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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Unruhe den aufgeregten Kirillow. Dieser beruhigte sich übrigens bereits wieder und sah aus wie immer.
    »Sehen Sie, diese Menschen wollen es durchaus nicht glauben. Hoffentlich sind Sie nicht böse darüber, daß ich Liputin mitgebracht habe?«
    »Heute habe ich nichts dagegen; aber morgen will ich allein sein.«
    »Aber nicht, bevor ich komme, und dann in meiner Gegenwart.«
    »Ich möchte es nicht in Ihrer Gegenwart tun.«
    »Sie erinnern sich, daß Sie versprochen haben, alles niederzuschreiben und zu unterschreiben, was ich Ihnen diktieren werde.«
    »Es ist mir alles ganz egal. Werden Sie jetzt lange hierbleiben?«
    »Ich muß mich mit jemand anderswo treffen und bis dahin noch etwa eine halbe Stunde warten; dann werde ich Ihrem Wunsche gemäß fortgehen; aber diese halbe Stunde werde ich noch hier sitzen.«
    Kirillow schwieg. Liputin hatte unterdessen seitwärts Platz genommen, unter dem Bilde des Bischofs. Die tolle Idee von vorhin bemächtigte sich seiner immer mehr und mehr. Kirillow bemerkte ihn kaum. Liputin kannte Kirillows Theorie schon von früher her und hatte sich über ihn immer lustig gemacht; aber jetzt schwieg er und blickte finster um sich.
    »Ich wäre auch nicht abgeneigt, Tee zu trinken,« sagte Peter Stepanowitsch, sich auf seinem Platze hin und her bewegend. »Ich habe soeben ein Beefsteak gegessen und rechnete darauf, bei Ihnen Tee zu bekommen.«
    »Trinken Sie meinetwegen!«
    »Früher boten Sie einem von selbst Tee an,« bemerkte Peter Stepanowitsch säuerlich.
    »Das ist ganz egal. Liputin kann auch welchen trinken.«
    »Nein, ich ... ich kann nicht.«
    »Kann nicht oder will nicht?« fragte Peter Stepanowitsch, indem er sich schnell zu ihm umdrehte.
    »Ich werde bei Herrn Kirillow nicht trinken,« erwiderte Liputin, nachdrücklich ablehnend.
    Peter Stepanowitsch zog die Augenbrauen zusammen.
    »Das riecht nach Mystizismus; weiß der Teufel, was für Kerle ihr alle seid!«
    Niemand antwortete ihm; das Schweigen dauerte eine ganze Minute.
    »Aber das Eine weiß ich,« fuhr er dann in scharfem Tone fort, »daß keine Vorurteile einen von uns davon abhalten können, seine Pflicht zu erfüllen.«
    »Ist Stawrogin weggereist?« fragte Kirillow.
    »Ja.«
    »Daran hat er gut getan.«
    Peter Stepanowitschs Augen fingen schon an zu funkeln; aber er beherrschte sich.
    »Was Sie denken, ist mir gleichgültig, wenn nur jeder sein Wort hält.«
    »Ich werde mein Wort halten.«
    »Übrigens bin ich immer überzeugt gewesen, daß Sie als unabhängiger, fortschrittlich denkender Mensch Ihre Pflicht erfüllen werden.«
    »Sie aber sind lächerlich.«
    »Mag sein; ich freue mich sehr, wenn ich andere zum Lachen bringen kann. Es ist mir immer eine Freude, jemandem einen Dienst zu erweisen.«
    »Sie wünschen sehr, daß ich mich erschieße, und fürchten, daß ich es auf einmal nicht tue?«
    »Das heißt, sehen Sie wohl, Sie haben selbst Ihren Plan mit unseren Handlungen in Verbindung gesetzt. Da wir auf Ihren Plan rechneten, haben wir bereits ein Unternehmen eingeleitet, so daß Sie jetzt auf keine Weise sich weigern können, da Sie uns dazu gebracht haben.«
    »Sie haben keinerlei Recht.«
    »Ich verstehe, ich verstehe; Sie haben Ihren freien Willen und wir kein Recht; aber es ist zu wünschen, daß dieser Ihr freier Wille zur Ausführung gelangt.«
    »Und ich soll alle Ihre Schändlichkeiten auf meine Kappe nehmen?«
    »Hören Sie mal, Kirillow, Sie haben es doch nicht mit der Angst bekommen? Wenn Sie sich weigern wollen, so erklären Sie es sogleich!«
    »Ich habe es nicht mit der Angst bekommen.«
    »Ich meine, weil Sie anfangen, so viel zu fragen.«
    »Werden Sie bald fortgehen?«
    »Sie fragen schon wieder?«
    Kirillow blickte ihn verächtlich an.
    »Sehen Sie,« fuhr Peter Stepanowitsch fort, der sich immer mehr ärgerte und beunruhigte und nicht den richtigen Ton fand, »Sie wollen, daß ich fortgehe, damit Sie allein sind und Ihre Gedanken konzentrieren können; aber all dies sind gefährliche Zeichen, gefährlich für Sie, für Sie in erster Linie. Sie wollen viel nachdenken. Meiner Ansicht nach wäre es besser, nicht nachzudenken, sondern es ohne das zu tun. Sie beunruhigen mich wirklich.«
    »Zuwider ist mir dabei nur eins: daß in jenem Augenblicke ein solches Reptil wie Sie bei mir sein soll.«
    »Na, das ist ja ganz gleichgültig. Meinetwegen kann ich ja unterdessen hinausgehen und mich vor die Haustür stellen. Wenn Sie sterben wollen und so wenig gleichmütig sind, so ... so ist das doch

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