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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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bei Ihnen sein,« bemerkte ich nach einiger Überlegung.
    »Also um drei Uhr? Also habe ich gestern bei Stepan Trofimowitsch richtig vermutet, daß Sie mir ein klein wenig ergeben sind?« sagte sie lächelnd, drückte mir eilig zum Abschiede die Hand und ging schnell zu dem alleingelassenen Mawriki Nikolajewitsch.
    Als ich hinauskam, fühlte ich mich ganz niedergedrückt durch mein Versprechen und begriff gar nicht, was eigentlich vorgegangen war. Ich hatte eine Frau in wahrer Verzweiflung gesehen, so daß sie sich nicht davor gefürchtet hatte, sich durch ihr Vertrauen zu einem ihr fast ganz unbekannten Manne zu kompromittieren. Ihr weibliches Lächeln in einem für sie so schweren Augenblicke und der Hinweis darauf, daß sie schon gestern meine Gefühle bemerkt habe, gaben mir gewissermaßen einen Stich ins Herz; aber sie tat mir leid, sehr leid; das wars! Ihre Geheimnisse wurden für mich plötzlich etwas Heiliges, und wenn man sie mir sogar jetzt hätte enthüllen wollen, so hätte ich mir vermutlich die Ohren zugestopft und nichts weiter hören wollen. Ich ahnte nur etwas ... Und doch begriff ich gar nicht, auf welche Weise ich hier etwas ermöglichen könnte. Ja, ich wußte noch nicht einmal, was ich eigentlich ermöglichen sollte: eine Begegnung? Aber was für eine Begegnung? Und wie sollte ich die beiden zusammenbringen? Meine ganze Hoffnung beruhte auf Schatow, obgleich ich im voraus wissen konnte, daß er mir nicht behilflich sein werde. Aber dennoch eilte ich zu ihm.
     
IV.
     
    Erst am Abend, es war schon sieben durch, traf ich ihn zu Hause. Zu meinem Erstaunen hatte er Besuch: Alexei Nilowitsch war bei ihm und noch ein mir nur wenig bekannter Herr, ein gewisser Schigalew, ein Bruder von Frau Wirginskaja.
    Dieser Schigalew hielt sich schon seit zwei Monaten in unserer Stadt auf; ich wußte nicht, wo er hergekommen war; ich hatte über ihn nur gehört, daß er einen Aufsatz in einer fortschrittlichen Petersburger Zeitschrift habe drucken lassen. Wirginski hatte mich mit ihm gelegentlich auf der Straße bekannt gemacht. In meinem ganzen Leben habe ich nie einen Menschen mit so finsterem, mürrischem, verdrossenem Gesichte gesehen. Er sah aus, als erwarte er den Weltuntergang, und zwar nicht etwa irgendwann auf Grund von Prophezeiungen, die auch trügen könnten, sondern mit völliger Bestimmtheit, also zum Beispiel übermorgen vormittag um zehn Uhr und fünfundzwanzig Minuten. Wir hatten übrigens damals kaum ein Wort miteinander gewechselt, sondern einander nur wie zwei Verschwörer die Hand gedrückt. Am meisten waren mir an ihm die Ohren aufgefallen, die von unnatürlicher Größe, lang, breit und dick waren und in eigentümlicher Weise vom Kopfe abstanden. Seine Bewegungen waren ungeschickt und langsam. Wenn Liputin sich manchmal in Zukunftsträumereien darüber erging, daß die Fourierschen sozialistischen Phantasien sich in unserm Gouvernement verwirklichen würden, so wußte dieser aufs genaueste Tag und Stunde, wann das geschehen werde. Er machte mir einen unheimlichen Eindruck; ich war erstaunt, ihn jetzt bei Schatow zu treffen, um so mehr da Schatow Besuch überhaupt nicht gern bei sich sah.
    Schon als ich noch auf der Treppe war, hörte ich, daß sie sehr laut sprachen, alle drei zugleich, und, wie es schien, miteinander stritten; aber sowie ich erschien, verstummten sie alle. Sie hatten stehend gestritten; nun aber setzten sie sich auf einmal alle hin, so daß auch ich mich setzen mußte. Das dumme Stillschweigen wurde etwa drei volle Minuten lang nicht unterbrochen. Obgleich Schigalew mich wiedererkannte, tat er doch, als kenne er mich nicht, und das tat er gewiß nicht aus Feindschaft, sondern ohne besonderen Grund. Mit Alexei Nilowitsch begrüßte ich mich leichthin, aber schweigend und ohne Händedruck. Schigalew begann endlich, mich ernst und finster anzusehen, in dem sehr naiven Glauben, ich würde auf einmal aufstehen und hinausgehen. Schließlich erhob sich Schatow von seinem Stuhle, und alle andern sprangen plötzlich ebenfalls auf. Sie gingen hinaus, ohne Lebewohl zu sagen; nur sagte Schigalew, als sie schon in der Tür waren, zu Schatow, der ihnen das Geleit gab:
    »Vergessen Sie nicht, daß Sie Rechenschaft schuldig sind.«
    »Ich schere mich den Kuckuck um Ihre Rechenschaft und bin keinem Teufel etwas schuldig,« erwiderte Schatow und legte, als die beiden heraus waren, den Haken vor die Tür.
    »Narren!« sagte er, indem er mich anblickte und das Gesicht zu einem schiefen Lächeln

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