Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Die Daemonen 01 - Die Daemonen

Titel: Die Daemonen 01 - Die Daemonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
selbst.
    Gäus und Irathindur landeten auf dem Boden dieses Saales, inmitten einer aus Myriaden von Einzelteilen bestehenden, sorgfältig ausgeführten Kreidezeichnung. Spiralen, Kreise, Schriftzeichen unterschiedlicher Sprachen, Numerologie, Verse, Tier- und Dämonendarstellungen, Symbole, Skizzen, mathematische und alchemistische Formeln, ganze Bildergeschichten, der Beginn eines Romans, abstrakte Linien und Überkreuzungen, Schraffuren, Ornamente, Pfeilverweise und Bannsprüche. Es war eindeutig, was dies war: der Ort des Endes und des Anfangs. Hier hatte der groβe Magier Orison seinen Bannzauber entfaltet. Hier mündete die Freiheit der Dämonen, und das groβe Kreisen und Vergessen begann.
    Als Gäus und Irathindur bemerkten, dass sie nicht alleine waren in diesem kreideverzierten Saal, lösten sie sich voneinander. Man raufte sich nicht und verschmolz auch nicht vor anderen, selbst nicht als Dämon. Sechs weitere Wesen konnten sie im mangelhaften Licht ausmachen.
    Einen rötlich schimmernden hundeartigen Dämon mit Schlappohren, der Gäus bekannt vorkam. Mit ihm hatte er sich am Tag seiner Flucht aus dem Schlund um die im Strudel davontreibenden Ohrringe des Königs gebalgt und obsiegt. Dann ein bläulich-eisfarbener Dämon, der nur aus klappernden Zähnen zu bestehen schien. Ein grünpelziger mit Kranichschnabel auf sechs Pfoten. Ein krebsartiger mit langwimprigen Stielaugen überall am Körper. Ein weiβliches, hübsch anzuschauendes Gespenst, das einer Mischung aus einem Ziervogel, einer Blume und einer Tänzerin nachempfunden war. Und eine sechste Gestalt, vermummt und beschattet im Hintergrund.
    Der Krebsartige mit den Stielaugen sprach gerade mit trillernder Zwitscherstimme. »… möchte ich abermals darauf hinweisen, dass die beiden Ohrringe des Königs sich noch immer in unmittelbarer Nähe der Strudeloberfläche befinden. Orogontorogon« – er deutete mit einer Schere auf den Hunderartigen – »hat einen dieser Ringe bereits berühren können. Wenn wir also nicht abwarten wollen, bis der Spiegel des Strudels über Jahrhunderte hinweg gestiegen ist, könnten wir in einer Gemeinschaftsaktion Orogontorogon in die Höhe katapultieren. Er könnte in der Lage sein, den ihm vertrauten Ring zu ergreifen.«
    »Mit Sicherheit wäre ich dazu in der Lage«, knurrte der Hundeartige. »Ich pack mir das Ding.«
    »Ich traue ihm aber nicht«, hauchte das hübsche Gespenst mit der Stimme eines jungen Menschenmädchens. »Er könnte sich alleine davonmachen, so wie die beiden anderen es getan haben.«
    Der Hundeartige blaffte das Gespenst an. Das Gespenst fing mit theatralischer Geste an zu weinen. Der sechspfötige Grünpelz mit dem Kranichschnabel breitete zwei an Fledermausflügel gemahnende Ärmchen aus und versuchte, mäβigend auf die Streitenden einzuwirken. »Lasst uns nichts überstürzen. Seit wir diesen Rat gegründet haben, ist es uns gelungen, den Strudel in Unruhe zu versetzen. Diese Unruhe wiederum hat die Neugier des Königs erregt. Diese Neugier wiederumhat zweien von uns zur Flucht verholfen. Eins ergibt sich aus dem anderen. Möglicherweise ergibt sich aus der Flucht unserer zwei Artgenossen auch für uns Übrige eine ganz neuartige Ausgangslage.«
    »Nichts ergibt sich«, klapperte der Eisfarbene panisch mit den Zähnen. »Die beiden haben ausschlieβlich Unfug angerichtet! Aus jedem Blick eines Bittstellers der vergangenen Wochen war das doch zu entnehmen! Das Land liegt im Krieg mit sich selbst, weil zwei Dämonen sich nicht mäβigen konnten!«
    »Unsinn!«, bellte Orogontorogon, der Hundeähnliche. »Der Eine, der Schwarze, ist ein mieser Kerl. Mit dem werde ich noch abrechnen, glaubt mir das! Aber der Dünne ist einer wie wir. Er kämpft gegen den Schwarzen, weil er sich wehren muss! So wie wir uns wehren müssen!«
    »Wehren wogegen?«, zwitscherte der Krebs.
    »Gegen das Chaos!«, pflichtete der Klapperzahn nun hastig dem Hundeartigen bei. »Alles, was uns noch zusammenhält, ist die Erinnerung an das, was wir einstmals gewesen sind. Erinnerungen an Freiheit und Gröβe! Die Welt befindet sich in den Händen der Falschen. Wenn wir die Menschen noch einhundert, zweihundert Jahre sich selbst überlassen, dann wird alles auseinanderbrechen. Jede Erinnerung wird schwinden und durch etwas ersetzt werden, das schnelles, billiges Glück verheiβt.«
    »Aber du hast selbst gerade gesagt, dass auch die beiden geflüchteten Dämonen nichts als Unheil angerichtet haben«, hakte der Krebs nach.
    »Ja,

Weitere Kostenlose Bücher