Die Dämonenfängerin. Aller Anfang ist Hölle
ansehen, nur dass sie dieses Mal der Star war und es kein Stunt-Double gab. Wer immer das Video aufgenommen hatte, hatte seine Sache gut gemacht, obwohl das Bild gelegentlich wild hin und her sprang.
Und das alles war im Internet zu sehen. Auf der ganzen Welt würden Menschen sich das anschauen und über sie lachen. Sich über sie lustig machen. Und sie hatte keine Möglichkeit, sich zu entziehen.
»Seht euch an, wie das Zeugs durch die Gegend fliegt«, sagte jemand.
Als die Bücherregale Selbstmord begingen, holte Beck scharf Luft. Der letzte Teil des Videos zeigte Riley, wie sie blutig und geschlagen aus der Bibliothek humpelte.
»Mein Gott«, flüsterte ihr Vater und nahm sie so fest in den Arm, dass sie keine Luft mehr bekam. Er war nicht böse auf sie, auch nicht enttäuscht. So heftig umarmte er sie nur, wenn er Angst hatte. Als er sie endlich freigab, sah sie es an seinem Gesichtsausdruck, obwohl er versuchte, es zu verbergen. Dann lächelte er, und in seinen Augenwinkeln bildeten sich kleine Fältchen. »Du hast deine Sache sehr gut gemacht, Riley. Ich bin stolz auf dich.«
Sie riss den Mund auf, als die Tränen erneut bedrohlich nahe waren.
»Ich auch«, sagte Beck, als er zu seinem Bier zurückkehrte.
Als sie aufschaute, ruhten alle Blicke auf ihr. Ein paar Mitglieder nickten ihr anerkennend zu. Jackson blickte zu Harper hinüber, dann zurück zu Riley.
»Das war garantiert kein Einer«, sagte er.
»Da stimme ich dir zu. Ziemlich sicher ein Geo-Dämon«, sagte ein anderer.
Harper richtete sich auf. »Das ist völlig schnuppe. Wir können so was nicht durchgehen lassen. Wie stehen wir denn da!«
»O Mann, fick dich, Harper«, knurrte Jackson. »Du hasst jeden Lehrling, den wir haben. Und deine eigenen behandelst du wie Dreck. Ich muss es schließlich wissen.«
»Wenn du dich nicht so idiotisch angestellt hättest«, begann der Meister.
Rileys Dad zupfte sie am Ärmel. »Warum wartest du nicht lieber draußen? Es wird ziemlich scheußlich werden, und ich möchte lieber nicht, dass du das hörst.«
»Aber was ist mit meiner Lizenz?«
»Genau deshalb wird es scheußlich werden.«
Oh.
Beck warf seine Schlüssel vor ihr auf den Tisch. »Leiste doch dem Dämon ein bisschen Gesellschaft. Wahrscheinlich vermisst er dich schon.«
Zornig funkelte sie ihn an.
Ihr Vater ging dazwischen. »Warte im Truck und verriegel die Türen. Ich komme bald nach. Geh schon. Alles wird gut.«
Alles wird gut.
Es klang wie ein Fluch.
4. Kapitel
Kaum hatte Riley den Truck erreicht, trat sie gegen den nächsten Reifen und stellte sich dabei vor, es sei Becks Schädel. Es war eine ziemlich blöde Idee, weil der Fuß anschließend genauso wehtat wie der Rest ihres Körpers. Der Zorn brachte ihr gar nichts – wenn Harper die anderen lange genug schikanierte, würden sie ihr die Ausbildungslizenz entziehen. Und wenn sie erst einmal rausgeflogen war, konnte sie einpacken. Es gäbe keinen Weg zurück.
Und dann?
Sie müsste sich einen Job als Kellnerin oder so suchen.
Das passt überhaupt nicht zu mir.
Ein zwitscherndes Geräusch ließ sie aufblicken. Ein Schwarm Fledermäuse schoss explosionsartig unter der Traufe des Tabernakels hervor. Riley beobachtete, wie sie im Nebel davonjagten, und beneidete sie um ihre Freiheit. Aus der Ferne hallte leise ein chorartiges Geheul in den Straßen wider. Kojoten. Jede Nacht gingen sie auf die Jagd und streiften in Rudeln durch die Gegend, auf der Suche nach einer Mahlzeit, die ihren Weg kreuzte. Langsam kehrte die Stadt zurück zu den Gesetzen der Natur.
Kritisch musterte sie den Truck. Typisch Beck. Wer sonst würde in einem zerbeulten rostroten Ford F 250 mit dem Aufkleber der Staatsfahne von Georgia auf der Heckscheibe herumfahren? Daneben klebte das offizielle Emblem der Zunft und darunter ihr inoffizieller Slogan –
Wir machen den Dämonen die Hölle heiß
. Unzählige Bierflaschen rollten auf der Ladefläche herum wie Bowlingkugeln, sobald Beck um die Kurve fuhr. Schon bald würde er noch ein paar zu dem Haufen dazutun.
Sie schloss die Tür auf und kletterte hinein, um aus der Kälte herauszukommen. Das Innere des Wagens roch nach der Lederjacke seines Besitzers. Sie tastete unter dem Sitz herum, holte ihren Dämon hervor und stopfte ihn in die Tasche. Sein Angebot, ihr einen Gefallen zu tun, wenn sie ihn freiließe, ignorierte sie, woraufhin er ihr den ausgestreckten Mittelfinger zeigte. Manchmal war das transparente Plastik der Tasse alles andere als ein Segen.
Wie
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