Die Daemonenseherin
Kerzengerade saß er da und durchbohrte Devon mit einem Blick, der sagen sollte: Sagen Sie sofort, dass das nicht wahr ist!
»Vor zwei Jahren?«, schnappte Logan, der schon bei dem Wort Superseher am liebsten gekotzt hätte. »Du willst mir allen Ernstes erklären, dass diese tickenden Zeitbomben seit zwei Jahren da draußen herumlaufen? Wie viele sind es?«
»Insgesamt waren es fünfzehn. Der Rat hat ein paar Männer auf sie angesetzt, aber es ist ihnen nicht gelungen, mehr als zwei aufzuspüren und einzufangen.«
Bevor Roberts noch etwas sagen konnte, kam ihm Logan zuvor. »Zwei von fünfzehn – Erfolg sieht anders aus. Dann die drei von heute, bleiben noch zehn.« Er sah seinen Bruder an. »Was passiert mit denen, die ihr einfangt? Experimentiert ihr weiter?«
»Logan, glaubst du wirklich, ich würde dich um Hilfe bitten, wenn wir das wollten? Ich habe nicht vor, dich oder die Behörde zu täuschen.« Devon schüttelte den Kopf. »Verflucht, das sind unsere Leute, die für diese Versuche missbraucht wurden! Ich will ihnen helfen. Die, die wir gefasst haben, wurden in Tiefschlaf versetzt. Eine Art künstliches Koma, das verhindern soll, dass sie auf ihre Kräfte zugreifen und den Dämon damit nähren können. In diesem Zustand werden sie bleiben, bis wir einen Weg gefunden haben, diese dämonische Saat zu entfernen.«
»Was ist mit den Chips?« Die Gemeinschaft implantierte den ihr angehörenden Sehern weiterentwickelte RFID-Chips unter die Haut, durch die es möglich war, ihren Standort zu bestimmen. Um die Stadt herum gab es ein dichtes Netz aus Lesegeräten, die an Bäumen, Laternen, Strommasten und Häusern angebracht waren und Alarm auslösten, sobald einer der Seher die Stadt verließ. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass sie sich nicht ohne Erlaubnis von der Gemeinschaft entfernten. Warum nutzten sie den Chip nicht, um diese Dämonenseher innerhalb der Stadt aufzuspüren? Alles, was dazu nötig war, waren ein paar mobile Lesegeräte, mit denen sie die Stadt durchkämmten.
»Sie scheinen einen Weg gefunden zu haben, die Chips unschädlich zu machen.«
Was nicht sonderlich schwer war, wenn sie erst herausgefunden hatten, an welcher Stelle im Körper sich der Chip befand. Logan hatte nicht den Eindruck, dass sein Bruder ihn belog. Dennoch haderte er mit dem Gedanken, für die Gemeinschaft zu arbeiten. Vielleicht hatte Devon nicht vor, diese Experimente fortzusetzen, das musste jedoch nicht unbedingt für die restlichen Ratsmitglieder und die Forscher gelten. »Wer garantiert, dass deine Frankensteins nicht heimlich weiterexperimentieren?«
»Ich werde es verhindern.« Devon griff nach der Ledermappe, zog eine Akte heraus und hielt sie Logan hin. »Hier drin findest du alle nötigen Informationen über die Personen, die du aufspüren sollst.«
Logan griff danach, schlug den Deckel auf und warf einen Blick auf die Papiere dahinter. Was er fand, war eine Sammlung einzelner Blätter, die alle gleich aufgebaut waren. Ein Foto des jeweiligen Sehers oben, darunter Name und Geburtsdatum und besondere Fähigkeiten oder Merkmale. Er blätterte kurz durch die Papiere, ohne sie genauer anzusehen, ein schnelles Daumenkino aus unterschiedlichen Fotos. Dann schlug er den Aktendeckel wieder zu und sah seinen Bruder an. »Adressen hast du wohl nicht?«
Devon verzog die Lippen zu einem angedeuteten Lächeln. Er zog das oberste Blatt aus der Akte und legte es auf den Tisch. »Das ist Professor Joseph Sparks. Mit ihm solltest du anfangen. Er hat das Projekt damals ins Leben gerufen. Das macht ihn wohl zur besten Hilfe, die du kriegen kannst.«
»Dann bring mich zu ihm.«
»Er hält sich nicht mehr innerhalb der Gemeinschaft auf.«
Logan runzelte die Stirn. Niemand wandte sich von der Gemeinschaft ab, und dass sich der Leiter des Projekts selbst als Versuchskaninchen zur Verfügung gestellt hatte und mit den anderen geflohen war, konnte er sich nicht vorstellen.
»Nach dem Massaker am Leith Walk wollte Sparks nichts mehr mit weiteren Versuchen zu tun haben«, erklärte Devon. »Er klassifizierte das Projekt als gefährlich und grausam, verbrannte seine Unterlagen und verließ die Gemeinschaft. Leider konnte ein nicht unerheblicher Teil seiner Aufzeichnungen von seiner damaligen Assistentin aus den Flammen gerettet werden.«
»Ich soll also einen Typen finden, der sich seit fast drei Jahren erfolgreich vor der Gemeinschaft versteckt, damit der mir hilft, die anderen aufzuspüren«, fasste Logan
Weitere Kostenlose Bücher