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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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besser.«
    »Sie haben ganz Recht. Man hat mich nicht zur Besichtigung der Entführungsorte eingeladen. Ich habe weder die Häuser der Opfer noch ihre Autos oder auch nur einen einzigen Tatort zu Gesicht bekommen.«
    »Tja, das hätten Sie aber sollen«, erwidert Scarpetta. »Wenn jemand entführt wird und man von einem Mord ausgeht, muss die Polizei Ihnen doch die Möglichkeit geben, sich alles anzusehen, und Ihnen sämtliche Details offen legen. Sie sollten über alles im Bilde sein.«
    »Sollte interessiert hier einen Dreck.«
    »Wie viele der entführten Frauen kommen - oder kamen - aus Ihrem Bezirk?«
    »Bis jetzt sieben.«
    »Und Sie waren nicht an einem einzigen Entführungsort? Tut mir Leid, dass ich Sie ständig dasselbe frage. Aber ich fasse es nicht. Und jetzt existieren diese Tatorte nicht mehr, richtig?«
    »Die Fälle sind so kalt wie ein Eisblock«, antwortet Lanier. »Vermutlich sind die Autos noch in Polizeigewahrsam, zumindest eine gute Nachricht. Aber einen Parkplatz oder ein Haus kann man schließlich nicht ewig sperren. Ich habe keine Ahnung, was mit den Häusern der Opfer passiert ist.« Er hält inne und hustet. »Es wird wieder geschehen. Bald. Er steigert seine Gewalttätigkeit.«

62
    Der Himmel verfärbt sich schmutzigblau und wird dunstig. Der Wind frischt auf.
    Während Scarpetta mit Dr. Lanier telefoniert, kramt sie in den Papieren und stößt auf eine Kopie der Sterbeurkunde, die zusammengefaltet in einem Umschlag steckt. Das Dokument ist nicht beglaubigt und hätte Dr. Laniers Büro nie verlassen dürfen. Nur das Standesamt ist berechtigt, Scarpetta oder anderen darum nachsuchenden Personen eine Kopie zukommen zu lassen - und zwar eine beglaubigte. Als Scarpetta Chefpathologin war, hätte keine ihrer Sachbearbeiterinnen sich einen derart schweren Schnitzer erlaubt.
    Sie erwähnt die problematische Kopie der Sterbeurkunde und fügt hinzu: »Ich will Ihnen ja nicht reinreden, wie Sie Ihr Büro führen sollen, aber ich finde, Sie müssen wissen ...«
    »Verdammt!«, ruft er aus. »Dreimal dürfen Sie raten, welcheSachbearbeiterin das war. Und glauben Sie bloß nicht, dass es sich um ein Versehen handelt. Manche Leute hier würden sich ins Fäustchen lachen, wenn ich Schwierigkeiten kriege.«
    Der Geburtsname auf der Sterbeurkunde lautet De Nardi. Der Vater heißt Bernard De Nardi, die Mutter Sylvie Gaillot De Nardi.
    Charlotte De Nardi wurde in Paris geboren.
    »Dr. Scarpetta?«
    Im Hintergrund hört sie Laniers heisere Stimme und sein Husten. Doch sie grübelt über die entführten Frauen, Charlotte Dards verdächtigen Tod und die Informationssperre nach, die dafür sorgt, dass selbst der Leichenbeschauer im Dunkeln tappt. Die Justiz in Louisiana ist für Korruption berüchtigt.
    »Dr. Scarpetta? Sind Sie noch dran? Ist die Verbindung gestört?«
    Jean-Baptiste Chandonne soll bald sterben.
    »Hallo?«
    »Dr. Lanier«, sagt Scarpetta schließlich. »Ich muss Sie etwas fragen. Wo haben Sie von mir gehört?«
    »Ach, gut. Ich dachte schon, wir wären getrennt worden. Es war eine indirekte Empfehlung, und zwar eine ziemlich unorthodoxe, die mir riet, mich mit Pete Marino in Verbindung zu setzen. So bin ich auf Sie gekommen.«
    »Eine unorthodoxe Empfehlung von wem?«
    »Einem Typen im Todestrakt«, antwortet Lanier nach einem Hustenanfall.
    »Darf ich raten? Jean-Baptiste Chandonne.«
    »Es überrascht mich nicht, dass Sie dahinter gekommen sind. Wie ich zugeben muss, habe ich Nachforschungen angestellt. Sie haben ja etwas ziemlich Scheußliches mit ihm erlebt.«
    »Reden wir nicht darüber«, erwidert sie. »Bestimmt ist er auch die Quelle Ihrer Informationen über Charlotte Dard. Und erinnern Sie sich an Ro cco Caggiano, der den geheimnis vollen, angeblich nach Palm Desert geflohenen Apotheker vertreten hat? Er ist auch Chandonnes Anwalt.«
    »Das wusste ich nicht. Glauben Sie, dass Chandonne etwas mit Charlotte Dards Tod zu tun hat?«
    »Ich wette, entweder er oder jemand aus seiner Familie hatte die Finger im Spiel«, erwidert Scarpetta.

63
    Lucy ist ungeduscht; ihr übliches Büroverhalten wird von Erschöpfung und posttraumatischem Stress beeinträchtigt, obwohl sie das nie zugeben würde.
    Ihre Kleider sehen aus, als hätte sie darin geschlafen, was auch den Tatsachen entspricht - sie hat es sogar zwei Mal getan. Einmal in Berlin, weil der Flug ausgefallen ist, und anschließend in Heathrow, wo Rudy und sie drei Stunden auf die Maschine gewartet haben, die sie acht Stunden später,

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