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Die Dämonen

Titel: Die Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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ich nicht: warum sie von mir allein etwas annehmen kann, von andern aber um keinen Preis etwas annehmen will. Sie haben darauf einen solchen Nachdruck gelegt, daß ich eine ganz genaue Erklärung zu erhalten wünsche.«
    »Gnädige Frau, das ist ein Geheimnis, das vielleicht erst im Sarge begraben sein wird!« antwortete der Hauptmann.
    »Warum denn?« fragte Warwara Petrowna, aber ihr Ton war nicht mehr ganz so fest.
    »Gnädige Frau, gnädige Frau! ...«
    Er schwieg mit finsterer Miene, blickte zu Boden und legte die rechte Hand auf das Herz. Warwara Petrowna wartete, ohne die Augen von ihm abzuwenden.
    »Gnädige Frau!« brüllte er auf einmal los, »erlauben Sie, daß ich Ihnen eine Frage vorlege, nur eine einzige, aber offen, geradezu, in echt russischer Art, von Herzen?«
    »Bitte sehr.«
    »Haben Sie in Ihrem Leben gelitten, gnädige Frau?«
    »Sie wollen einfach sagen, daß Sie selbst von jemandem zu leiden gehabt haben oder noch zu leiden haben?«
    »Gnädige Frau, gnädige Frau!« Er sprang auf einmal wieder auf, wahrscheinlich ohne sich dessen selbst bewußt zu werden, und schlug sich gegen die Brust. »Hier in diesem Herzen hat sich so viel angesetzt von allem, was darin gesiedet hat, so viel, daß beim Jüngsten Gerichte Gott selbst sich wundern wird, wenn es zutage kommt!«
    »Hm! Das ist stark ausgedrückt.«
    »Gnädige Frau, ich spreche vielleicht in etwas gereiztem Tone ...«
    »Seien Sie unbesorgt; ich weiß schon selbst, wann es nötig sein wird, Sie anzuhalten.«
    »Darf ich Ihnen noch eine Frage vorlegen, gnädige Frau?«
    »Tun Sie das!«
    »Kann man einzig und allein an Edelmut des Herzens sterben?«
    »Das weiß ich nicht; ich habe mir diese Frage noch nicht vorgelegt.«
    »Sie wissen es nicht! Sie haben sich diese Frage noch nicht vorgelegt!« schrie er mit spöttischem Pathos. »Wenn's so ist, wenn's so ist, dann
    ›Schweig still, mein hoffnungsleeres Herz!‹«
    Und er schlug sich wütend gegen die Brust.
    Er ging schon wieder im Zimmer auf und ab. Eine Eigenheit dieser Leute besteht darin, daß sie völlig außerstande sind, ihre Wünsche in ihrem Innern zurückzuhalten, und vielmehr einen unüberwindlichen Drang verspüren, dieselben sofort nach ihrem Entstehen zu äußern, sogar in ihrer ganzen Häßlichkeit. Wenn ein solcher Herr in eine Gesellschaft hineingerät, in die er nicht hineinpaßt, so benimmt er sich gewöhnlich anfangs schüchtern; aber sobald man ihm die Zügel auch nur ein klein wenig locker läßt, geht er sofort zu Dreistigkeiten über. Der Hauptmann war bereits in Hitze geraten; er ging hin und her, schwenkte die Arme, hörte nicht auf Fragen und redete in sehr schnellem Tempo von sich selbst, so daß die Zunge manchmal nicht mitkonnte und er, ohne den Satz zu Ende zu bringen, auf einen andern übersprang. Allerdings war er nicht ganz nüchtern; auch saß Lisaweta Nikolajewna dabei, nach der er zwar nie hinblickte, deren Gegenwart aber bei ihm anscheinend ein starkes Gefühl des Schwindels hervorrief. Übrigens war das von mir nur eine Vermutung. Es mußte also einen Grund geben, weshalb Warwara Petrowna mit Überwindung ihres Widerwillens sich entschloß, einen solchen Menschen anzuhören. Praskowja Iwanowna zitterte einfach vor Angst; allerdings schien sie nicht ganz zu verstehen, um was es sich handelte. Stepan Trofimowitsch zitterte ebenfalls, aber im Gegensatze zu ihr, weil er immer geneigt war, zuviel zu verstehen. Mawriki Nikolajewitsch stand in der Haltung des gemeinsamen Beschützers da. Lisa war etwas blaß und blickte mit weit geöffneten Augen unverwandt nach dem wilden Hauptmann hin. Schatow saß in seiner früheren Haltung da; aber was das Allerseltsamste war, Marja Timofejewna hatte nicht nur aufgehört zu lachen, sondern war sogar schrecklich traurig geworden. Sie hatte sich mit dem rechten Ellbogen auf den Tisch gestützt und verfolgte mit einem langen, traurigen Blicke ihren schwadronierenden Bruder. Nur Darja Pawlowna schien mir ruhig zu sein.
    »Das ist ja lauter törichtes allgemeines Geschwätz!« rief Warwara Petrowna endlich ärgerlich. »Sie haben noch nicht auf meine Frage ›warum‹ geantwortet. Ich warte immer noch auf Ihre Antwort und dringe darauf.«
    »Ich habe nicht geantwortet ›warum‹? Sie erwarten eine Antwort auf die Frage ›warum‹?« erwiderte der Hauptmann, mit den Augen zwinkernd. »Dieses kleine Wörtchen ›warum‹ ist seit dem ersten Schöpfungstage durch das ganze Weltall ausgegossen, gnädige Frau, und die ganze

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