Die Dämonen
seine Neigung schien erwidert zu werden. Aber dennoch gab man Amalie, als die Zeit da war, einem alten deutschen Fabrikbesitzer, einem alten Freunde des alten Generals, zur Frau. Andrei Antonowitsch vergoß darüber nicht viele Tränen, sondern klebte sich aus Pappe ein Theater zusammen. Der Vorhang ging in die Höhe; die Schauspieler traten heraus und gestikulierten mit den Händen; in den Logen saß das Publikum; das Orchester fuhr mittels einer kleinen Maschinerie mit den Violinbögen über die Violinen; der Kapellmeister schwang den Taktstock; die Kavaliere und Offiziere im Parkett klatschten in die Hände. Alles war aus Pappe gemacht; alles hatte v. Lembke selbst ersonnen und gearbeitet; er hatte an dem Theater ein halbes Jahr gearbeitet. Der General gab expreß eine intime Abendgesellschaft; das Theater wurde zur Schau gestellt; die sämtlichen fünf Töchter des Generals, einschließlich der neuvermählten Amalie, ihr Fabrikbesitzer und viele deutsche Fräulein und Frauen nebst deren Männern nahmen das Theater aufmerksam in Augenschein und lobten es sehr; nachher wurde getanzt. Lembke war sehr zufrieden und tröstete sich bald.
Die Jahre gingen dahin, und seine Karriere gestaltete sich günstig. Er bekleidete immer Ämter, bei denen man auf ihn aufmerksam wurde, und immer unter Landsleuten als Vorgesetzten, und erreichte schließlich eine für seine Jahre sehr ansehnliche Stellung. Er hatte schon lange den Wunsch sich zu verheiraten und hielt schon lange vorsichtig Umschau. Ohne Wissen seines Vorgesetzten sandte er der Redaktion einer Zeitschrift eine Novelle ein; aber sie wurde nicht gedruckt. Dafür klebte er einen ganzen Eisenbahnzug, und wieder kam etwas sehr Wohlgelungenes heraus: das Publikum ging mit Koffern und Reisetaschen, Kindern und Hunden aus dem Wartesaal und in die Waggons. Die Schaffner und Beamten liefen hin und her; eine Glocke ertönte, das Abfahrtssignal wurde gegeben, und der Zug setzte sich in Bewegung. Über diesem klugen Kunstwerke hatte er ein ganzes Jahr gesessen. Aber er mußte sich nun doch verheiraten. Der Kreis seiner Bekanntschaften war ein ziemlich ausgedehnter, vorzugsweise in der deutschen Gesellschaft; aber er verkehrte auch in der russischen Sphäre, natürlich bei Vorgesetzten. Endlich, als er schon achtunddreißig Jahre alt war, fiel ihm eine Erbschaft zu. Sein Onkel, der Bäcker, starb und hinterließ ihm testamentarisch dreizehntausend Rubel. Das kam ihm sehr zupaß. Herr v. Lembke war trotz seines ziemlich hohen Dienstranges ein sehr bescheidener Mensch. Er würde sich gern mit irgendeiner kleinen selbständigen Stellung begnügt haben, in der er etwa fiskalisches Holz nach seinen eigenen Dispositionen abzunehmen gehabt oder sich einer ähnlichen Annehmlichkeit erfreut hätte, und wäre darin ruhig sein Lebelang verblieben. Aber da kam ihm statt einer erwarteten Minna oder Ernestine auf einmal Julija Michailowna in den Wurf. Seine Karriere erhielt mit einem Schlage für ihn eine erhöhte Wichtigkeit. Der bescheidene, gewissenhafte v. Lembke fühlte, daß auch er selbstbewußt sein konnte.
Julija Michailowna besaß nach alter Rechnung zweihundert Seelen und erfreute sich außerdem guter Protektion. Auf der andern Seite war v. Lembke ein hübscher Mann, und sie hatte bereits das vierzigste Lebensjahr überschritten. Es ist bemerkenswert, daß er sich ganz allmählich in sie verliebte und tatsächlich um so mehr, je mehr er sich in seine Stellung als Bräutigam hineinfand. Am Morgen des Hochzeitstages sandte er ihr Verse. Ihr gefiel dies alles sehr, selbst die Verse: vierzig Jahre sind kein Spaß. Bald darauf erhielt er ein höheres Amt und einen höheren Orden und wurde in der Folge zum Gouverneur unseres Gouvernements ernannt.
Als sie sich anschickten, zu uns zu ziehen, begann Julija Michailowna eifrig an ihrem Gatten zu arbeiten. Er war nach ihrer Meinung nicht unbefähigt, verstand, in einen Salon einzutreten und sich in gutem Lichte zu zeigen, auch tiefsinnig zuzuhören und zu schweigen; er besaß sehr anständige Manieren, konnte sogar Reden halten, hatte sogar einige Gedankenpartikelchen aufzuweisen und trug die Politur des neuesten unumgänglich notwendigen Liberalismus. Aber doch beunruhigte es sie, daß er bereits recht unregsam war und nach einem so langen Strebertum ein entschiedenes Ruhebedürfnis zu empfinden begann. Sie wollte ihm ihren Ehrgeiz einflößen; aber da begann er auf einmal eine Kirche zu kleben: der Pastor trat heraus, um eine Predigt zu
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