Die Dämonen
Ohnmacht). Ich, der Fürst und der General stürzten zu ihr hin, um ihr zu helfen; es fanden sich auch andere, die uns in diesem schweren Augenblicke beistanden, sogar einige Damen. Wir trugen die Unglückliche aus dieser Hölle hinaus und setzten sie in ihren Wagen; aber erst als wir bei ihrem Hause vorfuhren, kam sie zur Besinnung, und ihr erster Schrei betraf wieder Andrei Antonowitsch. Nach der Zerstörung all ihrer Phantasiegebilde stand nur noch Andrei Antonowitschs Gestalt vor ihrem geistigen Blicke. Wir schickten zu einem Arzte. Ich wartete bei ihr eine ganze Stunde lang, desgleichen der Fürst; der General wollte in einem Anfall hochherziger Gesinnung (obwohl er selbst einen großen Schreck bekommen hatte) die ganze Nacht nicht »von dem Bette der Unglücklichen« weggehen; aber nach zehn Minuten schlief er, noch ehe der Arzt gekommen war, im Saale auf einem Lehnstuhle sitzend ein; da ließen wir ihn denn auch.
Dem Polizeimeister, der sofort den Ball verließ, um zum Feuer zu eilen, gelang es, Andrei Antonowitsch hinter uns her hinauszuführen, und er wollte ihn veranlassen, zu Julija Michailowna in die Kutsche zu steigen, indem er Seiner Exzellenz aus aller Kraft zuredete, sich doch zu beruhigen. Aber ich begreife nicht, warum er nicht auf diesem Verlangen bestand. Allerdings wollte Andrei Antonowitsch nichts von Ruhe hören, sondern wollte mit Gewalt zum Feuer; aber das hätte kein Grund sein dürfen. Schließlich nahm ihn der Polizeimeister in seinem eigenen Wägelchen mit zum Feuer. Später erzählte er, Lembke habe während der ganzen Fahrt gestikuliert und schreiend ganz absonderliche, unausführbare Ideen vorgebracht. In der Folge lautete denn auch die amtliche Darstellung, Seine Exzellenz habe zu jener Zeit »infolge des plötzlichen Schrecks« bereits ein Nervenfieber gehabt.
Ich brauche nicht erst zu erzählen, wie der Ball endete. Ein paar Dutzend Strolche und mit ihnen sogar einige Damen waren in den Sälen zurückgeblieben. Polizei war keine mehr da. Die Musik ließ man nicht weg; die Musikanten, die fortgehen wollten, wurden geprügelt. Bis zum Morgen wurden dem Koche Prochorytsch seine sämtlichen Vorräte weggenommen; man trank bis zur Bewußtlosigkeit, tanzte den Kamarinski ohne Zensur, besudelte die Zimmer, und erst bei Tagesgrauen eilte ein Teil dieser Bande völlig betrunken zur Brandstätte, um dort neuen Unfug zu treiben. Die andere Hälfte übernachtete in den Sälen, in sinnlos betrunkenem Zustande mit allen Folgen desselben, auf den Samtsofas und auf dem Fußboden. Am Morgen, so bald es irgend möglich war, zog man sie an den Beinen auf die Straße hinaus. So endete das Fest zum Besten der Gouvernanten unseres Gouvernements.
IV.
Die Feuersbrunst rief bei unserer jenseits des Flusses wohnenden Einwohnerschaft namentlich deswegen einen so großen Schrecken hervor, weil die Brandstiftung zweifellos war. Es ist bemerkenswert, daß bei dem ersten Schrei: »Es brennt!« sogleich auch gerufen wurde: »Die Schpigulinschen legen Feuer an!« Jetzt ist bereits hinreichend festgestellt, daß sich in der Tat drei Schpigulinsche Arbeiter an der Brandstiftung beteiligt haben, aber auch nicht mehr; alle übrigen Arbeiter dieser Fabrik sind sowohl von der öffentlichen Meinung als auch amtlich völlig freigesprochen worden. Außer diesen drei Taugenichtsen (von denen einer ergriffen wurde und geständig war, während die beiden andern noch bis jetzt flüchtig sind) war an der Brandstiftung zweifellos auch der Sträfling Fedka beteiligt. Das ist alles, was vorläufig über die Entstehung der Feuersbrunst mit Sicherheit bekannt ist; etwas anderes ist es mit den Mutmaßungen. Wodurch sind diese drei Taugenichtse zu der Tat veranlaßt worden? Hat sie jemand dazu angestiftet? Auf diese Fragen ist es sehr schwer eine Antwort zu geben, selbst jetzt.
Infolge des starken Windes, infolge der fast durchweg hölzernen Bauart des jenseits des Flusses gelegenen Stadtteiles und endlich infolge der Brandstiftung an drei verschiedenen Stellen breitete sich das Feuer schnell aus und ergriff mit unglaublicher Gewalt eine ganze Menge von Häusern (übrigens darf man eigentlich nur Brandstiftung an zwei Stellen rechnen; eine dritte wurde fast in demselben Augenblicke, wo es aufbrannte, bemerkt und gelöscht; hierauf komme ich noch weiter unten zu sprechen). Aber in den Korrespondenzen der hauptstädtischen Zeitungen wurde das Unglück, das uns betroffen hatte, übertrieben: abgebrannt ist nicht mehr als ein
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