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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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»Lupus« Müller, Frühaufsteher und Pünktlichkeitsfanatiker, kam zu spät zur Kommissariatsbesprechung, wo Fräulein Kuhnert schon alle mit Kaffee versorgt hatte. Wütend warf er den Packen Zeitungen, den er am Godesberger Bahnhof gekauft hatte, auf den Tisch. »So ein Stau am frühen Morgen kann einem doch glatt den ganzen Tag vermiesen. Hier, schaut euch an, was Mauser aus unserem Bismarcktoten gemacht hat.« Lupus’ Miene wurde schon wieder freundlicher, als er seine Tasse in Empfang nahm. »Kuhnertchen, du weißt doch: satt braun und sehr süß.«
    »Deine Figur kann Zucker entbehren«, bekam er zu hören.
    »Aber heute nicht.« Seelenruhig schaufelte er seine drei Löffel Zucker in das Gebräu und rührte geräuschvoll um.
    Der Kommissar hatte inzwischen den General-Anzeiger aufgeschlagen und den Bericht über den Leichenfund gelesen. »Unser guter Mauser ist ein Phänomen. Aus sparsamsten Informationen macht der die wirkungsvollsten Artikel, und die Bilder sind ganz schön gemein.« Freiberg lachte. »Wenn man sich die Fotos von dem zähnefletschenden Hund ansieht, könnte man meinen, der Jogger habe aus Notwehr die Schüsse abgegeben und versehentlich den Unbekannten getroffen. Im übrigen ist unser Mauserich gar nicht zimperlich, für ihn ist die Sache klar: Mord! Auch ein Fragezeichen im Text ändert daran nichts. Leute, trinkt euren Kaffee, jetzt wird’s ernst. Singer, Sie fragen bitte bei CEBI an, ob schon Hinweise eingegangen sind.«
    Die computerunterstützte Einsatzleitstelle, Bearbeitung und Information, das elektronische Herz des Präsidiums, schlug Tag und Nacht und registrierte alles, was ihm eingegeben wurde. Lupus konnte sich nur langsam an den »elektronischen Kollegen« gewöhnen und betonte bei jeder Gelegenheit, daß dieser »Blödmann« auch nur dann etwas ausspucke, wenn er mit Erkenntnissen gefüttert werde.
    Singer benutzte ganz selbstverständlich Freibergs Apparat, um die Leitstelle anzurufen. Der »Jungkommissar«, wie Lupus ihn abschätzig titulierte, sprach mit aufdringlicher Stimme und formulierte sein Anliegen so von oben herab, als gelte es, eine Ex-cathedra-Entscheidung vorzubereiten. Ohne zu danken, legte er den Hörer zurück und verkündete dann: »Fehlanzeige!«
    »Die CEBI-Fritzen sagen einem Jungkommissar sowieso nichts«, machte Lupus seinem Ärger Luft. Er konnte Singer genausowenig ausstehen wie die Kollegen des 1. K. nur machte er aus seiner Abneigung keinen Hehl.
    »Nun fangt den Tag nicht schon wieder mit Hakeleien an!« blockte Freiberg ab. »Aber es wundert mich doch, daß keine Hinweise eingehen. Wenn Mauser getrommelt hat, hat es immer schnell Reaktionen gegeben. – Hat die KTU uns schon die Nummer der Makarow durchgegeben?«
    »Hier – eben gekommen.« Die Kommissarin im Ehrenamt reichte Freiberg den Zettel mit einer sechsstelligen Zahl, der sofort unter der Schreibtischauflage verschwand. »Den brauchen wir später.«
    »Was willst du denn mit dem Nümmerchen anfangen?« fragte Lupus erstaunt, »das ist doch Sache des BKA.«
    »Wir machen ein Ratespiel wie beim Lotto – Gewinnzahlen ziehen«, verkündete Freiberg und sah nur fragende Gesichter.
    »Bitte, Herr Erster Kriminalhauptkommissar, Chef und Kegelbruder, was für ein Spiel läuft hier eigentlich?« fragte Lupus säuerlich. »Hast du gestern nach dem Abendessen Probleme gehabt mit dem Dessert? Meinst du nicht, daß wir etwas mehr wissen sollten?«
    Freiberg nickte. »Ich habe per Zufall von meiner studentischen Hilfskraft erfahren, daß der Bonn-Zirkel aus Potsdam in unserer kleinen Stadt am Rhein zu Besuch war. Sabine hat den Bärenführer gespielt. Sie wußte natürlich nicht, ob alle nach Potsdam zurückgefahren sind. Ich habe abends noch mit Hans Noack vom Präsidium Potsdam telefoniert. Er läßt durch Hauptkommissarin Lette, Leiterin der Morduntersuchungskommission, klären, ob es Zusammenhänge mit unserem Fall geben könnte, und vor allem, ob es jemand vorgezogen hat, in Bonn zu bleiben. Ich soll ihr die Nummer der Waffe durchgeben; die haben wohl einige Serien erfaßt, und es könnte ja sein – aber das ist zuviel Spekulation.«
    Lupus nickte versöhnt und sagte mit Öl in der Stimme: »Wenn man sich vorstellt, was ihr beiden Unzertrennlichen abends für Spielchen treibt, dann ist einem um die Effizienz des 1. Kommissariats nicht bange. Meine Helga wäre mir mit dem Nudelholz gekommen, wenn ich in Zeiten der jungen Liebe das Thema Tod und Leichen angeschnitten hätte. Aber du mußt ja

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