Die Daemonen 02 - Freiheit oder Finsternis
sorgen!«
»Kümmere dich doch selbst, Fettwanst.«
»Das ist INSUBORDINATION!«
Orogontorogon ignorierte den lächerlichen Emporkömmling, der sich unter Orisons Schutzschatten aufspielen wollte wie ein menschlicher Heereskoordinator. Culcah begriff es einfach nicht: Sie waren Dämonen, keine Menschen. Was nutzte es Spielregeln aufzustellen, wenn man die Macht hatte, das Spiel nach Gutdünken zu gestalten? Weshalb bremsen, wenn man auf der Lawine reiten konnte? Orogontorogon hatte das Meer gesehen und das Meer begriffen. Die Dämonen waren eine Brandungswelle. Sie würden irgendwann von selbst an Höhe und Kraft verlieren, weil das Land weitläufig war und hinter dem Wolkenpeinigergebirge noch weiterging. Aus der geballten Krallenfaust würde irgendwann eine erschöpft leckende Zunge werden. Aber bis dahin konnte man den Rausch feiern und auf diesem Fest alles umund mitreißen, was sich auch nur halbwegs widerständig im Weg befand.
Er mischte sich unter das angreifende Heer. Tatsächlich hatten hier und dort Verteilungszankereien begonnen. Orogontorogon sah Dämonen, die sich wütend ineinander verkeilt hatten und sich gegenseitig Fleischfetzen aus den Leibern rissen. Culcahs Heer würde seine größten Verluste wahrscheinlich durch innere Streitigkeiten erfahren. Aber das war lustig so. Einhunderttausend waren ohnehin zu viel, als dass jeder noch zu seinem Spaß und seinem Recht gekommen wäre. Schon jetzt gliederten sich die Dämonen in Befehlsempfänger und Befehlsgeber, in Ahnungslose und Orientierte, in Wilde und diejenigen, die im Sinne Orisons planvoll handelten. Orogontorogon verspürte durchaus Respektfür Orison, den größten und machtvollsten Dämon aller Zeiten. Aber Orison hatte ihn nicht ohne Grund in den Dämonenrat berufen. Orogontorogon ahnte, dass es seine Rolle war, der Wildeste unter den Wilden zu sein. Ein Gegengewicht zu Culcahs peinlichem Maßhalten. Nur so konnte der Feldzug wahrlich dämonisch bleiben, und nicht zu einer Parodie auf menschliches Gebaren verkommen.
Es fiel ihm leicht, sich bis an die Mauern durchzudrängeln. Viele im Heer wichen ehrfurchtsvoll vor ihm zurück: Oro Gon Toro Gon vom Rat.
Er konnte sich nicht in die Lüfte erheben, um die Mauer fliegend zu überqueren, und er konnte sich auch nicht emporsaugen wie die schleimigen Kriechtiere das taten, also ließ er sich von einem zwölfarmigen Titanen einfach hinüberwerfen. Auf allen vieren landete er im blutigen Matsch des Innenhofes und witterte sogleich nach lohnender Beute. Alles war in Auflösung begriffen. Die meisten Gebäude brannten bereits. Die schönen schlanken Türme waren nicht mehr blau, sondern loderten in knisterndem Rot. Die Verteidiger waren hingeschlachtetes Fleisch. Kampfgeräusche drangen nur noch aus dem höchsten der Türme. Vielleicht hatte Orogontorogon ja Glück, und er konnte sich einen leibhaftigen Baron vorknöpfen.
Mit einem Bockssprung setzte er über die anderen Dämonen hinweg, die sich zaudernd in der Nähe des Turmeingangs herumdrückten.
»Die anderen Gebäude sehen leichter zu plündern aus«, maulte einer.
»Aber wenn wir uns nicht bald entscheiden, fällt gar nichts mehr für uns ab«, zeterte ein anderer.
Orogontorogon lachte über diese Fußsoldaten. Die waren einfach kein Ratsmaterial. Dabei stand die Tür weit offen. Ihr Rahmen war recht hübsch mit den Überresten dreier Wachtposten geschmückt. Festtagsputz wie zur Einladung.
Der Hundedämon durchquerte den unteren Saal und eilte die Rampen hinauf. Im fünften Stockwerk wurde noch gekämpft. Das letzte Aufgebot der Turmplattformposten hielt sich beherzt – den Vorteil, von oben herab zuschlagen zu können sowie die Krümmung der Wendelrampe geschickt ausnutzend – gegen einen aus viel zu langen Gliedmaßen bestehenden Dämonentrupp. Hielt sich, bis Orogontorogon von hinten durchbrach. Er tötete auch zwei seiner eigenen Leute bei seinem Reißangriff, aber das war ihm gleich. Es gab genügend Dämonen. Genug für zwei Orisons, das Land und seinen Herrscher.
Blutsprudelnd kroch der letzte überlebende Baronsritter rückwärts vor Orogontorogon die Rampe hinauf. Schade, dass er keine Frau war, sonst hätte der Hundedämon ihn lüstern begattet. Aber auch so war es eine Freude, den Helden verrecken zu sehen und mit langer Zunge sein Blut von den Stufen zu schlecken. Der Ritter sagte etwas, das wie »Weiche von mir, Ausgeburt des Schlundes« klang. Vielleicht hieß es aber auch: »Nachgeburt eines Hundes«. Es war
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