Die Daemonen 03 - Am Ende der Zeiten
Sondern eher das, was ein Arzt tat, um jemanden wieder zu Sinnen zu bringen. Aber hatte er, der Kapitän, denn wirklich die Sinne verloren? Wie hatte das geschehen können?
Wie hatte der Gäus seine Stacheln abgesprengt, ohne selbst daran zu sterben?
Renech hoffte, dass die fünfzehn Mannshohen in ihrem Schlepptau alle diesbezüglichen Fragen irrelevant machen würden.
Auftrag erfüllt. Über erfüllt sogar.
Ein Mann verloren. Aber eine Kriegerin aus dem Dämonenschlund gewonnen. Wer weiß, wozu die noch gut sein konnte im endlosen Kampf gegen die Bescheidenen .
Zwei Beiboote eingebüßt, die Harpune Blannitts Fluch , Gilgels Glasharpune, aber immerhin nicht die Maske, die hatte Gilgel an sich genommen, um sie sicher zu verwahren, bis der Kapitän sie wieder brauchen würde.
Ja, so und nicht anders musste es sein.
Der Kapitän drückte sein Kreuz durch und kämpfte gegen die Müdigkeit, die ihn aushöhlte.
Die Wüste.
Die Wüste war ein fahles Leinentuch, unter dem sich die Konturen des Todes abzeichneten.
Die Miralbra Vii schnitt durch dieses Tuch, golden beleuchtet von ihren sparsamen Deckslaternen, verfolgt von betörten Gespenstern, aber ansonsten einsam im unendlich knirschenden Mondlicht.
Nach einigen Stunden löste Adain Koaron ab. Der Junge konnte sich kaum noch in den Wanten halten. Er schlurfte unter Deck, um sich immerhin drei Stunden auszuruhen. Mehr als drei Stunden hatte der Käpt’n ihm nicht zugebilligt.
Adain kletterte hinauf in den Sandwind und fand sich neben Gilgel und Jitenji an den Segeln.
Von dem Mann mit der Fratzenmaske und den im Dunkeln leuchtenden Symbolen auf der Kleidung ging eine unheilvolle Spannung aus, die durchaus auch geschlechtlicher Natur war. Adain verzeichnete dies mit regem Interesse. Sie fand auch interessant, dass sie die Krakeleien auf seiner Kleidung nicht lesen konnte. Fast schien es, als stammten sie nicht aus Orisons Reich, als seien sie keinem der Zeichen an den Wänden der großen Ratshalle verwandt. Sie überlegte, ob sie ein Gespräch anfangen sollte. Doch Gilgel starrte ihr nur mit dieser Kriegsfratzenmaske entgegen, als wollte er auch ihre Worte auf Abstand halten.
Adains Dienst an den Segeln war einfach. Glai rief nur zweimal Kommandos, nachdem Tibe ihr vom Bug her Zeichen gegeben hatte. Beide Male brauchte Adain nur nachzuäffen, was Jitenji neben ihr machte. Das war leicht zu lernen. Das Deck des Schiffes sah von hier oben aus wie aus den gelben Wirkkreisen der verstreuten Laternen zusammengesetzt und ansonsten löcherig. Der Ausblick über die Wüste war atemberaubend.
Einmal sah Adain weit hinten in den Dünen eine Bewegung. Es war nicht nur ein Sehen , sie hatte sogar das Gefühl, diese Bewegung tief drinnen in ihrem Inneren spüren zu können.
»Ruht die Wüste eigentlich jemals?«, fragte sie Jitenji.
Die schien gerade in ihrem sicheren Schlaufensitz ein wenig eingenickt zu sein. »Hm?«
»Schläft sie in der Nacht, ohne Neues zu gebären?«
»Die Wüste? Die gebärt doch nichts. Die ist totes Land.«
»Und dennoch leben Geister in ihr, die ihr zu fangen trachtet.«
»Ja. Dämonen. Aber die sind doch auch kein richtiges Leben.«
Adain lächelte und schwieg.
Nach drei Stunden durfte Gilgel, der sich ebenfalls beim Kampf gegen den Gäus verausgabt hatte, für drei Stunden unter Deck. Er weckte Koaron, und dieser nahm Gilgels Position in den Wanten ein.
Der Kapitän kämpfte noch immer gegen den Schlaf. So lange seine Leute wachen mussten, wollte er nicht zurückstehen. Nicht nach den Ohrfeigen. Nicht nach den Verlusten.
Voy schippte Sand.
Zemu hatte sich neben Bakenala auf die Pritsche gelegt und döste, soweit das Ruckeln der Räder es ihm erlaubte.
Die Sonne hielt sich immer noch hinter der Nacht verborgen.
Koaron betrachtete Adain verstohlen, wagte es aber nicht, sie anzusprechen. Seit sie ihn wie im Tanz umhergewirbelt hatte, war all sein Mut ihr gegenüber entschwunden.
Adain betrachtete aufmerksam den hinteren Horizont, wo sich ab und zu diese Bewegung spüren ließ. Etwas folgte ihnen. Etwas, das so groß war, dass es in ihrem Inneren widerhallte. Sie führten dieses Etwas zur Stadt, nach Aztrivavez. Aber was sollte sie machen? Den Kapitän verständigen? Wie sollte sie ihm begreiflich machen, dass sie selbst nicht wusste, was sich dort an die Fersen der Sammler oder der versammelten Psells gehaftet hatte? Den Kapitän zu einer Kursänderung zwingen? Das würde ihn, der schon angeknackst genug war, endgültig
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