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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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als Hauslehrer zu beschließen oder irgendwo an einem Zaune zu verhungern. Weiter habe ich nichts mehr zu sagen.
Alea jacta est!
«
    Er erhob sich von neuem.
    »Ich war schon seit Jahren davon überzeugt,« sagte Warwara Petrowna mit funkelnden Augen, indem sie ebenfalls aufstand, »daß Ihr eigentlicher Lebenszweck darin besteht, zuletzt mich und mein Haus durch Verleumdung in Unehre zu bringen! Was wollen Sie mit Ihrer Hauslehrerstelle bei einem Kaufmann oder mit dem Tode am Zaun sagen? Bosheit, Verleumdung, nichts weiter!«
    »Sie haben mich immer geringgeschätzt; aber ich werde als treuer Ritter meiner Dame enden; denn Ihre Meinung ist mir immer überaus teuer gewesen. Von diesem Augenblicke ab nehme ich nichts mehr an, und die Vorlesung werde ich unentgeltlich halten.«
    »Wie dumm Sie reden!«
    »Sie haben mich nie geachtet. Ich habe gewiß eine Menge Schwächen gehabt. Ja, ich habe bei Ihnen schmarotzt, um in der Sprache des Nihilismus zu reden; aber das Schmarotzen ist niemals das höchste Prinzip meines Handelns gewesen. Das hat sich so ganz von selbst gemacht, ich weiß nicht wie ... Ich habe immer gedacht, daß zwischen uns noch höhere Beziehungen beständen als das bloße Essen, und bin niemals, niemals ein Lump gewesen. Nun will ich mich also auf den Weg machen, um die Sache wieder zurechtzubringen! Auf einen späten Weg; draußen ist Spätherbst; der Nebel liegt auf den Feldern; der kalte Reif des Alters verdeckt den Pfad, den ich zu wandern habe, und der heulende Wind kündet mir, daß mein Grab nahe ist ... Aber auf den Weg will ich mich machen, auf den Weg, auf den neuen Weg:
     
    ›Voll von edler, reiner Liebe,
    Treu der süßen Schwärmerei ...‹
     
    Oh, lebe wohl, meine Schwärmerei! Zwanzig Jahre!
Alea jacta est.
«
    Die Tränen brachen ihm aus den Augen und netzten seine Wangen; er griff nach seinem Hute.
    »Ich verstehe kein Latein,« sagte Warwara Petrowna, die sich mit aller Kraft zusammennahm.
    Wer weiß, vielleicht hätte auch sie am liebsten angefangen zu weinen; aber Unwille und Eigensinn gewannen noch einmal die Oberhand.
    »Ich weiß nur eins, nämlich daß das alles bloß Geschwätz ist. Sie werden nie imstande sein, Ihre egoistischen Drohungen wahr zu machen. Sie werden nirgends hingehen, zu keinem Kaufmann, sondern werden ganz ruhig den Rest Ihres Lebens in meiner Nähe verbringen und Ihre Pension in Empfang nehmen und Dienstags Ihre Freunde, diese unglaublichen Menschen, bei sich sehen. Leben Sie wohl, Stepan Trofimowitsch!«
    »Alea jacta est!«
sagte er noch einmal, verbeugte sich tief vor ihr und ging, halb tot vor Aufregung, nach Hause.
     
Fußnoten
     
    1 Ein ungründlicher Historiker, 1802-1872.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     

Sechstes Kapitel.
     
    Peter Stepanowitsch in geschäftiger Tätigkeit.
     
I.
    Der Tag, an dem das Fest stattfinden sollte, war nun endgültig festgesetzt; aber Herr v. Lembke wurde immer trüber und nachdenklicher. Er war von seltsamen, schlimmen Ahnungen erfüllt, und Julija Michailowna beunruhigte sich über ihn sehr. Allerdings befand sich nicht alles im besten Zustande. Unser früherer milder Gouverneur hatte die Verwaltung nicht ganz in Ordnung hinterlassen; zur Zeit rückte die Cholera heran; an manchen Orten waren heftige Viehseuchen aufgetreten; den ganzen Sommer über hatten in den Städten und Dörfern Feuersbrünste gewütet, und im Volke gewann das törichte Gemurmel von Brandstiftungen immer mehr an Kraft. Das Räuberwesen war im Vergleich mit früher zu doppelten Dimensionen angewachsen. Aber all das wäre selbstverständlich noch nicht so schlimm gewesen, wenn nicht noch andere, schwerer wiegende Gründe hinzugekommen wären, die die Ruhe des bisher so glücklichen Andrei Antonowitsch störten.
    Am meisten befremdete Julija Michailowna der Umstand, daß er mit jedem Tage schweigsamer und, was das Sonderbarste war, verschlossener wurde. Was hatte er denn überhaupt zu verbergen? fragte sie sich. Allerdings widersprach er ihr nur selten und ordnete sich ihr größtenteils völlig unter. Auf ihr Andringen waren z.B. zwei oder drei sehr gewagte und beinah gesetzwidrige Maßregeln getroffen worden, durch die die Amtsgewalt des Gouverneurs vergrößert wurde. Mehrmals war zu demselben Zwecke eine sehr bedenkliche Nachsicht geübt worden: es waren zum Beispiel Menschen, die verdient hätten vor Gericht gestellt und nach Sibirien geschickt zu werden, einzig und allein auf ihr Verlangen zu einer Auszeichnung vorgeschlagen. Auf manche

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