten Plänen zu tun.«
Der Autarch sah ihn fast schon traurig an. »Ich bin nicht gierig, Olin, was immer Ihr von mir denkt. Wenn ich erst die Macht der Götter zu meiner Verfügung habe, werde ich nicht kleinlich um diese oder jene Burg zanken. Ich werde die himmlischen Paläste auf dem Berg Xandos selbst wieder errichten!«
Olin und Vash konnten Sulepis nur verblüfft und entsetzt anstarren, obwohl der Oberste Minister natürlich alles tat, seine Gefühle zu verbergen.
Fast eine Stunde verharrten sie jetzt schon mitten auf der Küstenstraße. Olin war verstummt, und der Autarch schien darauf konzentriert, seinen Wein zu trinken und eine seiner jungen Dienerinnen zu befingern, während er ihr ins Ohr flüsterte. Vash nutzte den Aufenthalt, um seine Unterlagen durchzusehen — sobald sie den Lagerplatz erreichten, würde er schrecklich viel zu tun haben. Da kam einer der Heerführer des Autarchen an die Sänfte und bat, den Goldenen sprechen zu dürfen. Nach einem kurzen Wortwechsel, bei dem der Heerführer nur flüsterte, schickte der Autarch den Mann weg. Sulepis war einen Moment still, begann dann zu lachen.
»Was ist, o Goldener?«, fragte Vash. »Ist alles in Ordnung?«
»Bestens«, sagte der Autarch. »Das wird leichter, als ich dachte.« Er winkte mit den goldgeschützten Fingern, und die Sänfte setzte sich wieder in Bewegung, wobei die Trägersklaven leise ächzten. »Ihr werdet gleich sehen.«
Es dauerte ein Weilchen, bis Vash erfuhr, was sein Herr gemeint hatte. Als sie eine Straßenbiegung erreicht hatten, erhoben sich die Sklaven und zogen die Vorhänge auf. Einen panischen Moment lang fühlte Vash sich schutzlos preisgegeben, doch dann sah er, warum sie es getan hatten.
Auf der Küstenseite der Brennsbucht lag Südmarkstadt verlassen da. Große Teile waren niedergebrannt oder brannten noch, doch der Rauch und die Flammen waren alles, was sich bewegte.
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