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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Auserwählten saßen jetzt mit an dem gemeinsamen Tische und verstanden es sehr kunstvoll, sich den Anschein ganz gewöhnlicher Menschen zu geben, so daß sie niemand herauserkennen konnte. Es waren dies (denn jetzt ist das kein Geheimnis mehr): erstens Liputin, dann Wirginski selbst, der langohrige Schigalew, ein Bruder von Frau Wirginskaja, Ljamschin und endlich ein gewisser Tolkatschenko, eine sonderbare Persönlichkeit, ein Mann von ungefähr vierzig Jahren, der sich einer außerordentlichen Kenntnis des niederen Volkes, namentlich der Spitzbuben und Räuber, rühmte, absichtlich in die Schenken ging (übrigens nicht nur zum Studium des Volkes) und sich bei uns in der Stadt durch schlechte Kleidung, Schmierstiefel, schlau zusammengekniffene Augen und Volksjargon interessant zu machen suchte. Ljamschin hatte ihn früher ein- oder zweimal zu Stepan Trofimowitsch auf die Abendgesellschaften mitgebracht, wo er aber keinen besonderen Effekt machte. In der Stadt erschien er nur von Zeit zu Zeit, namentlich wenn er ohne Stelle war; er tat nämlich Dienst bei den Eisenbahnen. Alle diese fünf Politiker waren zu einem Komitee in dem festen Glauben zusammengetreten, daß ihr Komitee nur eines unter Hunderten und Tausenden von ebensolchen über ganz Rußland ausgebreiteten sei, und daß alle von einer gewaltigen, aber geheimen Zentralstelle abhingen, die ihrerseits mit der allgemeinen europäischen Revolutionspartei organisch verbunden sei. Aber leider muß ich bekennen, daß unter ihnen schon damals Mißhelligkeiten hervortraten. Die Sache war nämlich die: allerdings hatten sie schon seit dem Frühjahr Peter Werchowenski erwartet, der ihnen zuerst durch Tolkatschenko und dann durch den angekommenen Schigalew angekündigt worden war, und sie hatten von ihm besondere Wunderdinge erwartet und waren sogleich alle, ohne das geringste Bedenken zu äußern, auf seinen ersten Ruf zu einem Komitee zusammengetreten; aber kaum hatten sie das Fünferkomitee gebildet, als sie sich sogleich alle gewissermaßen beleidigt fühlten, und zwar meiner Vermutung nach durch die Schnelligkeit, mit der sie eingewilligt hatten. Zusammengetreten waren sie natürlich aus einem hochherzigen Gefühl der Scham, damit man nicht nachher sage, sie hätten es nicht gewagt; aber doch hätte Peter Werchowenski ihre Großtat würdigen und ihnen zur Belohnung irgendein kapitales Geschichtchen erzählen müssen. Aber Werchowenski wollte ihre rechtmäßige Neugier schlechterdings nicht befriedigen und erzählte nichts Überflüssiges; überhaupt behandelte er sie mit merkwürdiger Strenge und sogar mit Geringschätzung. Dies reizte sie entschieden, und das Mitglied Schigalew hetzte bereits die übrigen dazu auf, »Rechenschaft zu fordern«, aber natürlich nicht jetzt bei Wirginski, wo so viele Fremde zusammengekommen waren.
    Was aber die Fremden anlangt, so habe ich auch da eine Vermutung, daß nämlich die oben genannten Mitglieder des ersten Fünferkomitees an diesem Abend geneigt waren, unter Wirginskis Gästen die Mitglieder noch anderer, ihnen unbekannter Gruppen zu vermuten, die ebenfalls in der Stadt nach derselben geheimen Organisation und von demselben Werchowenski konstituiert seien, so daß schließlich fast alle Versammelten einander beargwöhnten und voreinander mannigfaltige gekünstelte Haltungen annahmen, was der ganzen Versammlung ein sehr verworrenes und sogar zum Teil romanhaftes Aussehen verlieh. Übrigens waren auch Leute da, die keinerlei Verdacht hegten. So zum Beispiel ein noch im Dienst stehender Major, ein naher Verwandter Wirginskis, ein ganz unschuldiger Mensch, der auch gar nicht eingeladen worden, sondern von selbst gekommen war, um seinem Verwandten zum Namenstage zu gratulieren, so daß keine Möglichkeit gewesen war, ihn abzuweisen. Aber der Hausherr war trotzdem seinetwegen beruhigt, da der Major in keiner Weise denunzieren konnte; denn trotz all seiner Dummheit hatte er sich sein ganzes Leben lang mit Vorliebe an all solchen Orten herumgetrieben, wo Liberale extremer Richtung ihr Wesen hatten; er selbst sympathisierte zwar nicht mit ihnen, hörte aber sehr gern zu. Überdies war er sogar kompromittiert: es hatte sich so gemacht, daß in seiner Jugend ganze Pakete des Kolokol 1 und aufreizender Proklamationen durch seine Hände gegangen waren, und obgleich er sich sogar fürchtete, sie auch nur aufzuschlagen, so hätte er doch die Weigerung, sie zu verbreiten, für eine Gemeinheit höchsten Grades gehalten, – und solche

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