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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Russen gibt es sogar noch heutigestages. Die übrigen Gäste repräsentierten entweder den Typus des durch Niederdrückung in Galle verwandelten edlen Ehrgeizes oder den Typus des ersten edlen Ausbruchs feurigen Jugenddranges. Es waren da zwei oder drei Lehrer, der eine lahm, schon etwa fünfundvierzig Jahre alt, am Gymnasium angestellt, ein sehr giftiger und auffallend eitler Mensch, und zwei oder drei Offiziere. Von den letzteren war der eine ein sehr junger Artillerist, der eben erst von einer Kriegsschule gekommen war, ein schweigsamer Mensch, der noch keine Bekanntschaften gemacht und sich jetzt plötzlich bei Wirginski eingefunden hatte; er hatte einen Bleistift in der Hand, beteiligte sich am Gespräche fast gar nicht, schrieb sich aber alle Augenblicke etwas in seinem Notizbuche auf. Alle sahen dies; aber aus irgendwelchem Grunde taten alle, als ob sie es nicht bemerkten. Auch der stellenlose Seminarist war anwesend, der mit Ljamschin zusammen der Bücherverkäuferin die schmutzigen Photographien in den Sack gesteckt hatte, ein stämmiger Bursche mit ungeniertem, aber gleichzeitig unsicherem Benehmen, mit einem steten streitbaren Lächeln und zugleich mit einer Miene des Triumphes über seine eigene Vortrefflichkeit. Auch der Sohn unseres Bürgermeisters war da, ich weiß nicht warum, eben jener widerwärtige, vorzeitig verlotterte junge Mensch, dessen ich bereits Erwähnung getan habe, als ich den Vorfall mit der kleinen Leutnantsfrau erzählte. Dieser schwieg den ganzen Abend über. Und endlich zum Schluß ein Gymnasiast, ein sehr hitziger, aufgeregter junger Mensch von ungefähr achtzehn Jahren, der mit der finsteren Miene eines in seiner Würde gekränkten Jünglings dasaß und offenbar unter seinen achtzehn Jahren litt. Dieses Bürschchen war schon Vorsitzender einer selbständigen Verschwörergruppe, die sich in der obersten Klasse des Gymnasiums gebildet hatte, wie sich das zum allgemeinen Erstaunen in der Folge herausstellte. Ich habe Schatow noch nicht erwähnt: er hatte an einer der hinteren Ecken des Tisches Platz genommen, seinen Stuhl ein wenig aus der Reihe hinausgerückt, blickte zu Boden, schwieg finster, lehnte den Tee und das Brot ab und legte die ganze Zeit über die Mütze nicht aus der Hand, wie wenn er dadurch bekunden wollte, daß er nicht als Gast, sondern in einer geschäftlichen Angelegenheit gekommen sei und, sobald es ihm gut scheine, aufstehen und weggehen werde. Nicht weit von ihm hatte sich auch Kirillow niedergelassen; auch er verhielt sich sehr schweigsam, blickte aber nicht zur Erde, sondern hielt im Gegenteil seinen unbeweglichen, glanzlosen Blick auf jeden, der redete, starr geheftet und hörte alles ohne die geringste Erregung oder Verwunderung mit an. Einige der Gäste, die ihn vorher noch nie gesehen hatten, betrachteten ihn nachdenklich und verstohlen. Es muß dahingestellt bleiben, ob Madame Wirginskaja selbst etwas von der Existenz des Fünferkomitees wußte. Ich glaube, daß sie alles wußte, und zwar von ihrem Manne. Die Studentin beteiligte sich natürlich an nichts; aber sie hatte ihre eigene Sorge: sie beabsichtigte, nur einen oder zwei Tage dort zu logieren und sich dann weiter und weiter nach allen Universitätsstädten zu begeben, um »an den Leiden der armen Studenten teilzunehmen und sie zum Protest aufzurufen.« Sie führte einige hundert Exemplare eines lithographierten Aufrufes mit sich, den sie wahrscheinlich selbst verfaßt hatte. Merkwürdig war, daß der Gymnasiast sie vom ersten Blicke an beinahe tödlich haßte, obwohl er sie zum ersten Male im Leben sah, und sie ihn in gleicher Weise. Der Major war ihr Onkel und traf heute zum erstenmal seit zehn Jahren mit ihr zusammen. Als Stawrogin und Werchowenski eintraten, waren die Backen der Studentin rot wie Preiselbeeren: sie hatte sich soeben mit ihrem Onkel wegen ihrer Anschauungen in betreff der Frauenfrage gestritten.
Fußnoten
     
    1 »Die Glocke«, eine von A. Herzen im Auslande herausgegebene regierungsfeindliche Zeitschrift.
    Anmerkung des Übersetzers.
     
     
II.
    Werchowenski rekelte sich mit auffälliger Ungeniertheit auf einen Stuhl am oberen Ende des Tisches hin, nachdem er fast niemand begrüßt hatte. Seine Miene war mürrisch und sogar hochmütig. Stawrogin grüßte die Versammelten höflich; aber obgleich alle nur auf die beiden gewartet hatten, so taten sie doch sämtlich wie auf Kommando, als ob sie sie fast gar nicht bemerkten. Die Wirtin wandte sich in gemessenem Tone an Stawrogin,

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