Die Dämonen
bestrafen wird ... Die Schuldigen sind der Sträfling Fedka und die Schpigulinschen Arbeiter; das sagt die ganze Stadt, und daher sage ich es ebenfalls.«
»Ist es so? Ist es so?« fragte Lisa am ganzen Leibe zitternd, wie wenn sie ihr Todesurteil erwartete.
»Ich habe sie nicht getötet und bin dagegen gewesen; aber ich habe gewußt, daß sie getötet werden würden, und habe die Mörder nicht zurückgehalten. Gehen Sie von mir fort, Lisa!« sagte Stawrogin und ging in den Saal hinein.
Lisa verbarg das Gesicht in den Händen und verließ das Haus. Peter Stepanowitsch wollte ihr zunächst nacheilen, kehrte aber sofort wieder um und ging in den Saal.
»Also so sind Sie? Also so sind Sie? Also Sie fürchten nichts?« stürzte er auf Stawrogin los. Er befand sich in völliger Raserei, murmelte unzusammenhängend, vermochte kaum Worte zu finden, und der Schaum stand ihm vor dem Munde.
Stawrogin stand mitten im Saale und antwortete ihm keine Silbe. Er hatte mit der linken Hand einen Büschel seines Haares lose gefaßt und lächelte wie geistesabwesend. Peter Stepanowitsch faßte ihn kräftig am Ärmel.
»Ist es denn mit Ihnen ganz zu Ende, wie? Was haben Sie denn da angerichtet? Sie werden noch alle denunzieren und selbst in ein Kloster oder zum Teufel gehen ... Aber ich werde Ihnen doch das Lebenslicht ausblasen, wenn Sie mich auch nicht fürchten!«
»Ah, Sie sind es, der da so plappert?« sagte Stawrogin endlich, ihn ansehend und erkennend. »Laufen Sie,« fuhr er, zur Besinnung kommend, fort, »laufen Sie ihr nach; lassen Sie meinen Wagen anspannen; verlassen Sie sie nicht ... Laufen Sie; so laufen Sie doch! Bringen Sie sie nach Hause, damit es niemand erfährt, und damit sie nicht dorthin geht... zu den Leichen ... zu den Leichen ... Setzen Sie sie mit Gewalt in den Wagen ... Alexei Jegorowitsch! Alexei Jegorowitsch!«
»Warten Sie, schreien Sie nicht! Die liegt gewiß schon in Mawrikis Armen ... Mawriki wird sie nicht in Ihren Wagen einsteigen lassen ... Warten Sie! Hier ist etwas, was jetzt mehr Wert hat als der Wagen!«
Er zog wieder den Revolver heraus; Stawrogin sah ihm ernst ins Gesicht.
»Nun gut, schießen Sie mich tot!« sagte er leise, fast in versöhnlichem Tone.
»Pfui Teufel, in was für eine unwahre Situation sich ein Mensch verirren kann!« rief Peter Stepanowitsch, der nur so zitterte. »Wahrhaftig, man sollte Sie totschießen! Sie hätte Ihnen wirklich verächtlich den Rücken drehen sollen! ... Ein schöner ›Nachen‹ sind Sie, Sie alter, löchriger, ausrangierter Kahn! ... Na, wenigstens aus Ingrimm, wenigstens aus Ingrimm sollten Sie jetzt zur Besinnung kommen! Ach, ach! Ist Ihnen denn wirklich alles egal, daß Sie selbst um eine Kugel vor die Stirn bitten?«
Stawrogin lächelte seltsam.
»Wenn Sie nicht ein solcher Clown wären, so würde ich jetzt vielleicht ja sagen ... Wenn Sie nur eine Spur verständiger wären...«
»Ich bin ein Clown; aber ich will nicht, daß Sie, die bessere Hälfte meines Ich, ein Clown seien! Verstehen Sie mich?«
Stawrogin verstand ihn und war vielleicht der einzige, der ihn verstand. Schatow war erstaunt gewesen, als Stawrogin zu ihm gesagt hatte, Peter Stepanowitsch sei ein Enthusiast.
»Verlassen Sie mich jetzt, und gehen Sie zum Teufel; bis morgen aber werde ich irgendeinen Entschluß aus mir herauspressen. Kommen Sie morgen wieder her!«
»Ja? Ja?«
»Wissen kann ich es nicht! ... Scheren Sie sich weg!«
Er ging aus dem Saal hinaus.
»Na, vielleicht ist es gerade so am besten,« murmelte Peter Stepanowitsch vor sich hin und steckte den Revolver weg.
III.
Er lief, um Lisaweta Nikolajewna einzuholen. Diese war noch nicht weit gegangen und nur einige Schritte vom Hause entfernt. Alexei Jegorowitsch hatte sie zurückzuhalten gesucht und folgte ihr auch jetzt, einen Schritt hinter ihr, im Frack, ohne Hut, in respektvoll vorgebeugter Haltung. Er flehte sie unaufhörlich an, doch auf die Equipage zu warten; der Alte war ganz erschrocken und weinte beinahe.
»Mach, daß du wegkommst; der Herr verlangt Tee, und es ist niemand da, um ihn zu servieren,« sagte Peter Stepanowitsch, schob den Kammerdiener weg und legte ohne weiteres Lisaweta Nikolajewnas Arm in den seinigen.
Diese entzog ihm ihren Arm nicht, schien aber noch nicht recht zur Besinnung gekommen zu sein und noch nicht den vollen Gebrauch der Denkkraft wiedererlangt zu haben.
»Erstens dürfen Sie nicht den Weg da einschlagen,« begann Peter Stepanowitsch auf sie einzureden; »wir
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