Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemmerung

Die Daemmerung

Titel: Die Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Fleisch vom Leib zu reißen?«
    Er weiß es!
Kettelsmit konnte es nicht hindern — er brach in Tränen aus. »Bei allen Göttern, ich schwöre, so ist es nicht! Sie war ... sie ist ... O bitte, Graf Brone, lasst mich nicht foltern. Ich bin ein armer Mann. Ich wollte nur Gutes. Ihr kennt Elan nicht, sie ist so gut, so schön, und Tolly war so grausam zu ihr ...« Er hielt entsetzt inne, weil er ja wohl alles noch schlimmer machte, indem er den derzeitigen Herrscher von Südmark beschuldigte. »Nein, ich ... sie ... Ihr ...« Kettelsmit fiel nichts mehr ein — er war endgültig verloren. Er verstummte bis auf ein leises Wimmern.
    Eine von Brones struppigen Augenbrauen hob sich. »Tolly? Was hat das mit Tolly zu tun? Rede, Mann, oder ich werde die Sache selbst in die Hand nehmen und gerade noch so viel von dir übriglassen, dass du dein Geständnis vor dem Protektor hervorröcheln kannst.«
    Und Kettelsmit redete — die Worte purzelten ohne den üblichen funkelnden Schliff aus ihm heraus, Erklärungen und Entschuldigungen prallten aufeinander und überkugelten sich wie Schafe, die man einen zu steilen Bergpfad hinabtreibt. Als er geendet hatte, wischte er sich übers Gesicht und linste durch die Finger zu Brone hinüber, der schwieg und scharf nachdachte, dabei aber immer noch so grimmig dreinblickte, als zögerte er, diesen Gesichtsausdruck aufzugeben, weil er wusste, dass er ihn bald wieder brauchen würde.
    »Du bist noch jung, was?«, fragte Brone plötzlich.
    All die üblichen Einwände lagen Kettelsmit schon auf der Zunge, aber er leckte nur über seine trockenen Lippen und sagte: »Ich bin zwanzig, Herr.«
    Der Graf schüttelte den Kopf »Manche der Fehler, die du gemacht hast, hätte ich in deinem Alter wohl auch machen können.« Er warf ihm einen kurzen Blick zu. »Aber das gilt nicht für Elan M'Corys Entführung aus der Burg. Das ist ein Kapitalverbrechen, Junge. Darauf steht das Schaffott.«
    Wieder kamen Kettelsmit die Tränen. »O Götter. Wie bin ich dahin geraten?«
    »Schlechte Gesellschaft«, sagte Brone knapp. »Mit Stückeschreibern und Dichtern herumzulungern, heißt, sich mit Dieben und Verrückten einzulassen — was kann dabei schon Gutes herauskommen? Aber vielleicht ist ja für dich nicht alles vorbei — noch nicht. Falls der Protektor nichts von der Sache mit dem edlen Fräulein M'Cory erführe, könntest du doch noch in Ehren alt werden. Doch ich würde für dich ein Risiko auf mich nehmen, wenn ich etwas wüsste und nicht meldete. Ich würde mich der Beihilfe schuldig machen ...« Er schüttelte düster den Kopf »Nein, ich fürchte, dieses Risiko kann ich nicht eingehen. Ich habe Familie und Ländereien, Gefolgsleute. Es wäre nicht recht ...«
    »O bitte, Graf Brone.« Der Hüne schien ein klein wenig erweicht, nicht gänzlich abgeneigt, Gnade walten zu lassen. Kettelsmit wählte seine Worte so bewegend und überzeugend, wie er irgend konnte. »Bitte — ich habe es nur getan, um ein unschuldiges Mädchen zu retten! Ich werde alles für Euch tun, wenn Ihr mich vor diesem schrecklichen Los bewahrt. Es bräche meiner armen Mutter das Herz.« Was natürlich eine grobe Unwahrheit war: Anamesiya wäre wahrscheinlich entzückt, ihre schlimmsten Prophezeiungen erfüllt zu sehen.
    »Vielleicht. Möglich. Doch wenn ich ein solches Risiko auf mich nehmen soll — dich gehen zu lassen, obwohl ich genau weiß, dass du schuldig bist, und diese Schuld zu vertuschen! —, dann musst du auch etwas für mich tun.«
    »Was immer Ihr wollt. Soll ich für Euch Botschaften überbringen?« Ihm waren Gerüchte zu Ohren gekommen, dass Kennit und die anderen derartige Dienste für Brone verrichtet hatten. »An einen fremden Hof reisen?« Er konnte sich allemal Schlimmeres vorstellen, als seine Mutter, seine Schwierigkeiten und diese ganze düstere Stadt für ein paar Monde zu verlassen.
    »Nein, ich denke, hier kannst du mir mehr nützen«, sagte Brone. »Tatsächlich könnte ich einen Mann gebrauchen, der Zugang zu Hendon Tolly und dessen engerem Kreis hat. Ich habe da eine Reihe Fragen, die ich gern beantwortet hätte, und du, Matty Kettelsmit — du wirst mein Spion sein.«
    »Spion? Ich soll ... Hendon Tolly ausspionieren?«
    »Oh, nicht nur ihn. Ich habe viele Fragen und mancherlei Begehr. Es gibt da auch einen gewissen Gegenstand, über dessen Verbleib ich Bescheid wissen möchte — es könnte sogar sein, dass ich dich bitten werde, ihn mir zu beschaffen. Ich vermute, dass er sich in den Gemächern von

Weitere Kostenlose Bücher