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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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Gästen verursachte ein leichtes Hochziehen der Augenbrauen. Leise tauchte ein Herr im dunkelblauen Anzug aus dem Hintergrund auf und zog das Gespräch an sich. Er stellte sich als Geschäftsführer Josse vor. Lupus hatte sich wie ein Mann von Welt, der seinem Bediensteten die Präliminarien überläßt, in einen Sessel zurückgezogen und blätterte in der Hochglanzbroschüre des Hauses.
    Kommissar Freiberg wies sich aus und nannte mit vorsichtig gewählten Worten den Grund seines Anliegens.
    »Sie brauchen nicht so diskret zu sein«, sagte der Mann im dunklen Blau. »Ich habe heute morgen die Zeitungen überflogen; aber daß die Kriminalpolizei dieses Haus mit dem Fall in Verbindung bringt, ist schon eigenartig. Am besten unterhalten wir uns in meinem Büro nebenan.«
    Da sah es genauso aus, wie es in allen Büros aussieht, in denen gearbeitet wird. Als der Geschäftsführer erstaunt aufsah, weil der Herr aus dem Sessel sich ihnen ungebeten anschloß, erklärte Freiberg: »Mein Kollege Müller. Wir führen gemeinsam die Ermittlungen. Es geht um die beiden Damen Silke Marino und Beate Randolf – vor allem um Herrn Detlef Wagner. Sie alle sind aus Potsdam mit dem Bonn-Zirkel angereist und haben hier im Hause von Freitag bis Sonntag übernachtet. Die drei Genannten sind nicht nach Potsdam zurückgefahren. Könnten Sie bitte klären, ob sie im Hotel geblieben sind?«
    »Aber selbstverständlich.«
    Der Geschäftsführer erhielt über die Gegensprechanlage von der Rezeption die Auskunft, daß Silke Marino sich am Sonntag früh telefonisch von außerhalb abgemeldet habe und danach auch nicht mehr im Haus gewesen sei. Aber da durch den Sponsor pauschal gebucht worden sei, habe man sich darum nicht weiter gekümmert.
    Frau Randolf sei heute vor gut einer Stunde abgereist. Sie habe die zusätzliche Übernachtung mit Frühstücksbüfett selbst bezahlt. Und Herr Wagner sei noch im Hause, wolle aber morgen, also am Mittwoch, abreisen.
    »Genügen Ihnen die Auskünfte unserer Rezeption?« fragte der Geschäftsführer.
    Freiberg lächelte freundlich. »Leider nicht. Was heißt ›noch im Hause‹?«
    »Nun, Herr Wagner hat nicht abgerechnet, und da sein Schlüssel nicht hier hängt, ist er wohl auf seinem Zimmer.«
    »Könnten Sie das bitte feststellen?«
    »Manche Gäste tragen ihren Schlüssel bei sich, wenn sie für kurze Zeit bummeln gehen«, meldete sich Lupus.
    »Das ist richtig, passiert aber in der Regel nicht; erstens ist es nicht erwünscht, und zweitens ist ein Schlüssel mit Nummernplakette nicht allzu bequem in der Tasche zu tragen«, erläuterte der Geschäftsführer. »Es gibt aber die seltsamsten Sachen. Manche Gästen merken erst auf dem Flugplatz oder dem Bahnhof, daß sie den Schlüssel noch haben. Dann werfen sie ihn kurzerhand in den nächsten Briefkasten. Die Hoteladresse steht ja auf dem Anhänger. Diese seltsame Postsendung kommt meistens sogar an, und das zusätzliche Porto nehmen wir gern in Kauf; Hauptsache, der Schlüssel ist wieder da. Aber Moment, ich erkundige mich.«
    Wieder ein Ruf zur Rezeption; von dort wurde ihm die Zimmernummer von Wagner, die zugleich auch hausinterne Telefonnummer war, durchgegeben.
    Geschäftsführer Josse wählte die 416 und wartete. Seine Besucher verfolgten den regelmäßigen Rhythmus der Rufzeichen. Nach dem zehnten oder zwölften Klingeln legte Josse den Hörer zurück. »Der Herr meldet sich nicht.«
    »Dann wird es Ihnen recht sein, wenn wir einen Blick in das Zimmer werfen«, sagte Freiberg bestimmt. »Natürlich sind Sie dabei – wir haben ja keinen Schlüssel.«
    »Sie denken doch nicht, daß unser Gast mit der Sache am Bismarckturm zu tun hat?«
    »So schnell schießen die Preußen nicht«, blockte Lupus weitere Fragen ab.
    Kurze Zeit später hielt der Aufzug in der vierten Etage. Die Tür von Zimmer 416 war verschlossen; doch weder innen noch außen steckte der Schlüssel.
    »Sie sollten aufsperren und mit uns einen Blick hineinwerfen«, drängte Freiberg.
    Nachdem er angeklopft hatte, öffnete der Geschäftsführer die Tür mit dem Generalschlüssel. Schon auf den ersten Blick sah das Zimmer bewohnt aus. Prospekte und ein Stadtplan lagen auf dem Schreibsekretär. Der Koffer stand offen; Unterwäsche und getragene Hemden waren unordentlich hineingeworfen worden. Das Bett war aufgeschlagen, aber nicht benutzt; der Schlafanzug lag säuberlich gefaltet auf dem Kopfkissen.
    »Sehen Sie, unser Gast ist noch nicht abgereist; wir haben kein Recht, hier in seinem

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