Die Daemonen 01 - Die Daemonen
Schwertwohl durch den Schädel gedrungen.
Diesen Verlust hatte sie nie richtig verwunden. Die Hand zu verlieren in einem Krieg war eine durchaus akzeptable Sache. Aber die Hand zu verlieren in einem Land, in dem es schon seit vielen Jahrzehnten keine Konflikte mehr gab; die Hand zu verlieren, weil ein Grünschnabel zu dämlich und ungestüm gewesen war, sich das richtige Werkzeug aushändigen zu lassen – daswar an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Jinua hatte ihren Abschied genommen und nutzte ihr gutes Auge für die Ausbildbarkeit junger Männer inzwischen dafür, dem »Inneren Zirkel« neues Menschenmaterial aus den Gossen und Auffanggittern Orisons zuzuführen. Ihr Ratschlag »Nutze die gute Zeit, so lange sie dauert « war Ausdruck ihrer gesamten Lebenserfahrung. Mit einem einzigen unerwarteten Fehlschlag eines einzigen schwer zu berechnenden Gegenübers konnte alles vorbei sein. Inzwischen war selbst der gute König tödlich verunglückt, und auf dem Thron saß ein weinerliches, wisperndes Knäblein.
Wochen später, als Minten gerade seinen elften Gegner in Folge bezwungen hatte, sagte Jinua: »Vielleicht gibt es doch eine Chance für dich, an Guanquer vorbeizukommen. Er ist sieben Jahre älter als du. Eines Tages wird er zu alt sein zum Kämpfen. Er wird in den Ruhestand treten, und wenn du dich dann auf der Rangliste ganz oben befindest, wirst du kampflos sein Titelnachfolger. Das Problem ist nur: Du wirst ja in nicht ganz drei Jahren schon Schluss machen und studieren gehen. Bis dahin wird Guanquer ungeschlagen bleiben. Vielleicht solltest du dich entscheiden, wo deine eigentlichen Ziele liegen.«
Minten lächelte bitter. »Es spielt keine Rolle, wo meine Ziele liegen. Wenn ich Oloc weiterhin feige aus dem Weg gehe, bin ich es nicht wert, in den Ranglisten zu stehen.«
»Jetzt denkst du wieder zu geradeaus. Ich sage dir zum hundertsten Male: Die Ranglisten sind groß genug für euch beide. Lass Oloc seine Sache machen und mach dudeine. Eure Wege haben sich bereits gekreuzt, und du hast gewonnen. Das muss genug sein.«
»Das kann nicht genug sein«, wollte Minten sagen, aber er sparte es sich. Jinua konnte es auch so an seinem Gesicht ablesen, und sie ahnten beide, dass ihre gemeinsame Zeit im »Inneren Zirkel« von etwas abhing, das bereits stattgefunden hatte und wiederholt werden musste.
Wie bei einem Kreislauf, einem Mahlstrom, einem Wirbel, bei dem weitere Hände, weitere Tavernenzechen und weitere Befähigungsprüfungen aufs Spiel gesetzt werden mussten, damit das endlose Kreisen endlich ein Ziel finden konnte.
Die Königin
In Faur Benesands Herzen wandelten sich Begehren und Anbetung langsam, aber sicher in Hass.
Wenn er die Baroness niemals besitzen durfte wenn jeder auβer ihm die Baroness besitzen durfte –, wenn die Baroness sich jedermann luststöhnend feilbot, nur ihm nicht dann konnte er sich ebensogut umbringen, konnte die Baroness umbringen, konnte das gesamte verfluchte Hauptschloss niederbrennen bis auf die Grundmauern und dazu das Lied der Liebe grölen.
In seinen einsamen Nächten berauschte Benesand sich mittlerweile an den einfallsreichsten Folterphantasien. Wie er das schöne Weib langsam, aber sicher in Stücke schnitt und in siedendem Öl briet. Wie sie ihn anflehte und ihm alles geben wollte und auch gab, er aber hohnlachend weitermarterte und sie mit Salz, Pfeffer und Gewürzen bestreute, bis er selbst sich vor Erschöpfung nicht mehr rühren konnte.
Um seinen immer stärker werdenden Hass abzureagieren, fasste der Koordinator der Einnahmen in diesen Wochen das zahlungssäumige Volk härter an denn je.Besonders an jungen, schönen Bauerstöchtern führte er mitgroßem Eifer hochnotpeinliche Befragungen durch–selbstverständlich fern vom Hauptschloss, damit die Baroness nichts davon erfuhr. Mehrmals unterlief es ihm dabei, dass er die armen, überforderten Mädchen in höchster Erregung mit Baroness oder meine Herrin anschrie, aber seine Männer beschlossen, darüber lieber Stillschweigen zu bewahren. Im Volk jedoch gärte Unmut über die neuartige, ungerechte Behandlung, und zwei der übrigen Koordinatoren, nämlich der Koordinator der kirchlichen Angelegenheiten sowie der Koordinator des Handels, bekamen diesen Unmut ebenfalls zu spüren.
Die Baroness hätte sich, als man ihr diese Neuigkeiten hinterbrachte, womöglich mit ihrer neuen lebensbejahenden und ausgeglichenen Natur ordnend und mäßigend um all dies kümmern können wenn Irathindur nicht genau in
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