Die Daemonen 01 - Die Daemonen
bezahlten mit freundlichen Gesichtern. Man kannte und schätzte sich. Der Name der Einhändigen war, wie Minten dabei heraushören konnte, Jinua Ruun.
Nach dem Einkassieren kam Jinua Ruun gut gelaunt zu ihm in die Abtrocknungskammer. »So einen schwerfälligen Vollidioten wie diesen Oloc hätte ich schon fertigmachen können, als ich zwölf Jahre jung war«, grinste sie. »Seine anderen Gegner hatten immer zu viel Schissvor ihm. Du hast deine Angst wenigstens in einen effektiven Angriff verwandelt. Außerdem hat man dir, wie ich sehe, eine anständige Frisur verpasst. Du siehst fast wie ein Mensch aus.«
»Saghi«, erwiderte Minten nur.
»Hm?«
»Nicht Minten Liago aus Kurkjavok, sondern Minten Liago aus Saghi.«
»Ach so! Na, mir soll’s recht sein. Wie sieht’s also aus, Minten Liago aus Saghi? Willst du deine Zeit lieber in Kurkjavok in der Zelle oder der Schublade absitzen, oder reist du für mich von Schloss zu Schloss und hast Spaß?«
»So sieht der Handel aus? Ich muss das noch vier Jahre lang machen?«
»Drei Jahre, erzählte mir der Richter. Dann steht deine Befähigungsprüfung zum Studium an. Wenn du die bestehst, bist du frei. Wenn du durchfällst, musst du noch ein viertes Jahr für mich kämpfen.«
»Hm. Und ich bekomme Zeit zum Lesen und Schreiben üben?«
»Na klar. Du wirst dich gut auf die Kämpfe vorbereiten müssen, sonst gehst du bald unter, aber ansonsten kannst du tun und lassen, was du willst. Allerdings innerhalb bestimmter Grenzen, denn ich bin für dich verantwortlich. Kein Alkohol. Keine Weiber. Keine Schlägereien außerhalb des Rings. Übertrittst du eine dieser Regeln, heißt es: zurück in die Schublade .«
»Keine Weiber für drei Jahre?«
»Wie im Gefängnis, mein Junge. Aber wenn du’s gar nicht mehr aushältst, kann ich dir ja Erleichterung verschaffen. Hiermit.« Sie hielt ihm ihre Linke hin. Haken, Ösen und Messer.
Jetzt grinsten sie beide. Dann gaben sie sich die rechte Hand.
Tatsächlich wurde Minten Liago Jinua Ruuns Liebhaber.
Zwar war sie zehn Jahre älter als er und dermaßen muskulös und kräftig, dass sie ihn jederzeit gegen eine Wand heben und ihn sich einfach nehmen konnte, aber die Beziehung zwischen ihnen entwickelte sich erstaunlich gut. Zweckdienlich und wortkarg. Wenn sie überhaupt redeten, dann spotteten sie meist über andere. Ansonsten ermöglichte sie ihm ein Studium von wertvollen Büchern und führte ihn wie an einer langen Leine von Innerem Schloss zu Innerem Schloss, wo er einen Kampf nach dem anderen absolvierte. Von außen sahen die Schlösser alle unterschiedlich aus, waren spitz oder rundlich, düster oder licht, aber wenn man erst einmal in ihre Eingeweide vorgedrungen war, erwiesen sie sich alle als Blutsverwandte.
Es stellte sich bald heraus, dass Oloc der gefährlichste aller Gegner gewesen war. Die anderen mochten zwar schneller sein, aber keiner hatte diese vernichtende Schlagkraft. Und keiner von ihnen hielt so viele Treffer aus, bis er endlich umfiel. Minten gewann innerhalb von drei Monaten acht Kämpfe, sieben davon vorzeitig durch Niederschlag, den achten, weil sein Gegner ihn frustriert getreten hatte und deshalb disqualifiziert wurde.
Oloc allerdings drängte auf einen Rückkampf. »Ich bin überrumpelt worden«, ließ er überall verlauten. »Noch mal passiert mir das nicht.«
Jinua riet Minten, dieser Herausforderung aus dem Weg zu gehen, aber lange würde das nicht mehr möglich sein. Unabhängig voneinander kämpften Minten und Oloc sich beide in den Ranglisten, die von unabhängigen Kampfbeobachtern geführt wurden, nach oben. Irgendwann würde sich entscheiden müssen, wer von ihnen den amtierenden orisonischen Meister, einen Hünen namens Guanquer, würde herausfordern dürfen.
»Nimm das gute Leben als Hoffnungsträger mit, so lange es andauert«, sagte Jinua zu Minten. »Ehrlich gesagt bezweifle ich nämlich, dass du Oloc noch mal schlagen wirst. Er ist zwar dumm wie ein Feldstein, aber er hat sicherlich seine Lektion aus der Niederlage gelernt.«
»Und Guanquer? Bin ich gut genug, um Guanquer zu schlagen?«
»Nein.«
Jinua redete nicht gerne um den heißen Brei herum. Früher war sie Armeeausbilderin des Königs Tenmac II. gewesen. Eines Tages hatte ihr ein unerfahrener Rekrut, der nicht begriffen hatte, dass man in Übungskämpfen stumpfe Waffen verwendete, mit einem Schwert den linken Unterarm durchtrennt. Wenn sie nicht im letzten Augenblick noch den linken Arm hochgerissen hätte, wäre ihr das
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