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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Anfragen und Beschwerden war prinzipiell keine Antwort erteilt. All dies kam erst in der Folge an den Tag. Lembke unterschrieb nicht nur alles, sondern legte sich überhaupt nicht die Frage vor, in welchem Maße seine Gemahlin seine eigenen amtlichen Obliegenheiten versah. Dafür begann er auf einmal sich ab und zu bei »reinen Lappalien« zu sträuben und Julija Michailowna dadurch in Erstaunen zu versetzen. Er fühlte allerdings das Bedürfnis, sich für ganze Tage des Gehorsams durch kurze Augenblicke der Auflehnung zu belohnen. Unglücklicherweise vermochte Julija Michailowna trotz all ihres Scharfsinns diesen edlen Zug eines edlen Charakters nicht zu verstehen. Leider kümmerte sie sich darum nicht, und daraus entstanden viele Mißverständnisse.
    Es schlägt nicht in mein Fach, und ich verstehe mich nicht darauf, gewisse Dinge zu berichten. Über Fehler in Verwaltungsangelegenheiten zu urteilen, ist nicht meine Sache, und so will ich denn dieses ganze administrative Gebiet völlig beiseite lassen. Als ich die Darstellung dieser Ereignisse begann, habe ich mir andere Aufgaben gestellt. Außerdem wird vieles durch die gerichtliche Untersuchung klargestellt werden, die jetzt in unserm Gouvernement in die Wege geleitet ist, und so braucht man nur noch ein wenig zu warten. Einige Auseinandersetzungen indessen werde ich doch nicht vermeiden können.
    Aber ich fahre über Julija Michailowna fort. Die arme Dame (ich bedaure sie aufrichtig) hätte alles, was sie reizte und lockte (nämlich Ruhm und dergleichen), ganz wohl ohne die starke, exzentrische Tätigkeit erreichen können, die sie bei uns gleich vom ersten Tage an auszuüben begann. Aber ob nun infolge ihrer allzu poetischen Veranlagung oder infolge der langen, traurigen Mißerfolge in ihrer ersten Jugend: nach dem Umschwunge ihres Schicksals fühlte sie sich auf einmal als eine besonders Berufene, beinah als eine Gesalbte, über der ein feuriges Flämmchen aufzüngelte; aber gerade in diesem Flämmchen lag das Malheur: das ist eben kein Chignon, der jeden Frauenkopf bedecken kann. Aber von dieser Wahrheit eine Frau zu überzeugen, ist ganz besonders schwer; im Gegenteil, wer ihr nach dem Munde spricht, macht bei ihr Glück, und so sprachen ihr denn alle um die Wette nach dem Munde. Die Ärmste war mit einem Male ein Spielball der verschiedenartigsten Einflüsse geworden, während sie sich gleichzeitig einbildete, völlig selbständig zu sein. Viele geschickte Menschen machten sich während der kurzen Zeit, wo sie bei uns die Frau Gouverneur war, ihre Harmlosigkeit zunutze und verstanden es, ihr Schäfchen zu scheren. Und was für ein Ragout kam bei ihr unter dem Scheine der Selbständigkeit heraus! Es gefiel ihr alles mögliche: der Großgrundbesitz, und das aristokratische Element, und die Vermehrung der Amtsgewalt des Gouverneurs, und das demokratische Element, und die neuen Einrichtungen, und die alte Ordnung, und die Freidenkerei, und die sozialistischen Ideen, und der strenge Ton des aristokratischen Salons, und die beinah wirtshausmäßige Ungeniertheit der jungen Leute in ihrer Umgebung. Sie schwärmte davon, »glücklich zu machen« und unversöhnliche Gegensätze miteinander zu versöhnen oder, richtiger gesagt, alle und alles in der Vergötterung ihrer eigenen Person zu vereinigen. Sie hatte auch ihre Lieblinge; so gefiel ihr ganz besonders Peter Stepanowitsch, der sich unter andern Mitteln auch der gröbsten Schmeichelei bediente. Aber er gefiel ihr auch noch aus einem andern sehr wunderlichen und für die arme Dame höchst charakteristischen Grunde: sie hoffte immer, er werde ihr eine ganze politische Verschwörung aufdecken! Wie schwer es auch sein mag, sich das vorzustellen, aber es war so. Sie hatte sich aus irgendwelchem Grunde die Meinung zurechtgemacht, daß sich in dem Gouvernement bestimmt eine politische Verschwörung verberge. Durch sein Schweigen in manchen Fällen und durch Andeutungen bei anderen Gelegenheiten trug Peter Stepanowitsch dazu bei, daß sich diese seltsame Idee immer mehr bei ihr festsetzte. Sie hatte die Vorstellung, er stehe mit allem, was es in Rußland an revolutionären Elementen gebe, in Verbindung, sei aber gleichzeitig ihr selbst bis zur Vergötterung ergeben. Die Aufdeckung der Verschwörung, der Dank aus Petersburg, die künftige Karriere, die Einwirkung auf die jungen Leute durch Freundlichkeit, um sie am Rande des Verderbens zurückzuhalten: all diese Gedanken erfüllten ihren phantasievollen Kopf. Sie hatte ja

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