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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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der Bescheidenheit . Auf sie, meine Mannen, auf sie!«
    Die Einhundertundsiebzig stürzten sich auf Adain, und der Dämon lächelte.
    Hinterher.
    Hinterher war Gilgel zu Ehrfurcht erstarrt.
    Während des Gemetzels hatte er sich in Sicherheit bringen, sich in Deckung begeben müssen. Blut und Wundwasser spritzten umher, Fleisch und Knochen irrlichterten durch die Luft, hoch ins Blau, hoch an Wände und Fenster. Gilgel wurde von einem Kopf mit einem furchtbar verzerrten Gesicht getroffen und verkroch sich hinter einer Häuserecke. Er wagte kaum hinzuschauen. Die Geräusche alleine verursachten ihm bereits Brechreiz. Wie nass Menschen sich anhörten, wie sie schrien, wenn man sie zerhackte. Und wie sie dennoch nicht aufgaben, weil irgendjemand ihnen einen Befehl oder zumindest einen Ratschlag erteilte, wie man vielleicht, vielleicht überleben könnte.
    Er nahm die Maske ab. Innen schimmerte sie feucht. Er trug sie jetzt schon so lange, dass sich in ihr ein gelblich schimmliger Belag gebildet hatte. Seine Wangen schmerzten an der frischen Luft.
    Er wartete ab.
    Dann schaute er und näherte sich.
    Hinterher.
    Der Dämon stand immer noch aufrecht. Um ihn herum eine Wüste aus hingeschlachtetem Fleisch. Seine beiden Klingenwaffen waren mit Sehnen und Blutgefäßen verhängt wie zum Zeichen einer Freudenfeier. Der Dämon war rot, über und über einfach nur rot wie der riesenhafte Hund, den zu befehlen er vorgegeben hatte, um alles ins Verderben zu reißen.
    Gilgel näherte sich weiter. Der Dämon stand aufrecht, schien aber nicht mehr am Leben zu sein. Er hatte sich auf das Schauerlichste verändert. Die Brüste waren fortgerissen. Sämtliche Rippen lagen frei. In der Seite steckte ihm etwas, das wie ein schwarzer Zacken mit einem roten Hof aussah. Der Kopf war nur noch ein haarloser Schädel. Der Mund ein schwarz zu einem staunenden oder erschöpften Rund geöffnetes Loch, aus dem schwarzer Sirup rann. Die Augen waren fort oder nach drinnen gedroschen. Der Leib dampfte in der Morgenstimmung. Alles an ihm war aufgebrochen, roh und gleichzeitig verströmt. Er war seiner Menschenähnlichkeit entledigt.
    Die ganze Straße hatte diesen Charakter. Rote, gelbe und braune Lachen suppten umher und gurgelten in noch nicht verklumpter Bewegung. Die Häuser und ihre Fenster sahen aus, als hätte es zwischen ihnen Explosionen von rostbrauner Farbe gegeben.
    Im Hintergrund bewegten sich die Miralbras , ruckten an, ausgemergelte Frauen in den Wanten, die Befehle so heiser, dass sie wie Flehen klangen.
    Gilgel näherte sich dem schwarzen Mund des Dämons. Er wollte wissen, ob da noch ein Atem war. Da er die Kapitänsmaske nicht mehr trug, hoffte er, etwas spüren zu können.
    Der Dämonenleib regte sich nicht. Er stand aufgestützt auf seine beiden Klingen, die nun wie Luftwurzeln waren. Wie bleierne Krücken. Wie schwarze Säulen, die etwas Rotes aufrechterhielten.
    Er konnte keinen Atem spüren. Aber etwas raschelte, knisterte im Inneren des Leibes. Hinter den Rippen bewegte sich etwas. Gilgel wich zwei Schritte zurück, glitt beinahe aus in den feuchten Innereien, die überall herumlagen wie weichgekochte Schlangen.
    Die Rippen der bescheidenen Hausfrau bogen sich nach außen, und aus dem Bauchraum glitt Adain. Adain, wie er sich im Dämonenschlund zuerst ausgeformt hatte: schmale, grünlich schimmernde Gliedmaßen, das linke Bein und der linke Arm kürzer als das rechte Bein und der rechte Arm, dunkelblaue Augen mit langen Wimpern. Er platschte feucht und verklebt auf den Boden, schüttelte sich, machte ein Geräusch wie ein sehr junges Kätzchen und rappelte sich dann langsam hoch. Er hatte so viel Fremdsubstanz in sich aufgesogen, war dermaßen mit Blut und Gekrösesäften überschüttet, mit zerfaserten Gliedmaßen beworfen, von Getöteten begrabscht und mit ihrem geheimsten Innersten gefüttert worden, dass er kein Bewusstsein mehr besaß, wo er endete oder anfing, und dass der Leichenfleischberg ringsum etwas anderes war als Adain selbst. Er brauchte einige Momente, um sich zu sammeln, sich an seinen alten Körper zu erinnern und zu gewöhnen und um seine Sprache wiederzufinden.
    »Es war ein Fehler«, sagte er mit sanfter Stimme. »Wie ein Mensch aussehen zu wollen. Orison hat diesen Fehler auch gemacht. Und wohin führt es? Dass man wie ein Mensch denkt und handelt. Und so etwas wie das hier verursacht. Aber es ist wirklich schwer, dieser Versuchung zu widerstehen, nicht wahr, Gilgel? Du zehnte Umdrehung ? Was für eine

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