Die Dämonen
und sehr schade, daß Sie jetzt mit Ihrer Toilette beschäftigt sind!«
»Was geht Sie meine Toilette an?«
»Das Abschlagen von hundert Millionen Köpfen ist ebenso schwer ausführbar wie die Umgestaltung der Welt durch Propaganda. Ja, vielleicht noch schwerer, besonders wenn es in Rußland geschehen soll,« wagte Liputin wieder zu bemerken.
»Auf Rußland sind jetzt die Hoffnungen der Welt gerichtet,« sagte ein Offizier.
»Das haben wir gehört, daß man auf uns hofft,« fiel der Lahme ein. »Es ist uns bekannt, daß auf unser schönes Vaterland ein geheimnisvoller Zeigefinger hinweist als auf dasjenige Land, das zur Ausführung der großen Aufgabe am meisten befähigt ist. Nur eines möchte ich dabei bemerken: im Falle einer allmählichen Lösung der Aufgabe durch Propaganda habe ich persönlich wenigstens einen kleinen Gewinn davon, ich kann wenigstens vergnüglich darüber plaudern und erhalte von den Oberen für die Dienste, die ich der Sache des Sozialismus leiste, einen Rang und Titel. Aber im zweiten Falle, bei einer schnellen Lösung der Aufgabe mittels des Abschlagens von hundert Millionen Köpfen, welche Belohnung wird mir dabei zuteil werden? Wenn ich dafür Propaganda zu machen anfange, schneidet man mir womöglich noch die Zunge aus.«
»Die wird man Ihnen unfehlbar ausschneiden,« sagte Werchowenski.
»Sehen Sie wohl! Und da man selbst unter den günstigsten Umständen nicht früher als in fünfzig Jahren, na, sagen wir selbst in dreißig Jahren mit einer solchen Metzelei fertig werden wird (denn die andern sind doch auch keine Hammel und werden sich nicht so ohne weiteres abschlachten lassen), wäre es da nicht besser, seine Siebensachen zusammenzunehmen und über stille Meere irgendwohin nach stillen Inseln auszuwandern und dort in Ruhe und Frieden die Augen zu schließen? Glauben Sie mir,« schloß er und klopfte bedeutsam mit dem Finger auf den Tisch, »Sie werden durch eine solche Propaganda nur eine Auswanderung hervorrufen, weiter nichts!«
Er schwieg, sichtlich im Gefühl des Triumphes. Er war einer der stärksten Köpfe der Gouvernementsstadt. Liputin lächelte heimtückisch; Wirginski hörte mit etwas niedergeschlagener Miene zu; alle übrigen folgten dem Streite mit größter Aufmerksamkeit, besonders die Damen und die Offiziere. Alle hatten den Eindruck, daß der Agent für das Abschlagen von hundert Millionen Köpfen an die Wand gedrückt sei, und warteten, wie sich die Sache weiter entwickeln werde.
»Das war übrigens von Ihnen sehr gut gesagt,« murmelte Werchowenski in noch gleichgültigerer Manier als vorher und sogar wie gelangweilt. »Auswandern, das ist ein guter Gedanke. Aber wenn trotz all der offenbaren Nachteile, die Sie vorhersehen, sich von Tag zu Tag immer mehr Kämpfer für die gemeinsame Sache anfinden, dann werden wir auch ohne Sie auskommen. Hier, mein Verehrter, wird eine neue Religion an die Stelle der alten treten; daher werden sich auch so viele Vorkämpfer für sie einstellen, und die Sache wird mächtig werden. Sie aber, wandern Sie immerhin aus! Und wissen Sie, ich möchte Ihnen raten, gehen Sie nach Dresden, und nicht nach den stillen Inseln. Erstens hat diese Stadt noch nie eine Epidemie in ihren Mauern gesehen, und da Sie ein geistig hochentwickelter Mensch sind, so fürchten Sie sich gewiß vor dem Tode; zweitens liegt es nicht weit von der russischen Grenze, so daß Sie schneller aus dem lieben Vaterlande Ihre Einkünfte beziehen können; drittens enthält es sogenannte Kunstschätze, und Sie sind ein ästhetisch veranlagter Mensch, ein früherer Lehrer der Literatur, wenn ich nicht irre; na, und endlich hat Dresden sogar eine eigene Schweiz im Westentaschenformat, und das ist von Wert für die poetische Begeisterung; denn Sie schreiben doch gewiß Verse. Kurz, Sie werden sich da wie in Abrahams Schoß fühlen!«
Es wurde eine lebhafte Bewegung bemerkbar; namentlich die Offiziere wurden unruhig. Noch ein Augenblick, und alle hätten gleichzeitig losgeredet. Aber der Lahme fuhr gereizt auf den Köder los:
»Nein, ich werde denn doch wohl die gemeinsame Sache nicht im Stiche lassen! Man muß diese Dinge verstehen ...«
»Wenn es so ist, würden Sie dann auch in ein Fünferkomitee eintreten, wenn ich Sie dazu aufforderte?« platzte Werchowenski plötzlich heraus und legte die Schere auf den Tisch.
Alle fuhren zusammen. Dieser rätselhafte Mensch decouvrierte sich gar zu plötzlich. Sogar von dem Fünferkomitee sprach er geradezu.
»Jeder fühlt
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