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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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überzeugt, gnädige Frau,« fuhr er, die Anrede häufig wiederholend, fort und wurde wieder dunkelrot, »daß ich nicht so ungebildet bin, wie ich in Ihrem Salon auf den ersten Blick vielleicht erscheine. Ich und meine Schwester sind ein Nichts, gnädige Frau, im Vergleiche zu der Pracht, die wir hier wahrnehmen. Außerdem haben wir Feinde, die uns verleumden. Aber auf seinen Ruf ist Lebjadkin stolz, gnädige Frau, und ... und ... ich bin gekommen, um zu danken ... Hier ist das Geld, gnädige Frau!«
    Er zog eine Brieftasche hervor, entnahm ihr ein Päckchen Banknoten und begann unter ihnen mit zitternden Fingern in einem wütenden Anfall von Ungeduld zu suchen. Offenbar wollte er noch möglichst schnell etwas zur Erklärung sagen, und das war ja auch sehr notwendig; aber da er wahrscheinlich selbst merkte, daß das Herumkramen in dem Gelde ihm ein noch dümmeres Ansehen gab, so verlor er den letzten Rest von Selbstbeherrschung; das Geld wollte sich absolut nicht zusammenzählen lassen; seine Finger hinderten sich gegenseitig, und um die Blamage voll zu machen, glitt ein grüner Schein aus der Brieftasche heraus und flatterte im Zickzack auf den Teppich.
    »Zwanzig Rubel, gnädige Frau,« sagte er und sprang mit einigen Banknoten in der Hand auf; sein Gesicht war von der ausgestandenen Qual mit Schweiß bedeckt; als er auf dem Fußboden die hingefallene Banknote bemerkte, wollte er sich schon bücken, um sie aufzuheben, schämte sich aber aus irgendwelchem Grunde und machte eine verzichtende Handbewegung.
    »Für Ihre Leute, gnädige Frau, für den Bedienten, der es aufheben wird; mag er sich an Lebjadkin erinnern!«
    »Das kann ich unter keinen Umständen zulassen,« versetzte Warwara Petrowna eilig und ein wenig ängstlich.
    »Nun dann ...«
    Er bückte sich, hob den Schein auf, wurde dunkelrot, trat plötzlich auf Warwara Petrowna zu und hielt ihr das abgezählte Geld hin.
    »Was ist das?« fragte sie; sie war jetzt ganz erschrocken und bog sich sogar in ihrem Lehnstuhl zurück.
    Mawriki Nikolajewitsch, ich und Stepan Trofimowitsch taten jeder ein paar Schritte vorwärts.
    »Beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich; ich bin nicht verrückt; ich bin wahrhaftig nicht verrückt,« versicherte der Hauptmann in großer Aufregung nach allen Seiten hin.
    »Doch, mein Herr; Sie haben den Verstand verloren.«
    »Gnädige Frau, das verhält sich alles anders, als Sie meinen! Ich bin freilich nur ein unbedeutendes Glied in der Kette ... Oh, gnädige Frau, Ihre Prunkgemächer sind reich, und armselig ist die Wohnung meiner Schwester Marja Namenlos, geborenen Lebjadkina; aber wir nennen sie vorläufig Marja Namenlos, vorläufig, gnädige Frau, nur vorläufig; denn für die Dauer wird das Gott selbst nicht zulassen! Gnädige Frau, Sie haben ihr zehn Rubel gegeben, und sie hat sie angenommen, aber nur weil sie von Ihnen kamen, gnädige Frau! Hören Sie, gnädige Frau! Von keinem andern in der Welt nimmt diese Marja Namenlos etwas an; sonst müßte sich ja ihr Großvater, der Stabsoffizier, der im Kaukasus vor Jermolows eigenen Augen fiel, im Grabe umdrehen; aber von Ihnen, gnädige Frau, von Ihnen nimmt sie alles an. Aber mit der einen Hand nimmt sie an, und mit der andern reicht sie Ihnen hier zwanzig Rubel, in Gestalt einer Spende für eines der hauptstädtischen Wohltätigkeitskomitees, deren Mitglied Sie, gnädige Frau, sind ... wie Sie ja selbst, gnädige Frau, in den ›Moskauer Nachrichten‹ angezeigt haben, daß bei Ihnen hier in unserer Stadt das Gabenbuch einer wohltätigen Gesellschaft ausliegt, in das sich jeder eintragen kann ...«
    Der Hauptmann brach plötzlich ab; er atmete mühsam, wie nach einer schweren Heldentat. Alles, was er über das Wohltätigkeitskomitee gesagt hatte, war wahrscheinlich vorher zurechtgelegt, vielleicht ebenfalls unter Liputins Redaktion. Er schwitzte jetzt noch ärger; der Schweiß stand ihm in großen Tropfen an den Schläfen. Warwara Petrowna blickte ihn durchdringend an.
    »Dieses Buch«, erwiderte sie in strengem Tone, »befindet sich immer unten bei dem Portier meines Hauses; dort können Sie Ihre Gabe eintragen, wenn Sie wollen. Deshalb bitte ich Sie, Ihr Geld jetzt einzustecken und nicht damit in der Luft herumzufuchteln. So ist's schön. Ferner bitte ich Sie, Ihren früheren Platz wieder einzunehmen. So ist's schön. Ich bedauere sehr, mein Herr, daß ich mich in betreff Ihrer Schwester geirrt und ihr eine Unterstützung gegeben habe, während sie so reich ist. Nur eines verstehe

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