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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Menschen als Verkäufer von elenden Eisenbahnbilletten an, und dieser wertlose Mensch wird sich sogleich für berechtigt halten, auf Sie wie ein Jupiter herabzusehen, wenn Sie ein Billett lösen wollen,
pour vous montrer son pouvoir.
›Warte,‹ denkt er, ›ich werde dir mal meine Macht zeigen!‹ Und so kommt es bei diesen Leuten zum Beamtenkoller.
En un mot,
da habe ich neulich gelesen, daß im Ausland in einer unserer Kirchen ein Küster
(mais c'est très curieux)
unmittelbar vor dem Beginn des Fastengottesdienstes
(vous savez ces chants et le livre de Iob)
eine vornehme englische Familie,
les dames charmantes,
aus der Kirche hinausgejagt hat, das heißt buchstäblich hinausgejagt, einzig und allein mit der Begründung, es passe sich nicht, daß sich Fremde in den russischen Kirchen umhertrieben; sie sollten zu der dafür angesetzten Zeit kommen. Die Damen fielen beinah in Ohnmacht. Dieser Küster hatte einen Anfall von Beamtenkoller,
et il a
montré son pouvoir ...
«
    »Fassen Sie sich kurz, Stepan Trofimowitsch, wenn es Ihnen möglich ist!«
    »Herr v. Lembke hat also jetzt das Gouvernement bereist.
En un mot,
dieser Andrei Antonowitsch ist zwar ein Deutschrusse rechtgläubiger Konfession und sogar (das will ich ihm konzedieren) ein auffallend hübscher Mann in den Vierzigen ...«
    »Woher haben Sie das, daß er ein hübscher Mann ist? Er hat Hammelaugen.«
    »Im höchsten Grade. Aber ich konzediere das aus Konnivenz gegen das Urteil unserer Damen ...«
    »Bitte, lassen Sie uns von etwas anderem reden, Stepan Trofimowitsch! Apropos, Sie tragen ein rotes Halstuch; tun Sie das schon lange?«
    »Ich ... ich habe erst heute ...«
    »Und machen Sie sich auch gehörig Bewegung? Gehen Sie täglich Ihre sechs Werst spazieren, wie es Ihnen der Arzt verordnet hat?«
    »Nicht ... nicht immer.«
    »Das habe ich doch gewußt! Schon, als ich noch in der Schweiz war, ahnte es mir!« rief sie in gereiztem Tone. »Jetzt werden Sie nicht sechs, sondern zehn Werst täglich gehen! Sie sind furchtbar heruntergekommen, furchtbar, ganz furcht-bar! Sie sind nicht sowohl alt geworden, sondern schlaff und matt. Ich habe einen Schreck bekommen, als ich Sie vorhin sah, trotz Ihres roten Halstuches ...
quelle idée rouge!
Fahren Sie nun über Lembke fort, wenn Sie wirklich etwas über ihn zu sagen haben, und machen Sie, bitte, bald ein Ende; ich bin müde.«
    »
En un mot,
ich wollte nur noch sagen, daß er einer jener Verwaltungsbeamten ist, die erst mit vierzig Jahren hervorzutreten beginnen, bis dahin unbeachtet vegetieren und dann auf einmal durch eine plötzliche Heirat oder sonst ein nicht minder unwürdiges Mittel Karriere machen ... Jetzt ist er nun weggefahren ... Ich wollte noch sagen, daß man sich, was mich betrifft, beeilt hat, ihm von verschiedenen Seiten zuzuflüstern, ich verdürbe die Jugend und machte hier im Gouvernement Propaganda für den Atheismus. Er hat denn auch sofort Erkundigungen eingezogen.«
    »Ist das wahr?«
    »Ich habe mich sogar genötigt gesehen, meine Maßregeln dagegen zu ergreifen. Als man ihm über Sie ›berichtete‹, Sie hätten ›das Gouvernement verwaltet‹,
vous savez,
da erlaubte er sich die Bemerkung: ›So etwas wird nicht mehr vorkommen.‹«
    »Hat er das gesagt?«
    »Ja, ›so etwas wird nicht mehr vorkommen‹, und
avec cette morgue ...
Seine Gemahlin Julija Michailowna werden wir Ende August hier zu sehen bekommen; sie kommt direkt aus Petersburg.«
    »Vielmehr aus dem Auslande. Ich bin mit ihr zusammengetroffen.«

    »Vraiment?«
    »In Paris und in der Schweiz. Sie ist mit Drosdows verwandt.«
    »Verwandt? Was für ein merkwürdiges Zusammentreffen! Es heißt, sie sei sehr ehrgeizig und habe hohe Konnexionen?«
    »Unsinn! Ihre Konnexionen sind ganz unbedeutend! Bis zum Alter von fünfundvierzig Jahren war sie eine alte Jungfer ohne eine Kopeke Geld; nun ist es ihr gelungen, ihren Lembke zu kapern, und jetzt geht natürlich ihr ganzes Dichten und Trachten darauf, ihm zu einer Karriere zu verhelfen. Sie sind beide Intriganten.«
    »Man sagt, sie sei zwei Jahre älter als er?«
    »Fünf Jahre älter. Ihre Mutter machte mir in Moskau gewaltig den Hof. Sie wurde nur aus Mitleid zu den Bällen eingeladen, die ich zu Wsewolod Nikolajewitschs Lebzeiten gab. Und diese jetzige Frau v. Lembke saß manchmal die ganze Nacht über ohne einen Tänzer in der Ecke, mit ihrer Türkismouche auf der Stirn, so daß ich nach zwei Uhr ihr den ersten Kavalier zuschickte. Sie war damals schon

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