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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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der Größe und sucht einen in 95 D. Nachdem sie ein Exemplar in Schwarz entdeckt hat, schiebt sie es in den Ärmel ihres dunkelgrünen Regenmantels. Dem BH folgen zwei Bikinislips Größe L. Unterwäsche und andere Dinge ohne Sicherheitsetikett zu stehlen, ist so einfach, dass Bev sich fragt, warum nicht alle es tun. Sie fürchtet sich nicht vor den Konsequenzen. In ihrem Gehirn schrillt kein Warnsignal, wenn sie ein Verbrechen plant, ganz gleich, wie schwer es auch sein mag. Auf ihrem Radarschirm sind nur Gelegenheiten zu sehen, manche besser und verheißungsvoller als andere - so wie zum Beispiel die Frau, die gerade in die Bastelabteilung geschlendert ist und sich offenbar für Stickmaterialien interessiert.
    Der bloße Gedanke an ein so dämliches Hausfrauenhobby erfüllt Bev mit Verachtung, und sie kommt sofort zu dem Schluss, dass die attraktive Blondine in Jeans und hellblauer Jacke naiv sein muss.
    Ein Lamm.
    Bev stöbert weiter am Ständer mit der Unterwäsche. Das Ziel auf ihrem Radar blinkt mit jeder Sekunde heller, ihr Puls beschleunigt sich, ihre Handflächen werden feucht.
    Die Frau legt buntes Stickgarn und eine Vorlage mit Adler und Flagge in ihren Einkaufswagen. Eine Patriotin also, denkt Bev. Vielleicht hat sie einen Mann oder Freund beim Militär, der zurzeit nicht da ist, möglicherweise noch im Irak. Sie ist mindestens fünfunddreißig oder eher vierzig. Kann sein, dass ihr Mann bei der Nationalgarde ist.
    Der Einkaufswagen rollt weiter und kommt näher.
    Bev riecht Parfüm. Den Duft kennt sie nicht, vermutlich teuer. Die Frau hat schlanke Beine und eine gute Haltung. Sie trainiert im Fitnessstudio. Sie hat genug Freizeit. Falls sie Kinder hat, kann sie sich offenbar jemanden leisten, der sie beaufsichtigt, während sie zum Sport oder vielleicht zum Friseur geht.
    Bev betrachtet einen Zettel, eine Einkaufsliste, und tut so, als hätte sie die Frau nicht bemerkt, die im Gang stehen bleibt und den Ständer mit der Wäsche ansieht. Offenbar will sie ihrem Mann eine Freude machen.
    Ein Lamm.
    Gut aussehend. Und eine Ausstrahlung, die auf Bev intelligent wirkt.
    Bev spürt es, wenn jemand klug ist. Die Leute brauchen kein Wort von sich zu geben, da der Rest von ihnen es aussagt. Die Frau schiebt ihren Einkaufswagen geradewegs auf den Ständer zu. Nun ist sie keine dreißig Zentimeter mehr von Bev entfernt. Ihr Parfüm kriecht in Bevs Nebenhöhlen und bohrt sich in ihren Schädel. Bevs Blick wird nadelspitz, als die Frau den Reißverschluss ihrer Jacke aufzieht, einen durchsichtigen BH vom Ständer nimmt und ihn sich an die festen, üppigen Brüste hält.
    Hass und Neid bringen jeden Nerv und jeden Muskel in Bevs matronenhaftem Körper zum Vibrieren. Kalter Schweiß steht auf ihrer Oberlippe. Sie schlendert in Richtung Herrensportschuhe, während die Frau zum Mobiltelefon greift und eine Nummer wählt. Irgendwo läutet es einige Sekunden lang.
    »Liebling?«, sagt sie zärtlich und vergnügt. »Ich bin immer noch hier. So ein Riesenladen.« Sie lacht auf. »Ich mag den Wal- Mart am Acadian lieber.« Wieder lacht sie. »Tja, vielleicht mache ich das, wenn du ganz sicher nichts dagegen hast.«
    Sie streckt den linken Arm aus und schaut auf die Uhr, die unter ihrem Ärmel hervorlugt. Es ist eine Uhr, wie Jogger sie tragen. Bev hätte eigentlich mit etwas Teurerem gerechnet.

45
    Ein leichter Nieselregen glänzt feucht auf den Straßen von Stettin, als Lucy sich dem Radisson Hotel nähert.
    Diesmal braucht sie nicht zu warten, bis die Empfangsdame die Rezeption verlässt. Die Hotelhalle ist menschenleer. Ruhig, aber schnellen Schrittes tritt sie ein und geht zum Aufzug. Sie will schon auf den Knopf drücken, als sich die Türen öffnen. Ein sehr betrunkener Mann taumelt heraus und rempelt sie an.
    »Tschulligung«, lallt er so laut, dass Lucy erschrickt, und einen Moment lang kann sie nicht mehr klar denken.
    Was soll ich tun? Was soll ich tun?
    »So was Hübsches wie Sie ist mir schon lang nicht mehr untergekommen!«
    Seine Sprache ist schleppend wie nach einer Betäubungsspritze, und er schreit beinahe, während er Lucy lüstern anglotzt und sie, angefangen bei ihrem Haar bis zum Dekollete und den Cowboystiefeln aus Satin, mustert. Er verkündet, dass in Zimmer 301 eine tolle Party steigt, zu der sie unbedingt kommen muss. Immer weiter und weiter redet er. Ach, wie wunderschön und sexy sie ist und ganz bestimmt aus Amerika. Er selbst ist aus Chicago, vor kurzem nach Deutschland versetzt worden und sehr

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