Die Dämonenwache. Kampf um Port Fayt (German Edition)

nicht mal einer Stunde eingeholt.»
    Arabella sah Tabitha mit kaltem Blick an.
    «Sicher deine Freunde. Aber sie kommen zu spät. Lassen Sie die Kanonen klarmachen, Käpt’n.»
    «Äh, sehr wohl, Mylady. Aber vielleicht … ich meine … sollten wir nicht abwarten und sehen, was sie wollen, bevor –»
    Arabellas Gesicht verzerrte sich vor Wut.
    «Sag mir nicht, was ich tun soll, Elf!», fauchte sie. «Kümmern Sie sich um dieses Geschmeiß. Ich habe Wichtigeres zu tun.»
    «Ihr wisst doch wohl, was sie vorhat, oder?», schrie Tabitha mit einem Mal. «Sie will einen
Dämon
aus dem Meer heraufbeschwören! Wollt ihr einfach herumstehen und sie gewähren lassen?»
    Arabella sagte nichts. Einige Seeleute sahen sich an. Derringer blickte fragend zur Hexe.
    «Seht euch doch nur ihr Kleid an, um Thalins willen!», schrie Tabitha. «Seid ihr denn blind? Sie ist eine Agentin der Liga des Lichts! Sie wird uns alle umbringen.»
    Cyrus Derringer war leichenblass geworden. Er schluckte schwer.
    «Meine Befehle», sagte er schließlich, «kommen vom Gouverneur. Ich habe Lady Wyrmwood um jeden Preis zu beschützen.»
    Tabitha hätte heulen können vor Wut und Enttäuschung.
    «Und du, Mädchen», sagte Arabella mit hasserfüllter Stimme, «du kommst mit mir.»
    Sie packte Tabitha am Ohr und zog sie zum Beiboot.
     
    «Das sind sie!», schrie Paddy und stieß triumphierend die Faust in die Luft. «Sie segelt unter der Flagge der Gargoyle-Gesellschaft.»
    Er hatte recht. Die Fregatte der Hexe ragte vor ihnen auf, und an ihrem Großmast wehten Gold- und Purpurfarben. Der
Stachelhai
holte schnell auf.
    «Hab ich euch nicht gesagt, dass ich euch hinbringe?», sagte Clagg grinsend. «Das hier ist das schnellste Schiff auf dem Elfenbeinmeer.»
    «Ach wirklich?», höhnte Paddy. Es war nicht das erste Mal, dass Clagg diese Tatsache erwähnte.
    Frank schlug dem Schmuggler auf den Rücken und warf ihn fast von den Füßen.
    «Gut gemacht, Käpt’n Kugelfisch. Da haben Sie einmal im Leben etwas Nützliches getan.»
    «Wir müssen sie davon abhalten, den Rachen heraufzubeschwören», sagte Newton. «Clagg, sagen Sie Ihren Männern, sie sollen sich zum Kampf bereitmachen.»
    Das Grinsen auf Claggs Gesicht gefror.
    «Halt, halt, mein Freund. Alles, was recht ist. Von einem Kampf war nie die Rede. Wie wär’s, wenn wir Sie hier absetzen und dann umkehren?»
    «Jetzt stellen Sie sich nicht so an», sagte Paddy fröhlich.
    «Sie großer Fürchti-Fisch», fügte Frank hinzu.
    «Schon gut, schon gut. Aber ich kämpfe nicht umsonst. Was kriege ich dafür?»
    «Selbstachtung», erwiderte Newton.
    «Die Chance, sich zu bewähren», sagte Hal. «Und zu beweisen, dass Sie mehr sind als ein geldgieriger Gauner.»
    «Hmm. Das ist natürlich sehr verlockend. Aber wie wär’s mit alldem, und wir verlängern unsere Abmachung um einen weiteren Monat, in dem ich tun und lassen kann, was ich will. Und ich kriege alles, was sich auf dem Schiff da an Beute findet. Abgemacht?»
    Die Trollzwillinge stöhnten im Chor.
    «Abgemacht», sagte Newton.
     
    «Das ist weit genug.»
    Tabitha ließ die Ruder los und beugte sich mit schmerzenden Muskeln nach vorn. Das Gewicht des schweren Apparats, den die Hexe mit sich führte, hatte die kurze Strecke zu wahrer Schwerstarbeit gemacht. Das Beiboot schaukelte in einiger Entfernung vom Schiff sanft auf den Wellen. Es war merkwürdig still. Das Meer war ruhig und der Himmel leer. Irgendetwas war unheimlich an dieser Stelle, wurde Tabitha klar. Es fühlte sich … nicht richtig an.
    «Jetzt kannst du mir keinen Ärger mehr machen», sagte die Hexe.
    Ehe Tabitha etwas erwidern konnte, spürte sie, wie ihre Hände nach hinten fuhren, als würde jemand daran ziehen. Mit einem Klatschen legten sie sich hinter ihrem Rücken aneinander. Sie versuchte aufzustehen, doch ihre Füße schlugen auf die gleiche Weise zusammen. Sie wollte den Mund aufmachen, um zu protestieren, doch es war, als wären ihre Lippen zusammengeklebt. Sie war wütend, aber machtlos. Sie konnte nur dasitzen und zuschauen.
    Arabella öffnete die Holzkiste und holte mehrere kleine Flaschen mit Pulver und farbigen Flüssigkeiten heraus, einen Mörser samt hölzernem Stößel und ein großes Buch. Sie schlug es auf und begann merkwürdige Worte vorzulesen, die Tabitha unbekannt waren.
    Zuerst hatte es den Anschein, als geschehe gar nichts. Dann – bildete sie sich das nur ein? – wirkte der Himmel plötzlich dunkler als zuvor. Und Wind kam auf.
     
    Es waren nicht