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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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alle und jeder haben uns einander gegenüber schuldig gemacht. Alle haben wir uns schuldig gemacht! ...«
    »Da haben Sie etwas sehr Gutes gesagt.«
    »Ja, ja ... Ich fühle, daß ich sehr gut rede. Ich werde sehr gut zu ihnen reden; aber, aber was wollte ich denn hauptsächlich sagen? Ich verwirre mich immer und kann mich nicht besinnen ... Wollen Sie mir wohl erlauben, daß ich mich nicht mehr von Ihnen trenne? Ich fühle, daß Ihr Blick und ... ich bin sogar erstaunt über Ihr Benehmen: Sie haben etwas Schlichtes und Einfaches; Ihre Aussprache ist nicht ganz korrekt; Sie gießen den Tee in die Untertasse und beißen von diesem häßlichen Stück Zucker ab; aber Sie haben etwas Reizendes, und ich sehe an Ihren Zügen ... Oh, erröten Sie nicht, und fürchten Sie mich nicht als Mann.
Chère et incomparable, pour moi une femme c'est tout.
Ich muß unbedingt neben einer Frau leben, aber nur neben ... Ich bin furchtbar in Verwirrung geraten ... Ich kann mich gar nicht besinnen, was ich sagen wollte. Oh, glücklich derjenige, dem Gott immer eine Frau sendet, und ... und ich denke sogar, daß ich mich in einer Art von Begeisterung befinde. Auch auf der Landstraße gibt es große Ideen! Sehen Sie, sehen Sie, das ist es, was ich sagen wollte: über die Idee; jetzt ist es mir eingefallen; aber vorher konnte ich gar nicht darauf kommen. Und warum haben uns diese Leute in einem Wagen weiter fortgeschickt? Dort war es doch auch hübsch, aber hier –
cela devient trop froid. À propos, j'ai en tout quarante roubles et voilà cet argent;
nehmen Sie es, nehmen Sie es; ich weiß nicht damit umzugehen; ich werde es verlieren, und man wird es mir wegnehmen, und ... Es scheint mir, daß ich sehr schläfrig bin; es dreht sich mir etwas im Kopfe herum. Ja, es dreht sich, es dreht sich, es dreht sich. Oh, wie gut Sie sind! Womit decken Sie mich da zu?«
    »Sie haben offenbar ein richtiges Fieber, und ich habe Sie mit meinem Tuche zugedeckt. Aber was das Geld anlangt, so möchte ich ...«
    »Oh, um Gotteswillen,
n'en parlons plus; parce que cela me fait mal;
oh, wie gut Sie sind!«
    Er hörte auf einmal auf zu reden und versank außerordentlich schnell in einen fieberhaften mit Frösteln verbundenen Schlaf. Der Landweg, auf dem sie diese siebzehn Werst fuhren, war sehr uneben, und der Wagen stieß gewaltig. Stepan Trofimowitsch wachte häufig auf, richtete sich schnell von dem kleinen Kissen in die Höhe, das ihm Sofja Matwejewna unter den Kopf geschoben hatte, ergriff sie bei der Hand und fragte:»Sind Sie hier?« als ob er fürchtete, sie könnte ihn verlassen haben. Er erzählte ihr auch, daß er von einem geöffneten Rachen mit Zähnen geträumt habe, und daß ihm das sehr widerwärtig gewesen sei. Sofja Matwejewna war in großer Unruhe um ihn.
    Der Kutscher fuhr sie geradeswegs zu einem großen, vierfenstrigen Bauernhause mit mehreren ebenfalls zum Wohnen eingerichteten Nebengebäuden auf dem Hofe. Stepan Trofimowitsch erwachte, beeilte sich hineinzugehen und begab sich ohne weiteres in die zweite Stube des Hauses, die die geräumigste und beste war. Sein verschlafenes Gesicht nahm einen sehr geschäftigen Ausdruck an. Der Wirtin, einer hochgewachsenen, kräftig gebauten Frau von ungefähr vierzig Jahren, die sehr schwarzes Haar und beinah einen Schnurrbart hatte, erklärte er sofort, er verlange das ganze Zimmer für sich; sie solle die Tür zumachen und niemand mehr hereinlassen, »
parce que nous avons à parler. Oui, j'ai beaucoup à vous dire, chère amie.
Ich werde es bezahlen, ich werde es bezahlen!« fügte er, zur Wirtin gewandt, mit einer abwehrenden Handbewegung hinzu.
    Obgleich er schnell sprach, bewegte er doch die Zunge nur unbeholfen. Die Wirtin hörte ihn mit unfreundlicher Miene an, schwieg aber zum Zeichen der Einwilligung; indes konnte man aus ihrem Wesen schon etwas Drohendes ahnen. Er jedoch merkte nichts davon und verlangte schleunigst (er hatte es furchtbar eilig), sie solle hinausgehen und sofort, so schnell wie nur möglich, das Mittagessen auftragen, »ohne den geringsten Verzug«.
    Nun aber konnte sich die Frau mit dem Schnurrbart nicht mehr halten:
    »Hier ist kein Wirtshaus, mein Herr; Mittagessen für Reisende liefern wir nicht. Wir kochen Krebse und stellen einen Samowar auf; aber weiter ist bei uns nichts zu haben. Frische Fische werden erst morgen da sein.«
    Aber Stepan Trofimowitsch wiederholte in zorniger Ungeduld unter lebhaften Gestikulationen: »Ich werde es bezahlen; nur schnell, nur

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