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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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meinetwegen sagen, was mich dazu veranlaßt,« antwortete er mürrisch und bog sich, nachdem er um sich gesehen hatte, zu Iwan Osipowitschs Ohre hin.
    Der wohlerzogene Aloscha Teljatnikow entfernte sich noch drei Schritte weiter nach dem Fenster zu, und der Oberst hustete hinter seinem Golos. Der arme Iwan Osipowitsch hielt eilig und vertrauensvoll sein Ohr hin; er war äußerst neugierig. Und da geschah etwas ganz Unerhörtes und doch andrerseits in gewisser Hinsicht nur zu Klares. Der alte Herr fühlte auf einmal, daß Nikolai, statt ihm ein interessantes Geheimnis zuzuflüstern, plötzlich den oberen Teil seines Ohres mit den Zähnen faßte und ziemlich fest zwischen ihnen zusammenklemmte. Er fing an zu zittern, und der Atem setzte ihm aus.
    »Nikolai, was sind das für Späße!« stöhnte er mechanisch mit ganz fremdklingender Stimme.
    Aloscha und der Oberst hatten den Vorgang noch nicht verstanden, konnten ihn auch nicht ordentlich sehen und meinten immer noch, daß die beiden miteinander flüsterten; indes beunruhigte sie doch das verzweifelte Gesicht des Alten. Sie sahen sich mit weit aufgerissenen Augen an und wußten nicht, ob sie der Verabredung gemäß zu Hilfe eilen oder noch warten sollten. Nikolai bemerkte das vielleicht und kniff das Ohr schmerzhafter.
    »Nikolai, Nikolai!« stöhnte das arme Opfer von neuem. »Nun lassen Sie es genug sein mit dem Scherze ...«
    Noch ein Augenblick, und der Arme wäre vor Angst gestorben; aber der Unmensch hatte Erbarmen und ließ das Ohr los. Diese ganze Todesangst hatte eine volle Minute gedauert, und der Alte bekam nachher einen Schwächeanfall. Aber eine halbe Stunde darauf wurde Nikolai arretiert und abgeführt, vorläufig nach der Wache, wo er in eine besondere Zelle eingeschlossen wurde, mit einer besonderen Schildwache vor der Tür. Diese Maßregel war hart; aber unser milder Chef war dermaßen in Zorn geraten, daß er beschlossen hatte, die Verantwortung dafür sogar Warwara Petrowna selbst gegenüber auf sich zu nehmen. Zu allgemeinem Erstaunen wurde dieser Dame, als sie eilig und in größter Aufregung zum Gouverneur gefahren kam, um unverzüglich Aufklärung zu verlangen, am Portal der Eintritt verweigert; so fuhr sie denn, ohne aus dem Wagen ausgestiegen zu sein, wieder nach Hause; sie wußte gar nicht, wie ihr geschehen war.
    Und endlich klärte sich alles auf! Um zwei Uhr nachts fing der Arrestant, der bis dahin erstaunlich ruhig gewesen war und sogar geschlafen hatte, plötzlich an zu lärmen; er schlug wütend mit den Fäusten gegen die Tür, riß mit unnatürlicher Kraft das eiserne Gitter von dem Fensterchen in der Tür ab, zerschlug die Scheibe und zerschnitt sich dabei die Hände. Als der wachhabende Offizier mit einigen Soldaten und den Schlüsseln herbeigelaufen kam und die Zelle aufschließen ließ, damit sie sich auf den Rasenden würfen und ihn bänden, stellte es sich heraus, daß sich dieser im stärksten Delirium befand; er wurde nach Hause zu seiner Mutter gebracht. Nun war mit einem Schlage alles klar! Unsere sämtlichen drei Ärzte sprachen ihre Meinung dahin aus, daß der Kranke sich auch schon drei Tage vorher im Fieberzustande befunden haben könne; er habe zwar Bewußtsein und eine gewisse Schlauheit besessen, aber nicht mehr seine gesunde Vernunft und einen klaren Willen, was übrigens durch die Tatsachen bestätigt wurde. Es ergab sich somit, daß Liputin früher als alle andern das Richtige erraten hatte. Iwan Osipowitsch, ein sehr zartfühlender, weich empfindender Mensch, war sehr verlegen; aber interessant war doch, daß auch er also Nikolai Wsewolodowitsch jeder wahnsinnigen Handlung auch bei vollem Verstande für fähig gehalten hatte. Auch im Klub schämte man sich und war darüber erstaunt, daß sie alle den Elefanten nicht bemerkt und nicht auf die einzig mögliche Erklärung dieser wunderlichen Handlungen verfallen waren. Allerdings fanden sich auch Skeptiker; aber sie vermochten sich nicht lange zu behaupten.
    Nikolai lag länger als zwei Monate. Aus Moskau wurde ein berühmter Arzt zur gemeinsamen Beratung mit den hiesigen Ärzten herbeigerufen; die ganze Stadt machte bei Warwara Petrowna Visiten. Sie verzieh allen. Als Nikolai im Frühjahr bereits vollständig wiederhergestellt war und ohne jeden Widerstand dem Vorschlage seiner Mutter, nach Italien zu reisen, beigestimmt hatte, da bat sie ihn, uns allen Abschiedsbesuche zu machen und dabei da, wo es nötig sei, sich nach Möglichkeit zu entschuldigen. Nikolai war mit

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