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Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)

Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)

Titel: Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conrad Mason
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dunkelhaarig, gutaussehend. Und sie – jung und schön, das lange blonde Haar leuchtet in der Sonne. Tabitha schwebt hinter ihnen wie ein Geist. Sie sehnt sich danach, sie einzuholen, kommt aber nicht schnell genug voran. Sie kann weder ihre Gesichter sehen, noch kann sie hören, worüber sie reden …
    Und schon spürt sie, wie sich alles verändert. Das Sonnenlicht ist zu grell, der Himmel zu blau, die Hausdächer sind spitz wie Drachenzähne. Sie weiß, was geschehen wird, macht den Mund auf und schreit, doch es kommt kein Ton heraus, ihre Eltern gehen weiter, und es gibt nichts, gar nichts, was sie dagegen tun kann. Schließlich erreichen die beiden das Haus mit dem offenen Fenster, und Tabitha schreit, bis ihr die Stimme versagt. Nur einmal, ganz kurz, schaut ihr Vater über die Schulter, und sie sieht für einen flüchtigen Moment sein Gesicht; ihr Herz brennt vor Liebe und vom Schmerz des Verlusts.
    Zwei blutrote Flaschen sausen aus dem offenen Fenster, splitterndes Glas gellt in ihren Ohren, und die Welt zerspringt in Scherben. Da ist ihre Mutter, die zu Boden stürzt und die Hände vors Gesicht schlägt. Da sind Schwarzmäntel, die auf sie zueilen. Da sind Schreie, Schluchzen und «Gift!»-Rufe. Und da ist das offene Fenster. Tabitha reckt und streckt sich, so hoch sie kann, will unbedingt hineinsehen.
    Da ist eine in Schatten gehüllte Gestalt. Gerade außerhalb ihrer Sichtweite.
    Wenn sie nur sehen könnte, wer es ist, würde alles anders werden. Dann würde alles …
     
    Sie ist wach.
    Es ist dunkel hier, wo immer dieses ‹hier› auch sein mag. Das einzige Licht stammt von einer Kerze, irgendwo hinter dem kleinen vergitterten Fenster in der Tür. Ob es draußen Tag oder Nacht ist, lässt sich nicht sagen. Sie liegt regungslos auf dem kalten, harten Boden, und die Minuten schleppen sich dahin.
    Schließlich setzt sie sich auf. Ihr Kopf fühlt sich an, als würde der gesamte Karnevalszug durch ihn hindurchmarschieren. Vorsichtig versucht sie sich zu erinnern. Rennen, umdrehen, und – ja – da war die Hexe, die sich wie ein Albtraum mit pulsierenden schwarzen Augen auf sie stürzte. Ihre Hände packten sie wie Klauen und dann … nichts mehr.
    Sie hatte wieder von ihren Eltern geträumt. Merkwürdig. Es ist Jahre her, seit sie diesen Traum das letzte Mal gehabt hatte.
    Tabitha steht auf und stützt sich dabei an der rauen Steinmauer ab. Der Raum ist winzig – groß genug, um darin zu liegen, aber stehen kann sie nur gebückt. Sie späht durch das Fenster und sieht nichts als einen schmalen Gang und einen Hocker mit einer Kerze darauf, es ist niemand da. Sie überprüft ihren Gürtel und die Jackentaschen. Der Löffel ist fort. Genau wie ihre Messer.
    Das gefällt ihr ganz und gar nicht.
    «Hallo?», ruft sie, hämmert gegen die Tür und versucht sie zu öffnen, aber sie ist natürlich verriegelt. Wütend, verwirrt und verängstigt setzt sie sich wieder hin. Sie ist erschöpft.
    Fragen sammeln sich in ihrem Kopf und ringen um ihre Aufmerksamkeit. Wo ist sie? Wo ist die Dämonenwache? Sind sie in Sicherheit? Was ist aus Joseph geworden, dem Jungen aus der Schnapsbude? Dann verzieht sie das Gesicht. Was schert sie sich darum? Schließlich hat er ihr den Ärger mit Newton eingebrockt. Sie weiß, dass es unfair ist, aber ein bisschen Selbstmitleid hat sie verdient, findet sie.
    Es gibt nur eines, das sich mit Sicherheit sagen lässt. Sie ist nicht tot. Die Hexe hat sie nicht umgebracht. Seltsam. Wahrscheinlich hat das irgendetwas zu bedeuten. Aber sie ist sich noch nicht sicher, was.
    Sie legt den Kopf an die Wand und schließt die Augen.
     
    Als das Mädchen gleichmäßig schnarcht, tritt die alte Frau aus dem Schatten in einer Ecke des Raums. Sie bückt sich und streicht ihr eine blaue Haarsträhne aus dem Gesicht. Ja. Sie hat sie nicht erkannt, im Laderaum des Schiffs. Aber jetzt, aus der Nähe, ist die Ähnlichkeit verblüffend. Dieses stolze, eigensinnige Gesicht. Während ihr die Erinnerungen durch den Kopf wirbeln, lächelt die alte Frau vor sich hin.

VIERTER TEIL Das Festival des Meeres

29. Kapitel
    G rubb schoss blitzschnell hinter einer Zierhecke hervor, rannte geduckt hinter den Sockel einer Statue. Als er sich umsah, erblickte er die unterste Fensterreihe von Wyrmwood Manor, die nicht mehr als fünfzehn Meter entfernt war. Ein letzter Sprint über den Rasen, und sie waren am Ziel.
    Er wog seine Pistole in der Hand.
Spann sie erst, wenn du im Haus bist
, hatte Frank ihm eingeschärft.
Wenn

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