Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
Vom Netzwerk:
ungern und ergriffen Maßregeln dagegen. Und dabei machen über Sie selbst sich alle Leute lustig. Ich gestehe, ich habe Sie immer nur für einen Kritiker gehalten; Sie sind ein literarischer Kritiker, weiter nichts. Als ich Ihnen auf der Reise nach Petersburg auseinandersetzte, daß ich die Absicht hätte, ein Journal herauszugeben und ihm mein ganzes Leben zu weihen, da begannen Sie sogleich, mich mit ironischen Blicken zu betrachten, und wurden auf einmal furchtbar hochmütig.«
    »Das verhielt sich nicht so, das verhielt sich nicht so ... wir fürchteten damals Verfolgungen ...«
    »Genau so verhielt es sich, und Verfolgungen hatten Sie in Petersburg keine zu befürchten. Erinnern Sie sich dann wohl später im Februar, als jene Nachricht kam, wie Sie da auf einmal erschrocken zu mir gelaufen kamen und von mir verlangten, ich solle Ihnen sofort eine Bestätigung geben, in Form eines Briefes, daß das geplante Journal Sie gar nichts angehe, daß die jungen Männer zu mir kämen und nicht zu Ihnen, und daß Sie nur ein Hauslehrer seien, der im Hause wohnen geblieben sei, weil er noch nicht sein ganzes Gehalt ausgezahlt bekommen habe, nicht wahr? Erinnern Sie sich wohl noch daran? Sie haben sich Ihr ganzes Leben lang herrlich benommen, Stepan Trofimowitsch!«
    »Das war nur ein Augenblick des Kleinmutes, ein Augenblick des intimen Gespräches!« rief er bekümmert aus. »Aber können Sie denn wirklich, wirklich um so kleinlicher Empfindungen willen alle Bande zerreißen? Ist denn wirklich nach so langen Jahren nichts von unseren Beziehungen übriggeblieben?«
    »Sie sind ein kluger Rechner; Sie möchten es immer so darstellen, als ob ich noch in Ihrer Schuld wäre. Als Sie aus dem Auslande zurückkamen, da sahen Sie mich von oben herab an und erlaubten mir nicht, auch meinerseits ein Wort zu sagen, und als ich selbst ins Ausland gefahren war und nachher mit Ihnen über den Eindruck zu reden anfing, den mir die Madonna gemacht hatte, da hörten Sie mich nicht zu Ende und begannen hochmütig in Ihre Krawatte hineinzulächeln, als ob ich nicht ebensolche Empfindungen haben könnte wie Sie.«
    »Das verhielt sich nicht so, wahrscheinlich verhielt sich das nicht so ...
J'ai oublié.
«
    »Nein, das verhielt sich genau so; und dabei hatten Sie gar keinen Anlaß, sich vor mir zu brüsten; denn das war ja alles dummes Zeug und nur Einbildung von Ihnen. Heutzutage gerät kein Mensch, kein Mensch mehr über die Madonna in Entzücken, und niemand verliert mehr seine Zeit damit außer ein paar verstockten alten Herren. Das ist bewiesen.«
    »Auch schon bewiesen?«
    »Sie ist zu nichts zu gebrauchen. Dieser Krug ist nützlich, weil man Wasser hineingießen kann, und dieser Bleistift ist nützlich, weil man mit ihm alles mögliche schreiben kann; aber jenes gemalte Frauengesicht hat geringeren Wert als alle anderen, wirklichen Gesichter. Machen Sie die Probe: zeichnen Sie einen Apfel, und legen Sie hier einen wirklichen Apfel daneben; welchen werden Sie nehmen? Sie werden gewiß nicht fehlgreifen. Solche Resultate haben unsere Theorien jetzt bereits gezeitigt, wo sie soeben der erste Strahl der freien Forschung erleuchtet hat.«
    »Ja, ja.«
    »Sie lächeln ironisch. Aber was haben Sie mir zum Beispiel vom Almosengeben gesagt? Und doch ist der Genuß, den man beim Almosengeben empfindet, ein hochmütiger, unmoralischer Genuß, die Freude des Reichen über seinen Reichtum, über seine Macht und über seine gesellschaftliche Stellung im Vergleich mit der des Armen. Das Almosengeben verdirbt sowohl den Gebenden als auch den Nehmenden und erfüllt überdies nicht einmal seinen Zweck, da es die Bettelei nur vermehrt. Faule Menschen, die nicht arbeiten wollen, drängen sich um die Gebenden wie Spieler um den Spieltisch in der Hoffnung zu gewinnen. Und dabei reichen die kläglichen paar Groschen, die man ihnen hinwirft, nicht im entferntesten für ihre Bedürfnisse aus. Haben Sie in Ihrem Leben schon viel Geld weggeben? Wohl nicht mehr als etwa acht Zehnkopekenstücke; denken Sie einmal darüber nach! Suchen Sie sich einmal zu erinnern, wann Sie zum letztenmal ein Almosen gegeben haben; das wird wohl schon zwei Jahre, vielleicht vier Jahre zurückliegen. Sie machen nur törichtes Geschrei und schaden der Sache. Das Almosengeben müßte auch schon im jetzigen Staate gesetzlich verboten werden. In dem neu geordneten Staate wird es überhaupt keine Armen geben.«
    »Oh, welch eine Reproduktion fremder Gedanken! Also sind Sie auch schon bis

Weitere Kostenlose Bücher