Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)
also nicht allein. Irgendjemand hilft ihr.»
Es war dunkel in der Kutsche, und Grubb konnte nur mit Mühe die Umrisse der Wächter erkennen, die ihm gegenübersaßen.
«Tja», sagte Frank. «Wer es auch ist, muss ein gewaltiger Grützkopf sein. Das sieht doch ein Blinder, dass sie eine verrückte alte Krabbe ist.»
Brillengläser leuchteten auf – Hal schüttelte den Kopf.
«Ich bin anderer Meinung. Wer auch immer ihr hilft, hat sicher mehr im Kopf als Grütze. Er ist vielleicht ein bisschen leichtsinnig. Ehrgeizig möglicherweise …»
«Was willst du damit sagen?»
«Haltet ihr es etwa für einen Zufall, dass die Hexe genau in dem Moment in der Gasse gelauert hat, als Derringers Schwarzmäntel den Pastetenladen angriffen?»
Niemand sagte etwas, als ihnen die Bedeutung von Hals Worten klarwurde.
«Cyrus Derringer», sagte Newton.
«Du meinst, er hilft der Hexe?», fragte Frank skeptisch.
«Möglich wäre es. Vielleicht hat er dafür gesorgt, dass sie von vorn angreifen, während sie sich hinten versteckt hielt.»
«Aber was hätte er davon?»
«Macht, schätze ich. Derringer macht sich nichts aus Geld, aber wenn die Hexe ihm einen Posten angeboten hat – als Sonderberater des Gouverneurs oder etwas in der Art –, das würde sein Interesse wecken.»
Frank stieß einen Pfiff aus.
«Er tut also die ganze Zeit so, als wäre er etwas Besseres als wir, und dann zieht er los und liefert die ganze verdammte Stadt ans Messer.»
«Vielleicht», sagte Newton. «Aber lassen wir ihn im Augenblick beiseite. Die Hexe hat den Löffel, und das bedeutet, dass wir Gouverneur Wyrmwood warnen müssen. Und zwar schnell.»
«Ja», sagte Hal. «Aber in Wyrmwood Manor wird es von Schwarzmänteln nur so wimmeln. Außerdem wissen wir nicht einmal mit Sicherheit, dass die Hexe hinter dem Gouverneur her ist.»
«Das stimmt. Aber im Augenblick ist es die naheliegendste Vermutung. Falls also niemand eine bessere Idee hat …?»
«Und was ist mit Tabs?», fragte Grubb. Selbst im Dunkeln konnte er spüren, dass sie ihn ansahen. «Wir müssen sie zuerst retten, oder nicht?»
Einen Moment lang sagte niemand ein Wort. Dann spürte Grubb Franks große Hand auf seiner Schulter.
«Joseph, die Hexe hat kein Interesse an Tabitha. Sie ist höchstwahrscheinlich gerade auf dem Weg nach Wyrmwood Manor. Entweder ist Tabs bei ihr, oder …» Er verstummte, und es entstand ein unangenehmes Schweigen.
Old Jon beugte sich vor und hielt Grubb etwas hin. Es war schwer und bestand aus Holz und Metall. Eine Pistole.
«Die wirst du brauchen», sagte der Elf, «wenn du mit uns kommst.»
Grubb nickte benommen. Er würde mitkommen. Natürlich würde er das.
«Und was ist mit uns, bitte schön?», schnaubte Mrs. Bootle. «Was sollen wir tun, während ihr euch im Haus des Gouverneurs herumtreibt?»
«Keine Sorge, Mrs. Bootle», sagte Newton. «Wir setzen Sie vorher am Leuchtturm ab.» Er hob die Hand und klopfte gegen das Dach der Kutsche, die sich mit einem Ruck in Bewegung setzte. Der Mond warf einen Lichtstrahl durchs Fenster und beleuchtete die Wächter, die sich auf der Sitzbank gegenüber zusammendrängten. Alle hatten die Stirn in Falten gelegt.
Leise rollte die Kutsche dahin. Grubb umklammerte seine Pistole so fest, dass seine Knöchel weiß wurden.
«Glaubt ihr, es geht ihr gut?», fragte er nach einer Weile.
Newton sah aus dem Fenster. Old Jon holte ein Messer heraus und fuhr mit dem Finger prüfend über die Schneide. Niemand antwortete ihm.
28. Kapitel
D as kühle, feuchte Tuch lag wohltuend auf Eugene Wyrmwoods Stirn und löschte den Schmerz und die dunklen Gedanken aus.
Versuch zu vergessen
. Er schloss die Augen, sank tiefer in den Sessel und drückte die Puppe, die er in der Hand hielt, noch fester.
Das Bild von Newton, dem Dämonenwächter, stieg vor ihm auf.
Es gibt eine Hexe, Euer Gnaden. Sie treibt hier in Port Fayt ihr Unwesen.
Er hatte die Sache untersuchen wollen, und Eugene Wyrmwood hatte Nein gesagt. Was hätte er auch sonst antworten sollen?
Doch jetzt war Newton womöglich tot.
Er knirschte mit den Zähnen.
Denk nicht daran. Denk an die Puppe.
Das beruhigte ihn immer.
Er konnte sich noch lebhaft an den Tag erinnern, an dem er sie bekommen hatte. An jedes Detail, jeden Geruch und jedes Geräusch … Es war schon eine komische Sache mit diesen Erinnerungen.
Er war natürlich noch ein Junge gewesen. Acht Jahre alt. Seine Mutter hatte ihn damals von früh bis spät zum Lernen angehalten, Tag für Tag.
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