Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
alle Hände voll zu tun, sinnvolle Kommandos zu geben, damit das meiste aus dieser lauen Brise herausgemolken werden konnte. Niemand antwortete auf Adains Frage.
»Wer bestimmt die Richtung?«, hakte er nach.
»Nach Aztrivavez«, sagte die Steuerfrau Zimde.
»In Flottille mit den anderen«, gab Jitenji beinahe zaghaft wieder, was Zimde vorhin gerufen hatte.
»Und dann?« Adain sprach sie direkt an, indem er drei aufgrund seines verkürzten Beines wackelige Schritte auf sie zu machte. »Geht es dann immer so weiter? Sie überfallen euch und sterben, dann überfallt ihr sie und sterbt. Zwischendurch werden welche gefangen genommen und müssen gegeneinander kämpfen oder zu Schmutzgebilden erstarren wie ihr. Ihr führt ein elendes Leben, ihr Menschen am Rande der Wüste.«
»Gibt es denn ein anderes?«, fragte Koaron.
»Schon möglich. Aber ihr müsstet mir folgen.«
»Wohin?«, fragten beide Steuerfrauen gleichzeitig.
»Zuerst nach Witercarz. Dann zur Mitte. Von dort aus nach Norden. Dann sehen wir weiter.«
»Witercarz ist nur mehr eine Legende aus uralten Zeiten«, sagte Tibe. »Die Mitte ist uns verboten. Und im Norden lebt nichts mehr, von dort kam die große Weiß-Sagung.«
»Ja, ich weiß«, nickte Adain. »Aus der Senke von Zegwicu. Ich bin gespannt, was wir dort vorfänden, wenn wir uns dort hinwagen würden. Alles ist besser als eine neuerliche Flottille.«
»Warum?«, fragte Glai.
»Weil die Bescheidenen die Spuren der Flottille verfolgen werden. Sie sind ausgeruhter und besser ausgerüstet als die Fliehenden. Sie sind in der Überzahl. Und sie sind gerecht zornig wegen der annähernd zweihundert Toten, die euer Ausbruch gefordert hat. Sie werden die Flottille aufbringen und ausmerzen. Eine zweite Gefangenschaft wird es nicht geben.«
»Aber wenn wir uns trennen von den anderen«, gab Bakenala zu bedenken, »dann kann man unserer Spur ebenfalls folgen. Und wir haben kein Wasser und keinen Proviant an Bord.«
»Deshalb fahren wir nach Witercarz. Die anderen Flüchtenden werden zu der Ruine fahren, die wir auf dem Hinweg erobert haben, um sich dort aus dem Brunnen und dem Vorrat zu versorgen. Wir aber fahren ins Witercarz-Gebirge. Das ist von hier aus nicht viel weiter entfernt als die Ruine.«
»Und wenn dort nichts mehr ist?«, fragte Jitenji bang.
»Oh, dort gibt es etwas. Etwas Fremdes und Neuartiges, das womöglich Hoffnung birgt. Ich konnte es rascheln hören vom Grunde des Schlundes aus. Doch zuvor, zuvor segeln wir zur Küste. Damit ihr euch waschen könnt und erfrischen.«
Adain konnte sehen, wie die Aussicht auf ein Bad in kühlem Meereswasser Wellen in die Gesichter seiner Zuhörer zauberte. »Und die Verfolger?«, fragte der jüngere der beiden Kirrer.
Adain lächelte und zwinkerte erneut. »Die werden wir mit einem einfachen Trick los. Die anderen Fliehenden segeln alle in ihr Verderben, ihnen ist nicht zu helfen. Wenn ihr jedoch tut, was ich euch sage, werdet ihr den Bescheidenen als Einzige entkommen.«
Die Mannschaft schwieg. Dann war es Glai, die fragte: »Gibt es keine Möglichkeit, die anderen ebenfalls zu retten?«
Adain schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein. Jemand muss die falsche Fährte legen, damit wenigstens wir entkommen können.«
»Das ist aber nicht … gerecht«, sagte Glai. »Wir waren alle gemeinsam gefangen.«
»Dann sterbt auch alle gemeinsam. Vielleicht habe ich euch lange genug den Rücken freigehalten.« Adain machte tatsächlich Anstalten, zur Reling zurückzuhumpeln.
»Halt«, gebot da das Schiffsmädchen Voy. Alle sahen sie erstaunt an. Ihre Stimme hatte so fest geklungen, dass man sie kaum hatte erkennen können. »Es gibt keinen Kapitän an Bord. Niemand hat eine festere Bindung zu diesem Schiff als ich, also habe ich jetzt eine Stimme.« Ihr Blick wanderte an Adains Schwertern entlang. »Adain hat uns aus diesem … Loch herausgeholt, das wird wohl keiner bestreiten. Und Adain hat uns auch diese ganzen Männer mit ihren zackigen Keulen vom Leib gehalten.« Sie brachte da etwas durcheinander, aber alle wussten, was sie meinte, und unterbrachen sie nicht. »Ich schlage vor, dass Adain nun unsere … Kapitänin? … unser Kapitän ist.« Sie hatte in Adains Gesicht zu lesen versucht, als sie »Kapitänin« sagte. Adain empfand sich nun weder als Frau noch als Mann, aber »der Dämon« war ein männliches Wort, also schien ihm »der Kapitän« angemessen zu sein. Voy hatte das erkannt und fuhr nun fort: »Unser alter Kapitän Renech weilt nicht
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