Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)
zischte Derringer. «Die Hafenmiliz. Vergessen Sie das nicht.» Er trat zurück und lächelte erneut. «Morgen früh erwartet Sie der Gouverneur auf Wyrmwood Manor, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er erfreut sein wird. Die Gargoyle-Gesellschaft hat für dieses Fest ein Vermögen gespendet. Wenn es nach mir ginge, würde ich Ihre ganze Bande in ein Haifischbecken werfen. Und jetzt verschwinden Sie von diesem Schiff, bevor ich die Geduld verliere.»
Es war kurz nach Mitternacht, als die Wächter die
Zornige Rache
verließen.
Tabitha sah von der Barkasse aus zurück zum Schiff und seinem verbrannten Mast. Endlich hatte sie den Geschmack des Abenteuers gekostet, aber irgendwie konnte sie sich nicht darüber freuen. Ehrlich gesagt, fühlte sie sich verängstigt und krank und war froh, nach Hause zu fahren.
Newton wechselte den Platz, um neben ihr zu sitzen.
«Tabs», sagte er.
«Ich weiß, ich weiß, aber hör zu: Ich habe sie nach unten gehen sehen und wollte euch warnen. Und das hätte auch fast geklappt. Wenn ich nur ein paar Sekunden später gekommen wäre, dann –»
«Das reicht.» Aufrichtiger Zorn lag in seiner Stimme, was sie auf der Stelle verstummen ließ. «Tabs, du musst tun, was ich dir sage, hörst du? Ich weiß, dass das schwer ist. Du lebst schon sehr lange bei mir. Und vielleicht habe ich dir auch zu viel durchgehen lassen. Aber jetzt, wo du zur Wache gehörst, ist das etwas anderes.»
Wenigstens das gestand er ihr zu.
«Leute können deshalb ihr Leben verlieren. Sie könnten
sterben
. Du hast die alte Frau gesehen. Verstehst du, was ich meine?»
Tabitha machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, doch es kam kein Ton heraus. Stattdessen biss sie sich auf die Lippe und nickte stumm. Das Gesicht der alten Frau lauerte in ihrem Kopf wie eine Spinne im Kleiderschrank, die sie nicht anzusehen wagte. Sie hatte einen solchen Zauber noch nie gesehen. Hal hatte auf der Zauberakademie von Azurmouth einige beeindruckende Tricks gelernt. An guten Tagen konnte er mit Hilfe seiner Geisteskraft sogar einen Sessel durch die Luft schweben lassen. Aber diese alte Frau war anders. Sie war viel beängstigender. Diese merkwürdigen schwarzen Augen … Tabitha schauderte.
«Wer ist sie, Newt?»
Dieser schüttelte den Kopf.
«Ich weiß es nicht. Aber wir werden es herausfinden.»
Er starrte zurück zum Schiff, und Tabitha bemerkte, dass seine Fingerknöchel weiß waren, so fest umklammerte er den Stock in seinem Schoß, den er sich auf der
Zornigen Rache
zurückgeholt hatte. Paddy hatte ihr einmal erzählt, dass er das Geschenk eines alten Klabautermanns gewesen sei, eines Reisenden aus den Ländern jenseits der Neuen Welt. Es war ein schlichter Stock – drei zusammengefügte glänzende schwarze Holzleisten –, aber Newton verwendete beim Nahkampf keine andere Waffe.
Die Todesfee
nannte er ihn.
«Es tut mir leid, Newt», sagte sie leise. «Dass ich runtergekommen bin.»
«Aye.»
Doch er hörte ihr nicht richtig zu. In seinen Augen war etwas, ein Ausdruck, den Tabitha noch nie zuvor gesehen hatte. Und mit Schrecken wurde ihr klar, was es war.
Furcht.
ZWEITER TEIL Fayter
9. Kapitel
D as Herrenhaus Wyrmwood Manor, mit seinen grauen Mauern, Befestigungen und Türmen, thronte am Rand der Klippe wie der Schatten eines Drachen, der im Begriff war, sich auf Port Fayt zu stürzen.
Newton war nicht erpicht auf diese Begegnung. Ganz und gar nicht.
Ein Diener führte ihn über einen kiesbestreuten Weg, vorbei an Palmen, getrimmten Rasenflächen und Hecken. Es war merkwürdig still, abgesehen vom Knirschen der Kiesel unter ihren Füßen und dem gelegentlichen Schrei einer Möwe. Hier und da sah Newton plätschernde Brunnen und Fischteiche. Außerdem Statuen von Helden aus der Alten Welt, die mit Breitschwertern, Äxten und Bögen posierten.
Was immer man von der Familie Wyrmwood halten mochte, die Gärten waren wunderschön. Selbst Slik schien aus dem Staunen nicht mehr herauszukommen, während er rittlings auf der Schulter seines Herrn thronte und sich an dessen Kragen festhielt. Dennoch fühlte Newton sich nicht wohl in seiner Haut. Er war an das laute, ungeordnete Treiben des Hafens gewöhnt, das er zurückgelassen hatte. Mit einem Anflug von Verlegenheit sah er auf seine schmuddelige Jacke und die fast durchgelaufenen Stiefel hinab. Das goldene Jackett und die weißen Strümpfe des Dieners vor ihm waren makellos.
Am Ende des Pfades, kurz vor der Eingangstür, kamen sie zu einer riesigen antiken
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