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Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten

Titel: Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wahnwitzig, durch Matsch zu segeln.«
    »Aber wir haben keine Steuerfrauen mehr.«
    Koaron begriff nicht, worauf sie hinauswollte, oder sein Gehirn weigerte sich, es zu begreifen. »Umso wahnwitziger wäre es.«
    Adain lächelte ihn entwaffnend an. »Du sagst nicht, dass es unmöglich ist. Du sagst nur, dass es gefährlich ist. Nun, eine von uns dreien liegt im Sterben. Meinst du nicht, ihr Nahrung zu verschaffen ist es wert, ein Risiko einzugehen?«
    »Aber welche Nahrung? Wo? Hier im Norden gibt es nichts mehr. Und in den Wolkenbergen erst recht nicht!«
    »Wenn ich eines bislang über diese Wüste gelernt habe, dann, dass es nirgendwo nichts gibt.«
    »Ich soll also durch den Matsch schlittern? Über unsichtbaren Grund?«
    »Das, oder wir sehen Voy beim Sterben zu und lieben uns dabei vor Langeweile.«
    Koaron schien erstarrt zu sein. Nur das Regenwasser tropfte von seinen Haarspitzen.
    Dann wuchteten sie zu zweit das Beiboot wieder auf die Räder, verstauten die leise wimmernde Voy auf dem winzigen Deck und schlingerten davon, durch aufspritzendes Wasser und sprühenden Morast.
    Mehrmals knirschte es unter den Rädern, als sie eine vom Matsch verborgene Glasschäre überfuhren. Eine Miralbra wäre aufgrund ihres größeren Gewichts womöglich ihrer Räder verlustig gegangen, die Uthlen jedoch schrammte glimpflich darüber hinweg.
    Einmal bemerkte Koaron gerade noch rechtzeitig einen Feinsandtrichter, der sich im Regen in eine an einen Strudel gemahnende, klebrige Senke verwandelt hatte. Er riss das Segel herum und passierte die Gefahrenstelle am äußeren Rand, wo die äußeren Räder schon beinahe keinen Grund mehr hatten, aber er schaffte es.
    Eine Treibkieszone dagegen erblickte er nicht rechtzeitig, jedoch war diese durch das Regenwasser weitestgehend entschärft. Statt dass das Beiboot unaufhaltsam in die Tiefe gesaugt und verschlungen wurde, fuhr es sich einfach in einem zunehmend flüssiger werdenden Moor fest. Adain und Koaron mussten es mit vereinten Kräften an einem Tau einige Schritt weit rückwärts ziehen, dann konnte die Reise weitergehen.
    Voys Sterben war furchtbar. Manchmal stöhnte sie mit der Stimme eines alten Mannes. Ihr Gesicht war eingesunken und hässlich, ihre Mundwinkel rissig. Sogar Mitesser bildeten sich auf ihrer Haut, wahrscheinlich eine Mangelerscheinung. Koaron blendete das weitgehend aus – er hatte zu viel zu tun mit dem Segeln, und wenn Adain ihm eine Pause zugestand, schlief er erschöpft und offenmündig wie ein Toter.
    Adain dagegen war gleichzeitig fasziniert und angewidert vom langsamen Zerfallen des Schiffsmädchens. Der Tod auf dem Schlachtfeld hatte etwas Ekelhaftes, aber dieses langsame Verrecken war noch viel entwürdigender. Dass dieses Mädchen so vielen Menschen geschlechtliches Vergnügen bereitet hatte, war jetzt kaum noch glaubwürdig.
    Sie wollte nicht, dass Voy starb. Warum, wusste Adain selbst nicht so genau.
    Geduldig verabreichte sie ihr Gewitterwasser, das sie in Gefäße geschöpft hatte. Sie streichelte ihr das stumpf und spröde werdende Haar. Einmal sang sie sogar beinahe so etwas wie ein Lied für sie, eines ohne Text, das nur aus einer endlos dahinerfundenen Melodie bestand. Voy reagierte nicht, röchelte nur. Adain ahnte, dass sie die kommende Nacht nicht überstehen würde.
    In der Dämmerung musste Koaron anhalten, weil er vor Müdigkeit beinahe vom Steuersitz fiel. Auch der Junge war für körperliche Ablenkung nicht mehr zu gebrauchen.
    Adain nahm Die Stimme und Das Schweigen und ging davon in die Nacht. Sie wollte herausfinden, ob es tatsächlich einen ordnenden Gott gab oder zumindest ein ordnendes Geschick oder ob alles, was sich ereignete, nur reiner Zufall war und Orisons großer Plan durch Orisons Tod abgeschlossen.
    Adain suchte nicht weniger als ein Wunder und fand eins. Ein Wunder, das nicht weniger monströs war als diese ausgelaugte Welt.
    Zwischen den Schatten bewegte sich ein weiterer Schatten.
    Zuerst hielt Adain ihn für einen Wüstendämon, doch diese waren entweder sehr leise oder sehr langsam, jedenfalls geisterhaft und diskret. Dieser Schatten dagegen krabbelte, raschelte und knisterte, ein annähernd hausgroßes Ding mit etlichen Beinen.
    Als Adain sich ihrer Sinneswahrnehmungen sicher wurde, setzte sie dem Schatten nach. Es war eine Spinne oder eine sehr behaarte Krabbe, riesig, hektisch, nach unirdischen Körpersekreten riechend – und zweifelsfrei ein Original, keine verallgemeinerte Nachbildung. Als die Spinne den

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