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Die Dame aus Potsdam

Titel: Die Dame aus Potsdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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fest: »Wenn die Kriminalpolizei keine Uniform hat, dann kann sie auch nicht mit uns schimpfen, wenn wir auf der Straße was falsch machen.«
    Das war eine Feststellung, die Angelika Lette zwischen Tür und Angel nicht entkräften konnte. So sagte sie nur: »Wir sind immer Freund und Helfer.«
    Sehr überzeugt wirkte Ilse allerdings nicht.
    Da sie nun schon mal mit dem Auto unterwegs war, wollte Hauptkommissarin Lette sofort die Adresse des Mannes ansteuern, der, wie die beiden Frauen, in Bonn geblieben war. Das für seine Kirschblütenpracht berühmte Werder lag wie eine Insel zwischen Havelseen, so daß nur die Zufahrt über die Bundesstraße 1 in Betracht kam. So ging es mit Trabigeschwindigkeit quer durch Potsdam zum Ziel. Die angegebene Adresse gehörte zu einem Haus, von dem man annehmen durfte, daß die Besitzer nicht von schmalen Gehältern leben mußten. Eine richtige Datsche, jetzt in Abkehr von alten Vorbildern Bungalow genannt, versteckte sich in einem Garten, von dem ein Bootssteg in den Großen Zernsee ragte. Aber weder auf Klingeln noch auf Klopfen gab es im Haus eine Reaktion. Ein Nachbar, der gerade seinen Wagen in die Garage gefahren hatte und den Gruß der Kommissarin zurückhaltend erwiderte, erklärte kurz, daß Frau Wagner für ein paar Tage auf einem pädagogischen Fortbildungskurs sei. Nein, von dem Mann wisse er nur, daß er Geschäftsmann und viel unterwegs sei. Außerdem interessiere das hier auch niemanden; die Zeiten der Schnüffelei seien vorbei.
    Mit einem knappen »Danke« verabschiedete sich »die Starke«; ihre Stimmung hatte einen deutlichen Dämpfer erhalten. Nach einem Blick auf die Uhr beschloß sie, noch nach Neu-Babelsberg zu fahren, um die beiden Frauen aufzusuchen, deren Adressen ihr Hegewich gegeben hatte. Vielleicht waren sie schon wieder zu Hause und konnten einige Fragen klären helfen.
    Also zurück über die B 1, dann Lange Brücke zur Rosenstraße in der Nähe der DEFA-Studios. Doch auch hier drückte die Kommissarin vergebens auf den Klingelknopf. Weiter zur letzten Adresse. Kaum zehn Minuten später hatte sie die Villa Editha erreicht. Inmitten eines ausgedehnten Parks stand ein Haus, von dem man nur träumen konnte. Wer ein solches Objekt durch die Tricks der SED oder durch Zugriff des MfS eingebüßt hatte, würde natürlich alles versuchen, sein Eigentum wiederzubekommen. Bei den meisten der Prachtbauten in Babelsberg gab es Streit um die Eigentumsverhältnisse. Zu gern hätte Angelika Lette gewußt, ob die Villa Editha auch dazu gehörte. Doch auf keine ihrer Fragen gab es heute eine Antwort. Mehrfaches Klingeln blieb auch hier wirkungslos. Beate Randolf war wohl noch nicht vom Rhein zurückgekehrt.
    Das war ein Mißerfolg auf der ganzen Linie; die halbe Nacht war geschmissen. Die Kommissarin hatte die Nase voll und beschloß, sich in der Disco von Zehlendorf den Frust aus dem Leibe zu tanzen und vielleicht – na ja… Sie nahm den Schleichweg über Klein-Glienicke, das einstmals als DDR-Exklave weit nach West-Berlin hineingeragt hatte. Von dem Wachhaus der Grenztruppe an der provisorischen Brücke war kein Stein mehr übriggeblieben. Im Ort erinnerten nur ein paar Pfeiler an die abgebrochene Mauer. Zwischen den eng stehenden Häusern am Böttcherberg vollführte der Trabi Höllentänze auf dem Kopfsteinpflaster. Erst auf der Königstraße ging es zügig voran. Der Discoschuppen nahe der S-Bahn-Station Zehlendorf war ein Geheimtip. Hier gab es heiße Musik, und smarte Wessis versuchten, die Mädchen aus der Ex-DDR aufzureißen, weil sie meinten, mit mehr Geld als guten Worten oder mit ein paar Widerlichkeiten den gesamtdeutschen Verkehr beflügeln zu können. Angelika Lette hatte dann auch lange nach Mitternacht Gelegenheit, einem Supermacho zu zeigen, wie schnell ein Mann auf dem Rücken liegen kann, ohne beim zarten Geschlecht warme Gefühle hervorgerufen zu haben. Der richtig angesetzte Armhebel ließ auch die stärksten Lenden schwach werden. Danach schien es ihr allerdings geboten, sich vom Trabi nach Hause bringen zu lassen, denn viele Hunde sind auch der Häsin Tod.
    Die Starke war trotz allem mit der Nacht zufrieden und lag kurz vor Tagesanbruch allein im Bett. Sie hatte in der Geschichte um den unbekannten Toten aus Bonn zwar nichts erreicht, aber doch bewiesen, daß sie sich ihre Männer aussuchen konnte. Damit war ihr Selbstwertgefühl wieder intakt.

 
    7
     
     
     
    In Bonn herrschte das morgendliche Verkehrschaos, und Kriminalhauptmeister

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