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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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das eine sehr volkstümliche, populäre Sache ist; aber ich habe diesen Gedanken bis zu der kritischen Stunde zurückgelegt, bis zu dem erhabenen Momente, wo wir alle uns erheben werden und ... Aber da haben sie sich jetzt auf einmal eigenmächtigerweise und ohne Befehl so etwas beikommen lassen, gerade in einem Augenblicke, wo man sich verborgen halten muß und nur hinter der vorgehaltenen Hand atmen darf! Nein, das ist eine arge Eigenmächtigkeit! ... Kurz, ich weiß noch nichts Genaueres; man redet hier von zwei Schpigulinschen Arbeitern ... aber wenn auch die ›Unsrigen‹ dabei beteiligt sind, wenn auch nur ein einziger von ihnen dabei sein Schäfchen hat scheren wollen, dann wehe ihm! Da sehen Sie, wohin es führt, wenn man ihnen auch nur ein bißchen den Zügel locker läßt! Nein, dieses demokratische Gesindel mit seinen Fünferkomitees ist eine schlechte Stütze; was nötig ist, das ist ein einziger, majestätischer Wille, der Wille eines Götzen und Despoten, ein Wille, der sich auf nichts Zufälliges und außerhalb Stehendes stützt ... Dann werden auch die Fünferkomitees gehorsam den Schwanz einklemmen und gelegentlich sich als Sklaven brauchbar erweisen. Aber jedenfalls wird jetzt hier die Behauptung austrompetet, Stawrogin habe seine Frau verbrennen wollen und zu diesem Zwecke die Stadt angezündet; indessen ...«
    »Das wird schon austrompetet?«
    »Daß heißt, eigentlich noch nicht, und ich muß bekennen, ich habe noch gar nichts gehört; aber mit dem Volke ist ja nichts anzufangen, namentlich nicht mit den Abgebrannten.
Vox populi vox Dei.
Ein solches dummes Gerücht verbreitet sich ja im Handumdrehen ... Aber in Wirklichkeit haben Sie gar nichts zu befürchten. Dem Gerichte gegenüber stehen Sie völlig unschuldig da, und ebenso Ihrem eigenen Gewissen gegenüber; Sie haben es ja doch nicht gewollt? Nicht wahr? Indizien sind keine vorhanden, nur das eigentümliche Zusammentreffen ... Es müßte denn sein, daß Fedka sich an Ihre damalige unvorsichtige Äußerung bei Kirillow erinnerte (warum haben Sie das damals auch gesagt?); aber das beweist überhaupt nichts, und diesen Fedka werden wir unschädlich machen. Ich werde ihn gleich heute unschädlich machen ...«
    »Und die Leichen sind gar nicht verbrannt?«
    »Nicht im geringsten; diese Kanaille hat nichts so zu machen verstanden, wie es sich gehört. Aber ich freue mich wenigstens, daß Sie so ruhig sind ... denn Sie tragen ja zwar keinerlei Schuld daran, nicht einmal durch einen Gedanken; aber trotz alledem. Und dabei werden Sie selbst zugeben müssen, daß Ihnen dies alles vorzüglich zustatten kommt: Sie sind auf einmal ein freier Witwer und können jeden Augenblick ein schönes Mädchen mit gewaltigem Vermögen heiraten, ein Mädchen, das sich obendrein bereits in Ihren Händen befindet. Da sieht man, was ein einfaches, natürliches Zusammentreffen der Umstände für Wirkungen haben kann, nicht wahr?«
    »Sie drohen mir, Sie Dummkopf?«
    »Nun, lassen Sie es gut sein, lassen Sie es gut sein; warum sagen Sie gleich ›Dummkopf‹, und in was für einem Tone reden Sie? Sie sollten sich freuen; aber statt dessen ... Ich bin expreß hergeeilt, um Sie so schnell wie möglich zu benachrichtigen ... Und warum sollte ich Ihnen drohen? Was hätte ich davon? Ich brauche Ihren guten Willen und nicht Ihre Furcht. Sie sind mein Licht und meine Sonne! ... Ich bin es, der vor Ihnen gewaltige Furcht hat, nicht Sie vor mir! Ich bin ja kein Mawriki Nikolajewitsch ... Stellen Sie sich vor, ich fahre in einer extraschnellen Droschke her, und da sehe ich Mawriki Nikolajewitsch hier an Ihrem Gartengitter, an der hinteren Ecke des Gartens ... im Mantel, ganz durchnäßt; er hat gewiß die ganze Nacht da gesessen! Es ist erstaunlich, bis zu welchem Grade Menschen den Verstand verlieren können!«
    »Mawriki Nikolajewitsch! Ist das wahr?«
    »Gewiß ist es wahr. Er sitzt am Gartengitter. Von hier, – von hier mögen es ungefähr dreihundert Schritte sein, denke ich. Ich suchte so schnell wie möglich an ihm vorbeizukommen; aber er hat mich doch gesehen. Sie haben es nicht gewußt? Dann freue ich mich sehr, daß ich nicht vergessen habe, es Ihnen mitzuteilen. Gerade so einer ist am gefährlichsten, wenn er einen Revolver bei sich hat; und dazu noch die Nacht, das Schlackerwetter, die natürliche Gereiztheit; denn seine Situation ist ja allerdings eine sehr eigentümliche, ha-ha! Was meinen Sie, warum er da sitzt?«
    »Er wartet selbstverständlich auf Lisaweta

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